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Rene Pfaller von Sick rät aus dem digitalen Hype ein digitales Muss zu machen

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Rene Pfaller, Team Leader Product Management Sick: „Es gibt derzeit vermutlich keine schlechtere Managemententscheidung, als beim Thema Digitalisierung tatenlos zuzuwarten.“

Rene Pfaller ist Team Leader Product Management bei Sick in Wiener Neudorf und ist davon überzeugt, dass Digitalisierung unbedingt von der Geschäftsleitung aus getragen werden muss, ansonsten funktioniere der Weg in die digitale Transformation nicht.

IoT4Industry & Business: Das Motto „Digital Business + Smart Data Solutions“ steht bei Sick im Fokus. Was genau ist damit gemeint beziehungsweise was wird den Kunden geboten?
Rene Pfaller: Der Ausbau unserer digitalen Geschäftsmodelle ist für unser Unternehmen ein ganz wichtiger Schritt, um unseren bisherigen Weg auch weiterhin erfolgreich zu verfolgen. Neben unserem Serienproduktgeschäft liegt seit vielen Jahren ein großer Fokus auf dem Ausbau unserer Serviceprodukte sowie dem Systemgeschäft, um die Bedürfnisse unserer Kunden auch in Zukunft bestmöglich erfüllen zu können.

IoT: Das bedeutet?
Rene Pfaller: Dass wir seit einigen Jahren bereits digitale Produkte wie etwa Analytics-Lösungen, die aus Monitoring, Diagnose sowie Predictive Maintenance bestehen, anbieten. Neben dem klassischen Erwerb von Produkten offerieren wir auch bereits einzelne digitale Services auf Basis  monatlichen Abos und stehen grundsätzlich auch „Pay per Use“-Ansätzen offen gegenüber.  Auf unserer Webseite bieten wir bereits auch einen Generator für SPS-Funktionsbausteine für IO-Link-Sensoren an Unabhängig von Feldbus, IO-Link Master, Steuerungs- oder Sensorhersteller können Kunden ihre gewünschten Funktionsbausteine erstellen lassen. Eines unserer Highlights ist mit Sicherheit  das neue Softwaretool FieldEcho. Mit diesem können IO-Link-Geräte unabhängig vom Hersteller erstmals mit einer einzigen Software konfiguriert werden. Eine entsprechende Monitoringfunktion inklusive Eventlog und Notifi cations ist ebenfalls verfügbar. Die Software kann für vier Ports an einem Master kostenlos getestet werden.

IoT: Spricht man von „Digitaler Business Transformation“ so meint man die langfristige Veränderung durch die Möglichkeiten und Potenziale digitaler Angebote. Unternehmen können somit ihre Strategie, Struktur, Kultur und Ausrichtung anpassen und weiters optimieren oder gar verändern – alles für die Zukunft. Handelt es sich hierbei nicht eher um einem „Hype“ für Unternehmen oder ist es ein „Muss“?
Rene Pfaller: Natürlich ist „Digitale Business Transformation“ ein extrem gehyptes Thema, das uns täglich begegnet. Dennoch ist es für fast jedes Unternehmen ein unverzichtbares „Muss“, wenn man sich in der Geschäftswelt von morgen behaupten möchte. In den Daten liegt unglaublich viel Potenzial für Wertschöpfung. Studien belegen, dass beispielsweise die Kundenbindung durch  Kundenerlebnis enorm stark beeinfl usst wird. Was das im Detail für das einzelne Unternehmen bedeutet, gilt es heraus zu finden. Mehr als jedes zehnte Unternehmen beschäftigt bereits einen Data Scientist,  diese und andere Erkenntnisse zu erarbeiten und gewinnbringend zu nutzen. Laut aktuellen Studien kosten schlecht aufbereitete Daten den US-Unternehmen jährlich drei Billionen Euro.

IoT: Doch wie weit sind Ihre Kunden auf dem Weg ins digitale  Business und wo stecken die größten Herausforderungen?
Rene Pfaller: Wir verzeichnen ein deutlich gestiegenes Interesse, was wir auch anhand der steigenden Teilnehmerzahlen unserer fachspezifischen Events bestätigt bekommen. Man muss sich jedoch bewusst sein, dass Digitalisierung ein Thema ist, das von der Geschäftsleitung getragen und werden muss.

IoT: Weshalb?
Rene Pfaller: Es geht um strategische, zukunftsorientierte Entscheidungen, die irgendwann existenzielle Dimensionen für das Unternehmen bekommen werden. Beobachtet man die immer kürzer werdenden Entwicklungszyklen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht wird schnell klar, dass man im eigenen Interesse keine Zeit verlieren sollte, sich mit den Themen aktiv auseinanderzusetzen. Es gibt derzeit vermutlich keine schlechtere Managemententscheidung, als tatenlos abzuwarten.

IoT: Was wäre eine Motivation?
Rene Pfaller: Der Weg zu innovativen Lösungen ist kürzer als viele denken und muss ohnehin in kleineren Etappen angegangen werden. Es gibt genügend Potenzial, das mit überschaubarem finanziellem und personellem Aufwand zu erschließen ist. Kommen wir zum Thema Netzausbau, ein Thema, das unmittelbar mit der fortschreitenden Digitalisierung verknüpft ist.

IoT: Wie sehen Sie diese Herausforderung für Österreich und seine Netzanbieter?
Rene Pfaller: Natürlich ist eine entsprechend performante und flächendeckende Netzinfrastruktur unbedingt nötig. Aus heutiger Sicht bin ich aber der Meinung, dass wir in Österreich momentan nur bedingt an einer schwachen Infrastruktur leiden und dies derzeit nur punktuell zu einigen führt.

