Interview MM Maschinenmarkt

Marcus Schellerer: Wir hatten noch nie so viele unterschiedliche Herausforderungen

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Wenig Rohstoffe, Fachkräftemangel, aus denn Fugen geratene Rohstoffpreise: wie Marcus Schellerer damit umgeht, erzählt er im Interview.

Engpässe bei den Rohstoffen, Fachkräftemangel, aus denn Fugen geratene Rohstoffpreise und der Krieg in der Ukraine – noch nie war die Branche mit so vielen unterschiedlichen Herausforderungen wie jetzt konfrontiert, sagt Marcus Schellerer, Geschäftsführer von Rittal Österreich. Wie er und Rittal damit umgehen, erzählt er im Interview.

 

Wo sehen Sie die aktuellen Herausforderungen für Ihre Branche?
Marcus Schellerer: Die Branche war, zumindest in meiner Wahrnehmung, noch nie mit so vielen und unterschiedlichsten Herausforderungen konfrontiert, wie aktuell. Da sind einmal die Lieferketten. Hier müssen zum einen alternative Anbieter gefunden werden und zum anderen das Engineering der Produkte und Lösungen überdacht werden, weil andere Rohstoffe zum Einsatz kommen. D.h. es müssen die bestehenden Produkte überarbeitet, geprüft und zertifiziert werden. Das kosten viel Geld, Zeit und Ressourcen. Dies fehlt dann bei Neuentwicklungen.
Ein weiteres Thema betrifft den Arbeitsmarkt. Aktuell fehlt es vor allem im technischen Bereich an qualifizierten Fachkräften. Die Unternehmen sind gefordert ihre Mitarbeiter für die neuen Aufgaben zu qualifizieren und dann zu halten.
Die völlig aus den Fugen geratenen Rohstoffpreise erfordern kluges Handeln, um zum einen die Verfügbarkeit sicher zu stellen und zum anderen zum richtigen Zeitpunkt einzukaufen, damit nicht zu viel bezahlt wird. Daraus resultiert wieder eine Lohn-/Preisspirale.

Was beschäftigt Sie und Rittal dieser Tage am meisten?
Marcus Schellerer: Allen voran das unermessliche Leid der Menschen in der Ukraine. Welche Wahnsinnstat wird Putin als nächstes setzten oder lenkt er ein? Die wirtschaftlichen und humanitären Folgen dieses Angriffskrieges, der daraus resultierenden und völlig richtigen Embargos werden uns in Europa noch viele Jahre begleiten. Welche politischen und gesellschaftlichen Schritte/Maßnahmen müssen sofort gesetzt werden um ähnliches zu verhindern. Der soziale Frieden muss in allen Ländern dieser Welt das oberste Ziel sein.

Nachhaltigkeit ist nicht nur in aller Munde, sondern eine Notwendigkeit. Wie sieht der Beitrag von Rittal aus?
Marcus Schellerer: Das hat für Rittal zwei Dimensionen. Zum einen betrifft es unsere Produkte. Seit vielen Jahren forschen und entwickeln wir energieeffiziente Klimatisierungslösungen für die Industrie und IT. Das diese etwas mehr kosten als die herkömmlichen Lösungen liegt auf der Hand. Leider ist das Verständnis, diesen Lösungen den Vorzug zu geben, bei vielen Anwendern noch nicht angekommen. In unserer Unternehmensgruppe betreiben wir in einem norwegischen Fjord das energieeffizienteste Rechenzentrum.
Mit ePocket, der elektronischen Schaltplantasche haben wir eine Softwarelösung entwickelt, die zukünftig Tonnen von Papier sparen wird – und darüber hinaus sind die Schaltpläne top aktuell.
Zum anderen im eigenen Betrieb. Wir werden die alte Gasheizung durch eine moderne PV-Anlage kombiniert mit einer Wärmepumpe ersetzen. Es kommen nur Spediteure zum Einsatz die über einen Fuhrpark nach den modernsten Euro-Normen verfügen. Müllvermeidung und -trennung  haben wir verinnerlicht.

Welchen Stellenwert hat Digitalisierung gewonnen?
Marcus Schellerer: Das ist ein breites Feld. Gerade in Pandemie hat es sich gezeigt, wer bereits über einen hohen Digitalisierungsgrad verfügt hat, hatte die Nase vorne. Gemeinsam mit unserem Schwesterunternehmen Eplan bieten wir unseren Kunden u.a. mit dem Dataportal eine digitale Produktdatenbank an. Die Softwarelösungen wie P8 oder ProPanel ermöglichen einen unterbrechungsfreien Datentransfer vom „Zeichenbrett“ direkt auf die Bearbeitungsmaschine.So helfen wir unseren Kunden ihre Produktivität zu steigern. Das ist gerade in einem Hochlohnland und bei der aktuellen Personalverfügbarkeit ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

Die Menschen suchen nach neuen Arbeitsmodellen. Wie sehen Sie die Entwicklung der Work-Life-Balance?
Marcus Schellerer: Das ist das Unwort unserer Zeit! Ja, die Menschen suchen nach anderen Arbeitsmodellen, die durchaus sinnvoll sein können. Wie immer, die Modelle müssen für beide Seiten passen. Rittal bietet auch solche Modelle, wie ortsunabhängiges Arbeiten, kombiniert mit einer gleitenden Arbeitszeit an. Aufpassen muss man nur, dass die Menschen nicht sozial verarmen. Ein regelmäßiges, persönliches Gespräch muss es weiterhin geben.

Was macht Ihnen Spaß an Ihrer Aufgabe? Was treibt Sie an?
Marcus Schellerer: Das alles aufzuzählen, dafür reicht der Platz nicht. Kurz gesagt, gestalten zu können, Verantwortung für die Mitarbeitenden zu übernehmen und durch die geleistete, sinnstiftende Arbeit am Ende des Tages die Welt etwas besser gemacht zu haben.

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