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Christoph Gattinger: Die Intelligenz der Dinge

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„IoT beinhaltetet im Namen Internet und wir machen Daten fürs Internet fähig, aber nutzen nicht das Internet, um die Daten zu transportieren. Da geht es vielmehr um die Intelligenz der Dinge, als um das Internet der Dinge.“ Christoph Gattinger Vertrieb & technische Beratung bei BellEquip

Christoph Gattinger ist bei BellEquip der Spezialist für LoRaWAN. Im Interview spricht er über die sinnvollen Anwendungen und Einsatzgebiete der Technologie, warum sie kein Schlupfloch für Hacker ist und warum LoRaWAN trotzdem zum IoT gezählt wird, auch wenn es gar nicht immer das Internet nutzt.

 

IoT4industry&business: BellEquip nur als Technischen Händler zu bezeichnen, wäre zu kurz gegriffen.
Christoph Gattinger: Das stimmt. Wir bieten Lösungen an. Zusätzlich setzen wir verstärkt auf Schulung für unsere Kunden ­– vor allem für die Systemintegratoren. Die Seminare werden individuell auf den Kunden zugeschnitten. Dabei geht es um unser komplettes Portfolio. Wir haben in jedem Bereich Fachleute: für Umgebungs-Monitoring, im Router- und Antennen-Bereich, in der industriellen Netzwerktechnik, für KVM sowie intelligente Energieverteilung und USV. Wir definieren uns nicht nur über den Handel mit der Hardware, sondern ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor ist unser technisch ausgebildeter Vertrieb, der den Kunden dort auffangen kann, wo er seine Anforderungen hat. Denn der Kunde fragt meistens nicht ein Produkt an, sondern kommt mit einem Problem zu uns.

IoT: Sie sind Experte für LoRaWAN. Was bedeutet das?
Christoph Gattinger: Das ist eine batteriebetriebene Technologie, die es uns erlaubt kilometerweit via Funk zu kommunizieren und Daten in bestimmten Intervallen – also nicht in Echtzeit – zu senden. Es wird alle fünf oder zehn Minuten oder stündlich ein Wert über diese Funktechnik übertragen. Die Besonderheit ist, dass die Lebensdauer der Batterie mehrere Jahre beträgt. Dadurch ist die Technologie für Standorte geeignet, bei denen es keine Stromversorgung, keine Daten- oder Netzwerkverbindung oder keinen GSM-Empfang gibt. Aber auch für Orte, wo die genannten Technologien unpraktisch sind, weil sie zu stromhungrig sind oder der Standort schwer zugänglich ist. Ein LoRaWAN-Netz kann man auch ohne Internet und Cloud aufbauen. IoT ist zwar der falsche Begriff dafür, es gibt aber keinen anderen. IoT beinhaltetet im Namen Internet und wir machen Daten fürs Internet fähig, aber nutzen nicht das Internet, um die Daten zu transportieren. Da geht es vielmehr um die Intelligenz der Dinge, als um das Internet der Dinge.

IoT: Wie sehen die klassischen Anwendungen aus?
Christoph Gattinger: Das sind neben der Messung von Zählerständen, Temperaturen, Luftfeuchte, ganze Wetterstationen und auch die Erfassung von Niveauständen (z.B. Regenüberlaufbecken, Flussniveau, Silos, …). Ein großes Thema ist auch die Füllstandsmessung von Müllcontainern in Betrieben, um die Mitarbeiter, die sich um die Entleerung kümmern, besser einzuteilen. Und da sind wir beim Wesentlichen: Wenn ich keine Daten aufzeichne, weiß ich nicht, ob bestimmte Maßnahmen etwas bringen. Denn ich muss immer über eine gewisse Zeit hinweg den Ist-Stand definieren, dann eine Änderung machen und schauen, was passiert. Daher zahlt es sich für jede Firma oder Gemeinde aus, zu schauen, ob sie LoRaWAN einsetzen kann. Einerseits um mit den Ressourcen verantwortungsbewusst und sparsam umzugehen und andererseits um die Maßnahmen und Änderungen messbar zu machen.

