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Hannover Messe geht einen Schritt weiter

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Vor mehr als zehn Jahren feierte der Terminus „Industrie 4.0“ seine Premiere auf der Hannover Messe. Das Thema hat sich weiterentwickelt.

Industrie 4.0 und die Hannover Messe sind eng miteinander verbunden. Vor mehr als zehn Jahren feierte der Terminus „Industrie 4.0“ seine Premiere auf der Messe. Das Thema hat sich weiterentwickelt. Die Hannover Messe 2023 geht aber einen Schritt weiter und bietet mehr als eine Plattform für Digitale Transformation. Klimaneutrale Industrie und das Trendthema Wasserstoff rücken in den Fokus.

 

Mit dem Begriff Industrie 4.0 entstand eine neue Begeisterung für die Automatisierung und damit auch für die Digitalisierung von industriellen Prozessen. Die Versprechen und Erwartungen unter den Sensorikherstellern, Automatisierern, Robotikunternehmen, Softwareherstellern und Anwendern waren groß. Aber ist schon alles erreicht? „Sicher nicht,“ ist man bei der Hannover Messe überzeugt. Die Kritik an dem Terminus „Industrie 4.0“ komme auch daher, dass er politisch sehr stark aufgeladen wurde, dass am Anfang jede Komponente „intelligent“ gemacht werden sollte, was sich oft nicht rechnete, und dass die Produktivität nicht nach oben schnellte. In den Anfangsjahren versuchte man, den Silicon-Valley-Konzernen nachzueifern. Das Fieber der Digitalisierung war ansteckend. Mittlerweile besinnt man sich auf seine eigenen Stärken und ausgerechnet die Tech-Konzerne suchten in den zurückliegenden Jahren verstärkt Kontakt zum deutschen Mittelstand und zur Industrie 4.0. Die ersten Früchte ernten Unternehmen in diesen Jahren und zeigen das auf der Hannover Messe.

 Mehrwert für die Kunden.

Die Verwaltungsschale war und ist ein Vorzeigeprojekt und liefert eine standardisierte Beschreibung von Komponenten, auf die viele Aussteller auf der Hannover Messe mit ihren Produkten jetzt aufbauen und ihren Kunden Mehrwert anbieten. Die Verwaltungsschale ist thematisch eng verknüpft mit dem digitalen Zwilling. Am ersten Messetag diskutieren Industrievertreter über den „standardisierten digitalen Zwilling für eine nachhaltige Industrie.“ Der digitale Zwilling ist auch für Lenze ein entscheidendes Element auf der Plattform Nupano. Die Idee: Maschinen- und Anlagenbauer wollen neue Erlösquellen erschließen. Der Druck auf sie wächst, denn sie müssen sich durch digitale Zusatzangebote differenzieren. Dafür fehlt es jedoch häufig an den passenden Ressourcen und dem notwendigen Know-how. Die Niedersachsen setzen dabei auf offene, bewährte IT-Architekturen und -Technologien. Der Aussteller schlägt damit die Brücke von der OT- zur IT-Welt.

Industrie 4.0 als Kultur- und Bildungsthema.

Es geht immer noch um vernetze Maschinen, Sensorik, Daten und Informationen, neue Geschäftsmodelle, aber auch um eine neue Denkweise in der Industrie: Unternehmen müssen auf Plattformen präsent sein, müssen eigene Plattformen entwickeln oder bespielen, Automatisierer müssen mit den Kunden kollaborieren, müssen auch in Open Source (ROS2 in der Robotik) denken, gemeinsam Produkte entwickeln, junge Unternehmen, neue Branchen wie die Gaming-Industrie (Gaming Engines in der Robotik) einbinden, voneinander lernen, in neuen Konstellationen zusammenarbeiten (Coopetition) und mit anderen Business-Cases Geld verdienen (Subscription). Das ist nicht immer leicht und Industrie 4.0 ist damit auch ein Kultur- und Bildungsthema.

Umfassende Trainings- und Qualifizierungsangebote für die Industrie 4.0 bietet beispielsweise Festo Didactic mit der CP-Factory, der universellen Industrie 4.0 Forschungs- und Lernplattform, an. Festo CTO Ansgar Kriwet unterstrich unlängst auf einer internen Veranstaltung, dass die Digitalisierung ein großes Bildungsthema sei. Gleichzeitig gab er einen Ausblick auf die Produkte von morgen. Vereinfacht zusammengefasst: eine „multipurpose Hardware as a software defined product packed with AI“.

Aber wie geht es weiter?