IoT: Des Weiteren wird auch immer mehr der Fachkräftemangel und die Digitalisierung in Verbindung gebracht. Fehlendes Personal soll durch digitale Möglichkeiten kompensiert werden. Zurecht?
Rene Pfaller: Eine Frage, die man so vermutlich nicht eindeutig mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten kann. Aus meiner Sicht lautet die Antwort für Automatisierungstechniker eher nein, aus IT-Sicht jedoch klar ja. Für die Automatisierer gilt es, zuerst die Konnektivität herzustellen. Auch wenn Automatisierer nicht im Überfluss vorhanden sind, könnten die heimischen Unternehmen mit den bestehenden Fachkräften jedoch schon deutlich weiter sein als sie es aktuell sind. Nach guten IT-Fachkräften sucht man jedoch definitiv mancherorts vergebens, was den Fortschritt sicherlich hemmt, sofern man die Konnektivität bereits realisiert hat.

IoT: Eine weitere Herausforderung für die smarten Lösungen ist der damit verbundene (steigende) Strombedarf. Gibt es Ihrer Ansicht nach hierzu eine geeignete Lösung, diesen entsprechend auch smart zu produzieren beziehungsweise smart zu nutzen?
Rene Pfaller: Natürlich stecken auch hier unglaublich viele ökologische und ökonomische Möglichkeiten  Verborgenen. Große Energieverbraucher dann zu betreiben, wenn Strompreise und Netzauslastung günstig sind oder es die eigene Ökostromquelle zulässt, ist nichts Neues und wird zunehmend nun auch im privaten Bereich genützt (Stichwort Nachtstrom). Ich denke, wir sind hier auch erst am Beginn und Analysen von zusätzlichen Daten werden uns noch einiges mehr an Optimierungspotenzial aufzeigen.

IoT: Doch wie sieht Sick als Unternehmen diesen Zusammenhang zwischen einem ansteigenden Energieverbrauch und einer zunehmend gewünschten Digitalisierung? Wird bei den Sick-Produktlösungen darauf entsprechend eingegangen und Rücksicht genommen?
Rene Pfaller: Nachhaltigkeit und ökologisches Denken ist bei Sick seit vielen Jahren ein wichtiger Part unseres Unternehmensleitbildes – und das ist für uns nicht nur ein Marketingspruch. An unserem österreichischen Standort in Wiener Neudorf betreiben wir eine Photovoltaikanlage mit über 80.000 kWh/Jahr Netzeinspeisung und vermeiden CO2-Emissionen von etwa 50.000 kg/Jahr, womit wir als klimaneutrales Unternehmen zertifiziert sind. Digitalisierung selbst steht sicher nicht im Widerspruch zu Energieverbrauch und CO2-Emission. Ganz im Gegenteil bieten sich mit smarter Digitalisierung neue Möglichkeiten effi zienter mit Energie umzugehen.

IoT: Wir haben jetzt über viele Themen, die mit der digitalen Transformation einhergehen, gesprochen. Wenn ich mir als Unternehmen nun ein Vorzeigeprojekt gerne anschauen möchte um zu sehen, inwiefern mit Sick-Lösungen auch mein Unternehmen den digitalen Weg gehen kann, wo führen Sie mich hin?
Rene Pfaller: Neben zahlreichen Kundenlösungen zeigen wir mit unserer eigenen 4.0 Now Factory Freiburg, dass mit Sensortechnologie Industrie 4.0 schon im Hier und Jetzt möglich ist. Statt in starren Linien, ist die Produktion von Lichtschranken, Lichttastern und Kontrastsensoren der neuesten Generation als dezentrales Produktionsnetzwerk organisiert: Zwölf autonome Montagemodule sowie vier manuelle Module erlauben die vollautomatische, manuelle oder hybride Ausführung von Prozessen. Die Module sind digital miteinander vernetzt und organisieren sich selbst. Alle Produktfamilien durchlaufen die für die Herstellung der jeweiligen Varianten notwendigen Module in der optimalen Reihenfolge. Die Materialzufuhr erfolgt über Automated Guided Carts (AGC), die selbständig durch die Gänge fahren und mit den Mitarbeitern in einem kollaborativen Arbeitsumfeld agieren. Alle Abläufe werden von einer hochleistungsfähigen Software gesteuert, die Sick selbst entwickelt hat. Darin sind Informationen, wie Produkteigenschaften, Stückzahl oder Fertigungsschritte, zum jeweiligen Auftrag hinterlegt. Alle Daten der 4.0 Now Factory werden in Echtzeit in der Cloud gesammelt. So entsteht ein virtuelles Abbild der Produktion. Die wichtigsten Leistungskennzahlen daraus werden in Form eines cloudbasierten Dashboards für den Anlagenmanager visualisiert. Dieser erhält damit maximale Transparenz über die aktuelle Leistungsfähigkeit der Produktion und aller Logistikprozesse. Aber auch durch einen persönlichen Besuch bei uns in Wiener Neudorf oder einen Termin an der Kundenanlage können sich Interessenten von unseren Lösungen überzeugen.

IoT: Inwiefern?
Rene Pfaller: In einem für Demo- und Schulungszwecke realisierten Aufbau zeigen wir Digitalisierung vom Sensor in die Cloud und vice versa. So werden etwa in unserem Büro alle Mitarbeiter informiert, wenn unser mobiler Bäcker am Parkplatz vor dem Firmengebäude eingetroffen ist. RFID, Ultraschallsensor und Edge Gateway machen es möglich und senden eine E-Mail an alle Kollegen im Haus, damit niemand hungern muss (lacht). Nebenbei generieren wir mit den Sensordaten bereits verschiedene Statistiken und analysieren die Sensordaten für Predictive Maintenance.

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Quelle: Sick GmbH

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