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Metav 2022 beschäftigt sich mit Fernwartung in Pandemiezeiten

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Um das Thema Fernwartung kommen Industrieunternehmen nicht umhin. Auf der METAV 2022 vom 21. bis 24. Juni wird das Thema eine Rolle spielen. Bild: Röders GmbH

Pandemiezeiten haben manch digitaler Lösung deutlich Auftrieb gegeben. Videokonferenzen etwa mutierten zum unverzichtbaren Kommunikationsmittel und auch um das Thema Fernwartung kommen Industrieunternehmen nicht umhin. Auf der METAV 2022 vom 21. bis 24. Juni wird das Thema eine besondere Rolle spielen.

Wenn der Servicetechniker coronabedingt nicht ausrücken darf, muss er eben „irgendwie“ zugeschaltet werden. Je größer die zu erwartenden Folgen eines Maschinenausfalls gerieten, umso lauter wurden auch die Rufe nach schneller Hilfe. Dabei hatte der oft als Zukunftstechnologie gepriesene Fernwartung zumindest in den Werkzeugmaschinenfabriken bereits deutlich vor Corona Einzug gehalten. So wundert es nicht, dass dazu auf der METAV 2022 von 21. bis 24. Juni in Düsseldorf eine eigene Quality-Area eingerichtet wird. Die Sonderausstellung bietet Besucher:innen  einen Überblick über die gesamte Bandbreite der Mess- und Prüftechnik sowie der Qualitätsmanagement- und Auswertungssysteme. „Nur wer seinen Kunden verlässlich und beständig hochwertige Produkte liefern kann, wird langfristig am Markt bestehen können“, betont Dr. Wilfried Schäfer, Geschäftsführer des VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken), Veranstalter der METAV 2022. Eine kürzlich erfolgte Erhebung unter den zu diesem Zeitpunkt rund 250 angemeldeten Ausstellern der METAV 2022 bestätigt, dass Fernwartung weitgehend zum Tagesgeschäft gehört.

Remote-Lösungen müssen einfach und unkompliziert sein

So auch bei der Röders GmbH, Hersteller hochpräziser Fräs- und Schleifmaschinen aus dem niedersächsischen Soltau. Nach Erfahrungen von Dr. Oliver Gossel, Prokurist und Vertriebsleiter Maschinenbau, ist die Akzeptanz für Fernwartung im Kundenkreis groß, die meisten sehen das Thema sehr pragmatisch. „Die Fernwartung hilft, Zeit und Kosten zu sparen sowie Fehler zu beseitigen, ob diese nun von einer Fehlbedienung oder von einem Fehler in der Maschine verursacht wurden. In der Regel kann schnell und effizient geholfen werden.“ Gossel ist aber auch davon überzeugt, dass eine Remote-Lösung dafür möglichst unkompliziert und einfach in der Handhabung sein muss. „Wir können unsere eigene PC-basierte Steuerung, die sehr einfach in der Bedienung ist, effektiv und kostengünstig um eine Fernwartung mit klassischem System erweitern.“

Die Standardlösung werde von über 90 Prozent der Kund:innen bevorzugt, sagt Gossel. Individuelle Lösungen, vorwiegend nachgefragt von Großunternehmen, seien zwar möglich, verlangten aber größeren Aufwand. Da werde in der Einrichtungsphase einer Maschine bereits alles genau dokumentiert und die nötige Einstellung in einer speziellen IT-Umgebung vorbereitet. So sei sichergestellt, dass im Ernstfall alles sofort funktioniere, sowohl beim Anwender oder der Anwenderin als auch im Service bei Röders. Das Unternehmen setzt bei Online-Zusammenarbeit und Fernsupport auf Lösungen von Teamviewer: ein Name, der bei METAV-Ausstellern häufig genannt wird. Die Konnektivitäts-Fachleute aus dem Baden-Württembergischen Göppingen sind auf cloudbasierte Technologien spezialisiert und stellen Werkzeuge sowohl für den Fernzugriff als auch für Datenanalyse und Support bereit.

