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Online-gestützte Anpassung von Werkzeugen

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Mit dem Online-Tool "Tailor Made" von Sandvik Coromant können Anwender Werkzeuge nach ihren eigenen Fertigungsanforderungen spezifizieren.

Wenn sich Fertigungsunternehmen von der Masse abheben wollen, um hinsichtlich einer unvorhersehbaren Zukunft neue Kunden und Märkte zu erschließen, sehen sie sich zum Beispiel mit bis dahin unbekannten Bauteilen und/oder schwer zerspanenden Werkstoffen konfrontiert. Sandvik Coromant erklärt, warum kundenspezifischen Werkzeugen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen eine Schlüsselrolle zukommt. Und: Die Online-gestützte Anpassung von Werkzeugen hilft Fertigungsunternehmen, die Herausforderungen einer vielfältigen Produktionswelt zu meistern.

Die kundenspezifische Fertigung, also der Entwurf, die Konstruktion und die Produktion von Bauteilen nach kundenindividuellen Spezifikationen, stellt Industrieunternehmen vor ganz andere Herausforderungen als die Großserienfertigung, bei der Tausende oder Millionen von Produkten zu möglichst niedrigen Stückkosten hergestellt werden. Bei Letzterem ermöglichen hochgradig standardisierte Konstruktions- und Produktionsverfahren, Bauteile zu akzeptablen Preisen zu produzieren, mit einer kleinen Gewinnspanne pro Einheit, die sich über den gesamten Fertigungsablauf vervielfacht.

Bei der Herstellung von Build-to-Order-Bauteilen oder Kleinserien müssen hingegen die eingesetzten Werkzeuge und die Schnittdaten spezifisch angepasst werden, um Qualität und Produktivität zu gewährleisten – für einen akzeptablen Preis auch bei der erstmaligen Bauteilfertigung sollte dies schnell umgesetzt werden. Zähe Werkstoffe wie gehärtete und unlegierte Stähle oder hitzebeständige Superlegierungen (HRSA) bergen häufig weitere Herausforderungen.

Neue Geschäftschancen mit maßgefertigten Werkzeuglösungen

All das ist selbst für Fertigungsunternehmen, die es gewohnt sind, täglich eine Vielzahl kundenspezifischer Bauteile aus verschiedenen zähen Materialien herzustellen, herausfordernd. Doch vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und ihrer Auswirkungen gewinnt die kundenspezifische Fertigung auch für viele andere Unternehmen an Bedeutung – denn sie bietet Chancen, neue Kunden und Einnahmequellen zu erschließen sowie neue Produkte zu entwickeln.

Diversifikation ist der Schlüssel

Eine kürzliche veröffentlichte Studie des britischen Industrieverbandes Make UK prognostiziert, dass es bis 2022 dauern wird, bis die Industrieproduktion im Vereinigten Königreich wieder das Niveau von vor der Corona-Pandemie erreicht – und allein in diesem Jahr kostet das möglicherweise 35,7 Milliarden Pfund an Bruttowertschöpfung. Der Bericht untersuchte auch die weltweit wichtigsten Industrienationen, darunter die USA und Deutschland. Die Ergebnisse machen deutlich, dass Fertigungsunternehmen ihren Kundenstamm diversifizieren müssen, um Wachstum zu fördern, die Nachfrage aufrechtzuerhalten und übermäßige Abhängigkeiten von bestimmten Märkten oder Kunden zu vermeiden.

Individualität ist gefragt

Somit setzten Fertigungsunternehmen, die sich in der Vergangenheit auf bestimmte Bearbeitungen spezialisiert hatten, immer häufiger ihre CNC-Dreh- und -Fräsmaschinen für die Zerspanung von einer Vielzahl von zähen und anspruchsvollen Werkstoffe ein – mit minimierten Übergängen zwischen den einzelnen Losgrößen. Dies geht mit neuen Bauteilen, Werkzeuggeometrien und Spezifikationen ein, weshalb abgestimmte, in Echtzeit anpassbare Steuerungs- und Datensysteme erforderlich sind. Des Weiteren sollten für eine hohe Produktqualität maßgefertigte Werkzeuglösungen in Betracht gezogen werden, da Standardwerkzeuge nicht immer die besten Ergebnisse liefern.

