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Automatisiertes Pollenmonitoring mit Faulhaber DC-Kleinstmotoren

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Herzstück des Pollenmonitors ist das Auswerte- und Analysemodul von Faulhaber.

DC-Kleinstantriebe leisten heute in den unterschiedlichsten Anwendungen Beachtliches, nicht nur in der industriellen Automatisierung, sondern auch in der Medizin- und Analysetechnik. So sorgen DC-Kleinstantriebe von Faulhaber auch in einem vollautomatischen Pollenmonitoringsystem dafür, dass die Pollenzählung zuverlässig funktioniert und die Daten für Vorhersagen zeitnah zur Verfügung stehen.

Studien gehen davon aus, dass zukünftig jede:r zweite Deutsche unter Pollen leiden könnte. Mögliche Symptome reichen vom Heuschnupfen und Kopfschmerzen bis hin zu Atemnot oder anaphylaktischen Schocks. Zudem sorgen die globale Erwärmung und der Klimawandel dafür, dass sich Blühperioden und damit die Zeiträume mit hoher Pollenbelastung verändern. „Wir haben in milden Wintern bereits Ende November Haselpollen nachweisen können, normalerweise erwartet man dies erst für den Januar“, berichtet Dr. Jörg Haus, Produktmanager Instrumente bei der Helmut Hund GmbH. Darüber hinaus können auch importierte Pflanzen sich zu einem unerwarteten Problem entwickeln, erläutert Dr. Haus: „Die Olivenbäumchen beispielsweise, die sich viele gerne auf den Balkon oder die Terrasse stellen, sind sehr allergen und stehen in südlichen Ländern ganz oben auf der Liste“.

Auswertung mit Zeitverzug.

Daher wird es immer wichtiger zu wissen, wann welche Pollen in welcher Konzentration in der Luft sind. Das Standardinstrument in vielen europäischen Ländern ist dafür die so genannte Burkhard-Falle. Ein definiertes Luftvolumen wird beständig von einem Elektromotor angesaugt – jeweils aus der aktuellen Windrichtung – und an einer sich langsam drehenden Trommel vorbeigeführt. Auf ihr ist ein Klebestreifen angebracht, auf dem die Pollen und andere angesaugte Teilchen haften bleiben. Geschulte Pollenzähler:innen sitzen dann am Mikroskop, ein Bestimmungsbuch neben sich. „Die Daten sind systembedingt mindestens zwei Tage alt, wenn sie vorliegen. Als Allergiker bringt mir das aber wenig, wenn ich heute eine Aktivität im Freien plane und wissen will, ob ich mein Asthmaspray brauche,” fasst Dr. Haus die Problematik des bisher üblichen Verfahrens zusammen. „Daher haben wir uns Gedanken gemacht, wie man die Pollenzählung intelligenter realisieren kann.“

Pollenmonitoring für schnelle Vorhersagen.

In Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg und dem dortigen Fraunhofer-Institut entstand zunächst ein Prototyp für eine automatisierte Pollenanalyse. „Da das Design des Prototyps nicht optimal und dazu nicht für die Serienfertigung geeignet war, haben wir beschlossen, die Umsetzung in ein Produkt eigenständig und mit neuen Partnern durchzuführen.“ Mit dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT in Sankt Augustin fand die Firma aus Wetzlar dann den passenden Partner für die Entwicklung des heutigen Pollenmonitor BAA500. „BAA steht für Bio-Aerosol-Analysator“, erklärt Dr. Haus. Mit dem klimatisierten und wettergeschützten Gerät sind täglich bis zu acht Proben möglich; eine Beprobung dauert nur ca. drei Stunden. „Dadurch lassen sich nahezu in Echtzeit Voraussagen treffen, welche Pollen in welcher Konzentration in der Luft sind.“

Für eine Analyse saugt das Gerät ca. 60 m³ Luft in der Stunde an und extrahiert die Pollen auf Probenträger. Da sich Pollen durch Witterungseinflüsse verändern oder trocknen können, sorgt eine beheizbare Gelschicht auf den Trägern dafür, dass sie wieder ihre ursprüngliche Form annehmen. Sogenannte Pusher schieben die Proben dann unter ein Mikroskop. Ihre treibende Kraft sind Faulhaber-DC-Kleinstmotoren der Serie 1727…C. Bei nur 17 mm Durchmesser und 27 mm Länge liefern die kleinen Motoren Drehmomente von ca. 5 mNm und sind durch die Grafitkommutierung für den schnellen Start-Stopp-Betrieb gut geeignet.

Unter dem Mikroskop wird jede Probe in drei Achsen abgescannt. „Da Pollen mit 20 µm sehr klein sind, etwa ein Viertel eines menschlichen Haars, sieht das Lichtmikroskop pro Foto nur einen Bereich von weniger als 0,5 auf 0,5 mm. Die Schärfentiefe ist dabei nicht so hoch, da wir eine hohe Auflösung benötigen“, erklärt der Produktmanager. Mit Hilfe einer Stacking-Software wird deshalb aus mehreren Bildern des Bildstapels ein Gesamtbild mit erweiterter Schärfentiefe berechnet. Danach werden die einzelnen Pollen von der Software über einen merkmalbasierten Algorithmus erkannt. Aktuell kann das System 38 Pollenarten und weitere Allergene wie etwa Pilzsporen vollautomatisch erkennen.

Die Bilderkennung wird am Anfang angelernt in Abhängigkeit von lokalen Unterschieden und Witterungsverhältnissen. Dazu sind einige zigtausend Bilder in einer Datenbank hinterlegt. Nach der Analyse der Probe wird diese zur Archivierung in ein Magazin transportiert. Hier ist ebenfalls ein Kleinstmotor der gleichen Serie im Einsatz. Die Archivierung ermöglicht eine nachträgliche Auswertung und Validierung der Ergebnisse.

Ein Netzwerk für Polleninformationen.

Der Freistaat Bayern war von dem System so überzeugt, dass er bereits 2019 mit dem Aufbau eines elektronischen Polleninformationsnetzwerks (ePIN) begonnen hat. Mittlerweile stehen, neben den bayerischen ePIN-Standorten, insgesamt 20 Geräte, z.B. in Berlin, Wetzlar, Leipzig oder auch Wiesbaden. Die Wahl des richtigen Standorts ist wichtig, da beispielsweise Dieselruß oder Reifenabrieb die Ergebnisse verändern können. „Mitten in einem Rapsfeld wäre kontraproduktiv, da gibt es dann nur Rapspollen. Daher stehen unsere Messstationen in etwa 12 Meter Höhe auf Dächern von Kliniken oder Instituten.“ Der Abruf der Daten ist rund um die Uhr online oder per App in Echtzeit möglich. Für den Einsatz der Faulhaber-Antriebe, spricht ganz besonders, dass sie nicht nur genau, sondern auch zuverlässig und langlebig sind.

Autoren: Volker Beck, Redakteur Faulhaber und Ellen-Christine Reiff, M.A., Redaktionsbüro Stutensee

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