IoT: Egal welche Bedingungen man misst, es geht sehr schnell um sensible Unternehmensdaten. Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?
Christoph Gattinger: Datenschutz ist ein Thema mit dem man auch beim Einsatz von LoRaWAN konfrontiert ist. Zur Erklärung: LoRaWAN besteht aus drei Komponenten. Das sind der Sensor, der Netzwerkserver und die Applikation, wo ich alles darstelle. Vom Sensor bis zum Netzwerkserver ist alles 128 Bit verschlüsselt – über ein 32stelligen Code, der in Hex zur Verfügung steht. Und zur Applikation ist nochmal alles 128 Bit verschlüsselt. Man hat gesehen, dass es Sinn macht die Daten gleich beim Netzwerkserver zu entschlüsseln und dann über sichere Protokolle im Internet zu übertragen. Aber selbst hier habe ich z.B. den Wasserverbrauch nicht direkt dastehen, sondern nur die sog. Payload, die nochmal über ein Script entschlüsselt wird. Da habe ich dann wieder einen Nummerncode, den ich erst über ein Programm zuweise: Das ist der Zählerstand vom Wasser, das ist die Temperatur, das ist die Luftfeuchtigkeit. Im Idealfall werden die Daten erst in der Applikation zu messbaren und verwertbaren Daten.

IoT: Wie schaut es generell mit der Sicherheit aus? Kann LoRaWAN für Hacker ein Schlupfloch ins Unternehmen sein?
Christoph Gattinger: Nein das kann es nicht sein. Denn über LoRaWAN gibt es nur zyklische und keine Echtzeit-Kommunikation. Und so komme ich nur zu einem Netzwerkserver, der möglicherweise in der Cloud liegt, aber nicht direkt auf die Netzwerk-Schnittstelle zugreifen kann. Ich kann nicht über einen LoRaWAN-Code das Gateway oder die Empfangsstelle so manipulieren, dass ich Zugriff auf ein internes Netz bekomme. Die Geräte verbinden sich auch nur mit ‚ihrem’ Netzwerkserver und nehmen nur Antworten von diesem an. Wenn ein anderer Netzwerkserver diese Daten bekommt, verwirft er sie in der Regel. Und selbst wenn ich Daten empfange, dann habe ich nur irgendeine kryptische Zeichenfolge, die ich nicht zuweisen kann. Denn dafür brauche ich den 32stelligen Key. Dann müsste ich wissen, um welches Gerät es sich handelt und was gemessen wird, um die Daten wirklich zu verwerten. Also wenn ich schon so weit reinkomme, dann kann ich den Zähler gleich ablesen. Aber ob sich der Aufwand lohnt, ist eine andere Frage.

IoT: Wo sehen Sie die Herausforderungen bei der drahtlosen Übertragung? Ist es die Batterielaufzeit, der Standort, die Reichweite?
Christoph Gattinger: Es ist eine Kombination aus allem. Erstens muss man herausfinden, wo die optimalen Gateway-Standorte sind bzw. wo man sie aufstellen darf. Ich kann ja einem Eigentümer nicht einfach ein Gateway oder eine Antenne aufs Dach setzen. Die nächste Herausforderung ist die Sensorwahl. Es gibt da auch qualitative Unterschiede. Und wenn ich dann die Daten habe, ist das nur der Beginn. Dann muss ich mir überlegen, wo ich sie darstelle, wie ich sie auswerte, welche Alarme ich generiere. Die ganze LoRaWAN-Kette ist eine Herausforderung und jeder Punkt für sich eine eigene Geschichte. Wobei wir bei BellEquip unsere Kunden bestmöglich unterstützen, diese Herausforderungen zu meistern!

IoT: Ist LoRaWAN technologisch schon am Ende seiner Möglichkeiten oder wird es eine Version 2.0 geben?
Christoph Gattinger: Es wird ständig weiter geforscht. Aktuell gibt es mioty vom Fraunhofer Institut als parallele Entwicklung. Das ist eine ganz eigene Art, wie die Daten transportiert werden. mioty teilt die gesendeten Daten in mehrere Pakete und schickt sie auf unterschiedlichen Kanälen. Wenn von den vielen Paketen ein oder zwei nicht am Gateway ankommen, können die fehlenden Pakete nachgefordert werden. Bei einer normalen Übertragung weiß das Gateway nicht, dass überhaupt Daten kommen sollen. Spannender in der Weiterentwicklung sind aber die Usecases. Ich bin selbst verwundert, was laufend an Sensorik auf den Markt kommt. Es gibt Vibrationssensoren, die Fliehkräfte von 16 G entgegennehmen können. Sogar welche, die mehrere 100 G aushalten, um Kollisionen feststellen zu können. Es gibt Anwendungsfälle ohne Ende für diese Technologie. Es ist und bleibt ein spannendes Thema und der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

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