Warum kundenspezifische Werkzeuge?

Dass Werkzeuganpassungen eine wichtige Rolle spielen, kann am Beispiel eines Vollhartmetallbohrwerkzeugs deutlich gemacht werden. Für Sandvik Coromant ist das Design eines Bohrers entscheidend – die Spankanalgeometrie, der Werkzeugkern, die Schneidkanten und die Fasen eines Bohrers wirken sich maßgeblich auf Bohrungsqualität, Produktivität und Werkzeugverschleiß aus und beeinflussen, welche Schnittkräfte und Drehmomente auf den Bohrer wirken.

Deshalb legt Sandvik Coromant größten Wert auf Vollhartmetallbohrer mit verbesserten und angepassten Designs. Diese überzeugen mit optimierten Spitzen- und Spankanalgeometrien, einer gesteigerten Kernfestigkeit, verstärkten Schneidenecken sowie Kantenpräparation zur Stabilisierung der Schneidkanten und einer doppelten Führungsfase zur Verbesserung der Prozessstabilität.

Der Bohrer für Maschinenbau, Luftfahrt und auch Automobilproduktion

Ein Beispiel hierfür ist der CoroDrill® 860-GM. Ausgelegt für alle Anwendungen, bei denen es auf hohe Produktivität und Bohrungsqualität ankommt. Der Vollhartmetallbohrer wird vor allem im Maschinenbau und in der Mischproduktion eingesetzt, aber auch in der Luft- und Raumfahrt, in der Öl- und Gasindustrie und im Bereich erneuerbare Energien.

In der Automobilproduktion hat sich der CoroDrill® 860-GM dank seines optimierten Designs ebenfalls bewährt, unter anderem bei der Bohrbearbeitung von Motorblöcken, Gehäusen, Flanschen und Krümmern. Ein koreanischer Automobilhersteller setzt ihn zur Herstellung von Durchgangsbohrungen in Getriebeanschlussstücken ein. Welche überlegene Leistung der CoroDrill 860-GM dabei erbringt, zeigt der Vergleich mit einem Wettbewerber: Der Bohrer eines Wettbewerbers produziert mit einer Schnittgeschwindigkeit von 80 m/min (3.102 U/min) und einem Vorschub von 381 mm/min 200 Bauteile beziehungsweise 1.600 Bohrungen. Der CoroDrill 860-GM produziert hingegen 2.300 Komponenten (18.400 Bohrungen) mit einer Schnittgeschwindigkeit von 100 m/min (3.878 U/min) und einem Vorschub von 814 mm/min. Im Ergebnis bietet er eine um 1.150 Prozent höhere Werkzeugstandzeit, was unterstreicht, wie wichtig die richtige Kombination aus Bohrerdesign und Schnittdaten für eine optimale Leistung ist.

Innovative Online-Tools für kundenspezifische Fertigung

Was aber ist, wenn Fertigungsunternehmen Leistungen benötigt, die mit den standardmäßig verfügbaren Werkzeugen nicht erreicht werden können? Etwa wenn ein kürzerer Bohrer oder ein anderer Durchmesser bessere Resultate bringen könnte? In diesen Fällen können Sonderwerkzeuge helfen, die mithilfe von Sandvik Coromants Online-Tool „Tailor Made“ erstellt werden. Hier werden Standardwerkzeuge an kundenspezifische Anforderungen angepasst oder ein von Grund auf neues Werkzeug entwickelt.

Der CoroDrill® 860 mit -GM-Geometrie ist für alle Anwendungen konzipiert, bei denen es auf eine hohe Produktivität und Bohrungsqualität ankommt.