Manche sprechen schon von der Industrie 5.0. Doch den realistischen Blick auf die Fertigung von morgen hat sicher die SmartFactory aus Kaiserslautern. Mit ihrer Production Level 4 Demonstrator-Landschaft sind die Macher vielleicht auch der ManufacturingX-Initiative schon einen Schritt voraus. Viele Ideen der ManufacturingX seien in der SmartFactory-KL bereits umgesetzt, verkündeten die Rheinland-Pfälzer im Vorfeld der Messe selbstbewusst. In Hannover lernen alle voneinander. Coopetition ist eben gefragt.

Coopetition ist auch gefragt, wenn es um innovative Ideen für eine grünere Zukunft geht. Wasserstoff ist ein Thema, an dem bereits viele Unternehmen forschen und entwickeln und es könnte ein Teil der Lösung sein. So präsentiert sich die Hannover Messe in diesem Jahr auch als Plattform für Wasserstoff und Brennstoffzellen. Die Wasserstoffwirtschaft ist international und somit entstehen weltweit neue innovative Unternehmen. Insgesamt 300 Unternehmen sind Teil davon und präsentieren ihre Lösungen für die Erzeugung, den Transport, die Speicherung und den Verbrauch von Wasserstoff. Die Chancen für alle sind groß: Denn bis 2030 will die EU-Kommission in einem stufenweisen Ansatz Elektrolyseure mit einer Leistung von mindestens 40 Gigawatt installieren und 10 Millionen Tonnen grünen Wasserstoff erzeugen.

Profitieren vom Wasserstoff-Boom.

Zahlreiche europäische Mittelständler profitieren von der Wasserstoffwirtschaft und entwickeln immer neue Lösungen für die Erzeugung, die Infrastruktur, den Transport, die Speicherung und Betankung mit Wasserstoff. Auf der Hydrogen + Fuel Cells Europe im Rahmen der im Rahmen der Hannover Messe zeigen namhafte Unternehmen ihre Lösungen, darunter Bosch, Iberdrola, Schaeffler, Siemens, Linde und Emerson.

Neben Deutschland kommen die meisten Aussteller aus Europa sowie aus China, Japan, Südkorea, den USA und Kanada. Auch Norwegen ist stark vertreten, da das Land ein wichtiger Partner für die deutschen und europäischen Ambitionen ist. Equinor und die deutsche RWE unterzeichneten unlängst eine Vereinbarung über die Umstellung von Gaskraftwerken auf Wasserstoff, die Produktion von Wasserstoff in Norwegen, den Export via Pipeline nach Deutschland und die gemeinsame Entwicklung von Offshore-Windparks. Statkraft und die deutsche HH2E präsentierten ihre Vereinbarungen mit der norwegischen Nel über den Kauf von Elektrolyseuren für Wasserstofffabriken in mehreren europäischen Ländern. Das Unternehmen Nel ist eines von 14 norwegischen Unternehmen auf der Messe. Die Ingenieure zeigen unter anderem die neueste Generation ihrer Elektrolyseure. Schon heute erzeugt und verbraucht Europa an die 80 Mio. Tonnen Wasserstoff jährlich. Die Tendenz ist steigend. Die Herausforderung besteht vor allem darin, den bereits genutzten Wasserstoff und die Zusatzverbräuche in Zukunft grün zu gestalten. Bis 2030 will die EU-Kommission den grauen Wasserstoff durch grünen ersetzen. Warum? Grauer Wasserstoff basiert auf fossilen Energiequellen. Die Ambitionen sind hoch. Es braucht noch viele Elektrolyseure, um das Ziel zu erreichen, und es sind nur noch sieben Jahre.

Aus Belgien kommt laut Fraunhofer die effizienteste Technologie zur Herstellung von Wasserstoff: Weltweit werden Zirfon-Separatoren für Alkalische Elektrolyse (AEL) von Herstellern von Elektrolyseuren und Eigentümern von Wasserstoffproduktionsprojekten wegen ihrer Langlebigkeit und anhaltend hohen Produktivität genutzt, erklären die Entwickler.

Doch nicht nur Europa setzt auf Wasserstoff. Auch in China investieren viele Unternehmen. Refire beispielsweise betreibt nach eigenen Aussagen bereits über 4.000 Brennstoffzellen-Lkws. Am ersten Messetag diskutiert Audrey Ma, Vice President bei Refire, mit Vertreterinnen und Vertretern der europäischen Industrie, unter anderem mit Jens Fleckenstein von Daimler Truck oder mit Yves Dumoulin von Forvia Group über „Heavy Duty Trucks – is Hydrogen the future?“

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