Im Gespräch IoT4 Industry & Business

Andreas Dangl: Digitalisierung ist nicht nur eine E-Mail

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"Gerade KMUs müssen verstehen, dass Digitalisierung nicht bedeutet, nur eine E-Mail zu verschicken. Es geht darum, einen Prozess in Bezug auf eine Freigabe, eine Überprüfung, eine Genehmigung, eine digitale Unterschrift mit Externen durchgängig zu realisieren", sagt Andreas Dangl Business Unit Executive für Cloud Services bei Fabasoft

Die Stolpersteine liegen im Kopf, sagt Andreas Dangl, Business Unit Executive für Cloud Services bei Fabasoft, mit Blick auf die Umstellung auf digitale Geschäftsprozesse. Ein weiteres Hindernis seien der Fachkräftemangel und das Silodenken. Es gibt aber auch Positives zu berichten: die Potenziale wären enorm.

 

IoT4industry&business: Digitalisierung ist das Wort der letzten beiden Jahre. Wie digital sind die österreichischen Unternehmen geworden?
Andreas Dangl: Man muss hier einen großen Unterschied machen: interne Prozesse zu digitalisieren, ist ja noch halbwegs trivial. Denn im eigenen Unternehmen hat man im Wesentlichen nur eine Entscheidungsstruktur. Dennoch ist auch hier noch definitiv Luft nach oben. Wir haben gerade zu Beginn der Pandemie gesehen, dass nicht alles so reibungslos funktioniert hat. Der viel komplexere Weg ist es, unterschiedliche Unternehmen in einem gemeinsamen Prozess zu verankern. Dies ist um einiges aufwändiger, und viele Unternehmen stehen dabei noch ganz am Anfang. Die großen Unternehmen sind aufgrund ihrer globalen Aktivitäten schon weiter. Aber gerade KMUs müssen verstehen, dass Digitalisierung nicht bedeutet, nur eine E-Mail zu verschicken. Es geht darum, einen Prozess in Bezug auf eine Freigabe, eine Überprüfung, eine Genehmigung, eine digitale Unterschrift mit Externen durchgängig zu realisieren. Das ist genau die Aufgabe von Fabasoft. Mit unserer Plattform, der Fabasoft Business Process Cloud, sind wir genau die Drehscheibe, die alle Informationen so aufbereitet, dass sie in einer ganzheitlichen Sicht zur Verfügung stehen. Jedes Dokument und jede Information befinden sich in einem Fluss, in dem die unterschiedlichsten Beteiligten Daten erstellen, bearbeiten, lesen oder nutzen können.

IoT: Was scheint der größte Hemmschuh auf dem Weg zur Digitalisierung zu sein? Andreas Dangl: Es gibt unzählige Schlagworte wie Industrie 4.0 oder Internet of Things. Vieles ist dabei in erste Linie auf die Produktion ausgerichtet. Wir unterstützen mit unserem Angebot primär den gesamten Administrationsprozess rund um die eigentlichen Industrie 4.0-Prozesse. Darauf haben viele einfach noch keinen Fokus gesetzt. Meistens geht es nur um die Smart Factory, in der alles komplett automatisiert und digital ist. Das ist natürlich extrem wichtig und zukunftsträchtig. Daneben gibt es noch die ganz klassischen Verwaltungsabläufe, in der Prozesse entsprechend dokumentiert werden müssen, in der es gilt, Compliance-Vorschriften zu beachten, Genehmigungen mit hunderttausenden von Dokumenten für einen Anlagenbauer zu organisieren und zu administrieren ­– um am Ende die automatisierte Smart Factory zu realisieren. Viele Unternehmen haben noch nicht erkannt, wie viel Potenzial im Dokumentenmanagement in Hinblick auf die Produktivität liegt. Wir richten uns mit unserem Angebot stark an den Maschinen- und Anlagenbauer, die noch oft in Silos denken. Da geht es um „meine“ und „deine“ Daten, um „mein“ und „dein“ System. Die Hindernisse liegen mehr im Kopf des Managements oder jener Personen, die die Entscheidungen treffen. Das sind die größten Stolpersteine.

