Interview MM Maschinenmarkt

Rainer Ostermann: Automatisierung ist ein Enabler

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Für Rainer Ostermann ist Automatisierung ein Enabler für den industriellen Wandel u.a. in Richtung Klimaschutz und Ressourceneffizienz.

Für Dipl.-Ing. (FH) Rainer Ostermann, Geschäftsführer von Festo Österreich, ist Automatisierung ein Enabler für den industriellen Wandel in Richtung Klimaschutz, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. In unserem Interview erklärt er auch, welche Bedeutung Digitalisierung hat, dass die Lieferzeiten die größte Herausforderung sind und dass man sich als attraktiver Arbeitgeber nicht vor neuen Arbeitsmodellen verschließen darf.

Wo sehen Sie die aktuellen Herausforderungen für dieses Jahr und die Zukunft?
Rainer Ostermann: Lieferzeit, Lieferzeit, Lieferzeit – die gesamte Automatisierungsbranche spürt die Engpässe insbesondere im Halbleiterbereich, die zum Teil in weiterer Folge auf andere Produktgruppen und Branchen übergegriffen haben. Darüber hinaus sind viele kurzfristig knappe Rohstoffe zwar heute wieder erhältlich aber erheblich teurer als vor der Pandemie. Es gibt meines Wissens nach kein Unternehmen, das nicht auf die eine oder andere Art und Weise betroffen ist. Auch wenn es in einigen Bereichen Anzeichen für eine leichte Entspannung gibt, wird dieses für uns alle unliebsame Thema die Branche in den nächsten Monaten und auch noch im 1.Quartal 2023 begleiten.

Was beschäftigt Sie und Ihr Unternehmen dieser Tage am meisten?
Rainer Ostermann: Bleiben wir beim Thema Lieferzeiten. Wir setzen auf eine offene und ehrliche Kommunikation auf Augenhöhe – das ist das Gebot der Stunde. Hinhaltetaktik schätzt niemand. Und wir wollen unsere Kunden nicht „im Regen“ stehen lassen, sondern versuchen, wenn es irgendwie möglich ist, rascher verfügbare, alternative Lösungen anzubieten. Das bedarf oft top Experten-Knowhow, technischer Raffinesse und viel Hirnschmalz. Aber genau das macht eine echte Partnerschaft aus. Solche Ideen schätzen unsere Kunden und natürlich die Kunden unserer Kunden, die ihre Maschinen verständlicherweise dringend brauchen. Nur so können die weltweiten Troubles in den Lieferketten schrittweise abgemildert und letztendlich durchbrochen werden.

Nachhaltigkeit ist nicht nur in aller Munde, sondern eine Notwendigkeit. Wie sieht der Beitrag von Festo aus?
Rainer Ostermann: Automatisierung ist ein Enabler für den industriellen Wandel in Richtung Klimaschutz, Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Mit unseren Lösungen tragen wir aktiv dazu bei, eine ressourcenschonende Produktion zu ermöglichen und eine Kreislaufwirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu etablieren. Das gilt auch für unsere eigene Fertigung, mit der wir ein Vorbild sein möchten. Darum haben wir es uns zum Ziel gesetzt, unseren CO2-Foodprint in den nächsten zwei Jahren massiv zu verringern. Erst kürzlich hat unser Vorstandsvorsitzender, Dipl.-Ing. Dr. h.c. Oliver Jung, informiert, dass bereits ab Anfang 2023 alle unsere Produktions- und Logistikstandorte weltweit sowie die deutschen Vertriebsstandorte und die Unternehmenszentrale in Esslingen CO2-neutral sein werden. Darüber hinaus haben wir unsere Nachhaltigkeitsstrategie entlang der strategischen Entwicklungsziele (SDGs) der Vereinten Nationen ausgerichtet. Dabei werden die Scope3-Emissionen eine immer wichtigere Rolle spielen. Hier werden Emissionen durch Einkauf und Logistik auf der einen Seite und die Nutzung der Produkte bei den Kunden auf der anderen Seite betrachtet. Ein starker, ganzheitlicher Impuls für die Zukunft.

Welchen Stellenwert hat Digitalisierung für Sie bei Ihren Produkten und für Ihre Kunden?
Rainer Ostermann: Viele der Herausforderungen von heute und morgen lassen sich nur mit Digitalisierung lösen. Denn Flexibilität ist Trumpf und genau das ist die Stärke der Digitalisierung. Denken Sie an unsere Lösungen im Bereich „Controlled Pneumatics“, die Proportionaltechnologie, Sensorik und Regelungsalgorithmen zu einem Regelkreis verbinden. Das Ergebnis sind mechatronische pneumatische Systeme mit innovativer Ventil- und Kommunikationstechnik, die eine direkte digitale Einflussnahme erlauben. Insbesondere bei Druck- und Durchflussregelungen schafft diese Technologie neue Anwendungsfelder, die die Grenzen der Pneumatik neu definieren. Das eröffnet viel Flexibilität und ermöglicht schnellere, präzisere und effizientere Lösungen. Herkömmliche Standardpneumatik wird aber dennoch weiterhin gefragt sein – insbesondere bei einfachen Applikationen, wie Punkt-zu-Punkt-Bewegungen. Gerade die Einfachheit macht Standardpneumatik in vielen Anwendungen nach wie vor unschlagbar.

Stichwort Work-Life-Balance. Die Menschen suchen nach neuen Arbeitsmodellen. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Rainer Ostermann: Beruf und Privatleben sind sich näher gekommen. Nicht nur durch das Homeoffice, sondern schon vor der Pandemie. Das ist die Realität, die maßgeblich von Smartphones und Co geprägt wird. Auch das gehört zur Digitalisierung. Eine zunehmend digitale Welt kennt weniger physische Grenzen. Davor kann und darf man sich als attraktiver Arbeitgeber nicht verschließen. Damit gilt es sorgsam umzugehen – auf Seiten der Unternehmen und auch der Mitarbeiter ist (Eigen-) Verantwortung gefragt. Wichtig ist, dass die Work-Life-Balance letztendlich ausgewogen ist, nur dann sind beide Seiten zufrieden und auch langfristig miteinander erfolgreich.

Etwas Persönliches: Was macht Ihnen Spaß an Ihrer Aufgabe? Wofür zahlt es sich aus sich einzusetzen?
Rainer Ostermann: Ich bin ein leidenschaftlicher Mensch, der Herausforderungen und Teamgeist schätzt – beruflich und privat. Darum zählen das Segeln und ein Oldtimer-Sportwagen zu meinen Hobbys. Erfolgreich ist man da nur als Team. Neben meiner Funktion als Geschäftsführer von Festo Österreich leite ich auch die „Business Development Group“ zum Thema elektrische Automatisierung in unserem Cluster der DACH-Region – auch das klappt nur als Team und es macht mir extrem viel Spaß. Ein echtes Zukunftsthema, mit tollen Wachstumschancen, denn die Elektrik holt rasant auf und bietet viele spannende Möglichkeiten. Die Lösungen sind also da – unsere Aufgabe ist es, sie den Kunden näher zu bringen, neugierig zu machen und mit unserer Begeisterung anzustecken. Das spornt mich an.

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