Anwender geben dazu die gewünschten Abmessungen und Konfigurationen direkt in die Software ein, beispielweise für die Anpassung eines bereits vorhandenen Bohrers vom Typ CoroDrill 860®-GM. Sind zum Beispiel ein Durchmesser von 18 mm, eine Bohrerlänge von 36 mm und ein Weldon-Schaft gewünscht, können diese Parameter hinzugefügt werden. Die Software ist auch in der Lage, dazu Parameter wie die optimale Bohrerlänge zu empfehlen.

Auf diese Weise hilft das Online-Tool, wertvolle Zeit zu sparen, da der Anwender nicht lange auf ein Angebot warten muss. Stattdessen kann er rund um die Uhr auf „Tailor Made“ zugreifen. Dieser Vorteil zahlt sich besonders aus, wenn sich Unternehmen schnell auf neue Aufträge für Build-to-Order-Bauteile oder Einzelanfertigungen einstellen müssen, ohne dass es zu Qualitätseinbußen kommt.

Die beste Lösung ist nur einen Klick entfernt

Die wichtigsten Vorteile der kundenspezifischen Werkzeugkonstruktion mit „Tailor Made“ zeigen sich im Zerspanungsprozess und in der Leistungsfähigkeit. Das belegt ein weiteres Beispiel: Ein Fertigungsunternehmen verwendete zwei Werkzeuge für die Herstellung der Bohrung und der Senkbohrung für einen M10-Feingewindebolzen. Die hergestellten Komponenten hatten 45 Bohrungen, in einigen Fällen sogar bis zu 90. Die Standardlösung, ein Stufenbohrer mit kombinierter Bohr- und Senkbohrfunktion, hatte sich aufgrund der Werkzeuggeometrie als ungeeignet erwiesen.

Transparenz bei Preis und Lieferzeit

Mithilfe von „Tailor Made“ konnte der Kunde online ein neues Werkzeug entwerfen. Innerhalb weniger Minuten erzeugte die Software eine 2D-DXF-Datei sowie ein 3D-Animation. Zugleich erhielt der Kunde Informationen zum Preis, zur Lieferzeit sowie zu erforderlichen geringfügigen Änderungen an der Werkzeuggeometrie. Innerhalb kürzester Zeit konnte er einen neuen Entwurf eingeben und erhielt umgehen aktualisierte Modelldaten und Zeichnungen. Wenige Wochen später wurde das neue Werkzeug bereits in sein Fertigungsverfahren implementiert. Und:  Der Kunde konnte mit dem Online-Tool seine Zykluszeit um 10 Prozent reduzieren.

Chancen von Differenzierung und Diversifizierung nutzen

Neben „Tailor Made“ stellt Sandvik Coromant seinen Kunden weitere Online-Anwendungen zur Optimierung des Werkzeugeinsatzes bereit, zum Beispiel den „CoroPlus® Tool Guide“, mit dem sich das richtige Werkzeug ausgewählen und/oder die optimalen Schnittdaten unkompliziert berechnen lassen.

„Tailor Made“ und der „CoroPlus® Tool Guide“ decken alle Produktbereiche der Metallbearbeitung ab: Drehen und Fräsen ebenso wie Bohren. Davon profitieren Kunden gleich doppelt: Zum einen können sie sich schneller auf die Fertigung neuer Bauteile einstellen und zum anderen erleichtern es die Online-Tools, die  praktischen Herausforderungen bei der Diversifizierung zu meistern, also wenn CNC-Maschinen von einem Tag auf den anderen mit einer größeren Vielfalt an herausfordernden Werkstoffen oder Daten arbeiten müssen. Somit wird mit Online-Tools wie „Tailor Made“ Differenzierung und Diversifizierung mittels kundenspezifischer Fertigung zu einer Möglichkeit, neue Chancen zu nutzen.

 

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