IoT: Sie bieten Ihre Services über eine Cloud an. In den letzten Jahren erkennt man wieder einen Trend zum eigenen Rechenzentrum. Was sind die Vorteile Ihres Cloud-Angebotes?
Andreas Dangl: Wenn Transparenz gegeben ist, dann gibt es aus meiner Sicht keinen großen Unterschied, ob Daten im eigenen Rechenzentrum oder in einer Cloud liegen. Fabasoft verfolgt bei seinem Cloud-Angebot ganz konsequent das Konzept der Zertifizierungen und Audits auf höchstem Niveau. Bei einem eigenen Rechenzentrum haben wir eine natürliche Transparenz. Man kann hineingehen und nach dem Rechten sehen. Wir beauftragen Zertifizierungsstellen, etwa namhaften Wirtschaftsprüfern, die verifizieren und dokumentieren, dass das Leistungsversprechen eines Cloud-Anbieters den jeweiligen Zertifizierungskriterien entspricht und insbesondere Qualität, Datenschutz und IT-Sicherheit gegeben sind.

IoT: Sie haben Transparenz angesprochen. Sind Sicherheit und Transparenz ein Gegensatzpaar?
Andreas Dangl: Nein, eigentlich nicht. Sicherheit ist ein Fundament, das gegeben sein muss. Transparenz bedeutet, dass für mich ersichtlich ist, wer auf Informationen zugreifen darf und wer worauf zugegriffen hat. Wenn Sie ein E-Mail verschicken, ist es weder für Sie als Absender noch für den Empfänger klar, wer letzten Endes alles mitliest. Das ist das Problem bei der Transparenz. Es geht darum zu verstehen, was mit der Information passiert und ob ich noch die Kontrolle darüber habe. Das verstehe ich unter dem Begriff Transparenz: nachzuvollziehen, wer zu welchem Zeitpunkt Zugriff auf eine Information gehabt hat.

IoT: Viele Cloud-Dienste werden in Abo-Systemen angeboten. Macht es Fabasoft mit seinen Angeboten ebenso?
Andreas Dangl: Mit einer Cloud ist ganz grundsätzlich ein Abo-Modell verbunden, das entsprechend leistungsorientiert oder nutzenbasiert funktionieren. Indem Unternehmen keine Kapitalinvestitionen treffen müssen, minimiert sich die Eintrittshürde. In ein Rechenzentrum mit eigener Infrastruktur und Software-Lizenzen zu investieren, bedeutet sehr viel initialen Aufwand. Mit der Cloud arbeitet man generell über einen Skalierungseffekt. Das hat für den Kunden den Vorteil, dass er erstens keine Kapitalinvestitionen treffen muss und zweitens, dass er klein beginnen kann, ganz im Sinne des Proof of Concept. Ein Abo-Modell bietet die Chance, relativ einfach und ohne riesige Summen in die Hand zu nehmen, Dinge ausprobieren zu können, was gerade im Bereich innovativer und disruptiver digitaler Prozesse oft notwendig ist. Wir unterstützen diesen agilen Ansatz unserer Kunden.

IoT: Was sehen Sie aktuell oder in den nächsten Monaten als die größte Herausforderung für Fabasoft?
Andreas Dangl: Meine größte persönliche Herausforderung ist es, genügend Ressourcen zu haben. Ganz ehrlich, wir haben derzeit einen extremen Mangel an Fachkräften. Und das liegt auch an einer Eigenheit der Industrie. Jeder will seine eigene Cloud aufbauen oder seine eigene Digitalisierungsstrategie auf die Beine stellen und konsumiert dabei aus dem Pool der wenigen Fachkräfte, die am Markt sind. Da sind wir wieder bei den schon angesprochenen Stolpersteinen im Kopf: ‚Wir machen das doch lieber selbst, anstatt auf einen Partner wie Fabasoft zu setzen.’ Diese Konstellation führt dazu, dass es ein enormes Gerangel um die Fachkompetenz gibt. Und das ist das Hauptproblem beim ganzen Digitalisierungsthema. Der Ansatz, dass jeder glaubt, er muss alles selbst machen, führt zum Kollaps. Jeder bleibt in seinem Schrebergarten, aber die große, gesamtheitliche Vorstellung einer digitalisierten Welt wird dadurch nicht erreicht.

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