Im Gespräch IoT4 Industry & Business

Peter Lenz: Einen Schritt voraus

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„Ich finde, dass wir in Österreich, weil kleiner und überschaubarer, ein Stück weiter als Deutschland sind.“ Peter Lenz, Managing Director T-Systems Austria

Kann sich ein Telekom-Anbieter in die Politik einmischen? Warum profitiert Österreich von seiner Größe? Was hat die T-Systems mit Healthcare zu tun? Antworten auf diese Fragen hat uns Peter Lenz, Managing Director T-Systems Austria, Ende September im Rahmen der Digital X in Köln gegeben.

IoT4industry&business: Tim Höttges (Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom AG) hat in seiner Keynote auf der Digital X in Köln darauf hingewiesen, dass Deutschland in Sachen Digitalisierung nicht so weit ist, wie er und andere sich das wünschen würden. Wo liegt Österreich in Sachen Digitalisierung?
Peter Lenz: Ich finde, dass wir in Österreich, weil kleiner und überschaubarer, ein Stück weiter als Deutschland sind. Nehmen Sie etwa die digitale Unterschrift oder die digitale Bürgerkarte. Wir haben es geschafft die Österreichischen Bundesbahnen dabei zu unterstützen, eine einheitliche Integration aller Verkehrsverbünde in einem App-Ticket zu schaffen. Aber natürlich gibt es in Europa sehr digitalisierte Staaten wie Finnland oder Schweden. In diesen Ländern wird schon sehr früh wert auf digitale Bildung gelegt. Und je mehr digital affine Menschen man im Land hat, desto mehr Digital-Initiativen kann man umsetzen.

IoT: Hier in Köln begegnet man vielen Menschen, die in der Welt der Digitalisierung zu Hause sind. Wie kann Digitalisierung für den Rest der Bevölkerung greifbar gemacht werden?
Peter Lenz: Die Digital X ist kein abgeschotteter Tech-Event für die IT-Industrie. Es gibt über 250 verschiedene Stände von Herstellern, von Produkten und guten Ideen in der ganzen Stadt verteilt. Damit setzt man ein starkes Signal an die Interessierten und die Bevölkerung. Aber das Schlagwort heißt Usability. Wir erleben es tagtäglich beim Verwenden von Google Maps, der Banking- oder ÖBB-Ticket-App. Warum verwenden wir die so gerne? Weil die Hemmschwelle durch die extrem einfache Bedienung sehr gering ist. Dabei müssen wir aber auch Rücksicht auf die Teile der Bevölkerung nehmen, die gar nicht digital affin sind, um sie nicht zu verlieren.

IoT: Neben Wachstum geht es auch um Nachhaltigkeit. Steht diese der Wirtschaftlichkeit im Weg oder wie lässt sich beides gut verbinden?
Peter Lenz: Meines Erachtens schließt das eine das andere nicht aus. Im Gegenteil: Es beflügelt sich gegenseitig. Nachhaltigkeit wird sukzessive in Ausschreibungen eingebaut. Derjenige, der nachhaltiger wirtschaftet, der nachweisen kann, dass fair produziert wurde, der wird Zusatzpunkte in den Ausschreibungen bekommen. Wenn dann auch noch die Endkunden beginnen, diese Fragen in ihre Entscheidungskriterien mit einfließen zu lassen, wird sich nachhaltige Wirtschaft auch ganz breit in der Gesellschaft durchsetzen. Auch beim Recruiting ist Nachhaltigkeit zu einem Argument geworden. Speziell die junge Generation fragt ganz intensiv: Was macht ihr für den Umweltschutz? Was macht ihr für die Nachhaltigkeit? Was löse ich mit meinem Tun in eurem Unternehmen aus? Und wenn man hier keine Antworten oder Initiativen parat hat, dann darf man sich nicht wundern, wenn man nicht die richtigen Leute bekommt.

IoT: Die T-Systems entwickelt einen Ersatz für die SAP-Patientenmanagementlösung Industry Solution Healthcare kurz IS-H. Wie kam es dazu?
Peter Lenz: SAP hat im letzten Jahr angekündigt, diese Lösung nicht mehr weiter zu entwickeln, was die österreichischen Spitäler vor eine große Herausforderung stellt. Denn 93 Prozent von ihnen haben die IS-H im Einsatz. Als T-Systems Österreich konnten wir gemeinsam mit SAP ein Vorgehen für Österreich, die Schweiz und potenziell auch den deutschen Markt entwickeln. Wir haben das IS-H auf unsere S4-Plattform gelegt und damit einer großen Zahl an Kunden eine weitere Verwendungsmöglichkeit ihrer System-Landschaft, auf einer modernen neuen Plattform, gegeben.
Generell sehe ich viel Bewegung im österreichischen Gesundheitsmarkt was Digitalisierung angeht. Stichwort Künstliche Intelligenz etwa in der Diagnostik. Dazu braucht es einen entsprechenden Datenpool, um mit Hilfe der KI etwa Früherkennung von Hautkrebs zu ermöglichen. Dabei kommt etwas im Gesundheitsbereich extrem Wichtiges zum Tragen: Wo liegen die Patientendaten und wer hat Zugriff darauf? Und hier kommen Lösungen wie eine souveräne Cloud ins Spiel.

IoT: Apropos Cloud: So gelassen wir im Privaten die Cloud verwenden, so groß sind die Hemmungen in einigen Unternehmen. Wie kann man ihnen die Sorgen nehmen?
Peter Lenz: Ja, es gibt nach wie vor sehr konservativ denkende Unternehmen, bei denen eine Cloud gar nicht in Frage kommt. Es gibt aber auch sehr viele – und in größerem Maße immer mehr –, denen es sogar lieber ist, die Daten bei einem großen Cloud-Anbieter zu haben. Denn ein Rechenzentrum selbst zu betreiben, ist meist nicht die eigene Kernkompetenz. Und dann kommt noch der Sicherheitsaspekt dazu. Im eigenen Unternehmen schafft man es gar nicht alle diese Domänen gut abzudecken, geschweige denn, dass man Leute findet, die das können. Mittlerweile wird es zum common sense, dass die Systeme gut abgesichert sind. Und wenn dann noch die souveräne Cloud dazukommt, sprich wenn man etwa eine Standard-Cloud mit einem Schutzschild der T-Systems verwendet, dass das volle europäische Datenrecht inkl. Zugriff durch T-Systems-Mitarbeitern garantiert, dann ist das für alle jene, die noch Fragen zur Sicherheit haben, eine gute Antwort.

IoT: Die Deutsche Telekom will auch eine gesellschaftliche Relevanz spielen. Wie weit ist das möglich?
Peter Lenz: Ich war selber erstaunt, wie Tim Höttges in seiner Keynote zum Teil sehr politisch unterwegs war. Wenn man sieht, welche Macht vor allem amerikanische IT-Unternehmen haben, wie sie Meinungen beeinflussen können – dann finde ich es gut, wenn es in Europa mit den großen Telkos einen gesunden europäischen Gegenpol in diesem Bereich gibt. Von daher war ich positiv überrascht, wie deutlich hier Richtung Politik gesprochen wurde, was man sich in Europa wünscht und wohin die Reise gehen sollte. Hierzulande haben wir mit der Internet Offensive Österreich, in der sehr viele große Unternehmen organisiert sind, eine gute Möglichkeit positiv mit der Politik in den Dialog zu treten.

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