Während Herstellerfirmen die Gunst der Stunde weitgehend nutzen, gibt es auf der anderen Seite nach wie vor Anwender:innen, die Vorbehalte gegenüber Fernwartungslösungen äußern. Das bestätigt auch Oliver Gossel, der seinen Kundenstamm grundsätzlich in drei Gruppen einordnet: „Die einen nutzen Standardlösungen, die anderen bevorzugen individuelle Systeme, die dritte und mit Abstand kleinste Gruppe lehnt das Thema kategorisch ab. Daran hat sich auch in Pandemiezeiten kaum etwas geändert.“

Nächste Entwicklungsstufe: Augmented Reality

Das Thema Datensicherheit steht auch im Fokus des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz. Im Rahmen des Forschungsprojekts „AUDIo“ (Auditlösung für Machine-Learning-basierte, datengetriebene Dienstleistungen) wurde eine IT-Architektur aufgebaut, um Fernwartungen und andere Services im Produktionsumfeld fälschungssicher anbieten zu können. Dabei werden Prozess-, Produktions- oder Maschinendaten verschlüsselt und auf Netzwerkknoten (Datenspeichern) abgelegt. Die Plattform stellt dann den sicheren Datenaustausch her, während ein hinterlegter Datei-Fingerabdruck vor unentdeckter Manipulation schützt.

Das Forschungsprojekt AUDIo, bei dem es um den konkreten Anwendungsfall einer Remote-Kalibrierung von Werkzeugmaschinen geht, ist nach Angaben von Kilian Nölscher, am IWU federführend für das Projekt tätig, zu zwei Dritteln abgeschlossen. Aktuell wird am Fraunhofer IWU in Zusammenarbeit mit der TU Dresden ein AR (Augmented Reality)-Assistenzsystem entwickelt, das die Werkerin und den Werker vor Ort unterstützt und somit einen vorschriftsmäßigen Ablauf der Kalibrierung gewährleistet. Zum Abschluss des AUDIo-Projekts wird ein Workshop ausgearbeitet, der darauf abzielt, bei potenziellen Nutzerinnen und Nutzern Sicherheitsbedenken abzubauen. Es werden Technologien und Rahmenbedingungen vorgestellt und Fragen der Teilnehmenden beantwortet.

Ausgangslage für weitere Dienstleistungen

AR könnte Maschinenbau-Unternehmen ermöglichen, die Inbetriebnahme einer Maschine oder Anlage komplett „remote“ anbieten zu können. Dafür sprechen nicht nur Kosten- und Effizienzgründe. Es dürfte auch im Sinne des Klimaschutzes sein, wenn die Fachleute, die zur Inbetriebnahme womöglich nach Shanghai oder Buenos Aires gereist wären, per Fernzugriff, Video-/Audio-Verbindung und mit Einsatz von AR-Brillen vor Ort die Partner anleiten und betreuen könnten.

Für Kilian Nölscher vom Fraunhofer IWU ist das Thema Fernwartung jedenfalls noch längst nicht ausgereizt: „Im Zuge der zunehmenden Vernetzung von Produktionsstätten und Digitalisierung von Produktionsmitteln bei gleichzeitigem Mangel an Fachkräften wird sich das Thema Fernwartung weiterentwickeln und in den virtuellen Raum diffundieren“, sagt er. Am Beispiel der AUDIo-Plattform könnte belegt werden, dass es eine sehr gute Ausgangslage gibt, um abgesichert und nachvollziehbar Daten zwischen mehreren Parteien für Dienstleistungen wie Fernwartung oder Zustandsüberwachung austauschen zu können. Trotzdem bleibe die größte Herausforderung bei der weiteren Digitalisierung, dass zwischen dem physischen Produktionssystem und dem virtuellen Raum eine Lücke klafft, die es in jedem Fall zu schließen gilt. Fachliche Kompetenz und Servicequalität werden dabei eine große Rolle spielen.

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