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O-Ringe: Effiziente Dichtungen für Industrie und Alltag

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„O-Ringe wirken unscheinbar, doch ihre Rolle bei der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit verschiedener mechanischer Systeme in der Industrie und im Alltag ist unverzichtbar.“ Franz Jodlbauer, Techniker in der Dichtungstechnik bei Hennlich

Auf den ersten Blick mögen sie unscheinbar wirken, dennoch spielen O-Ringe eine unverzichtbare Rolle bei der Aufrechterhaltung der Integrität und Funktionsfähigkeit verschiedener mechanischer Systeme. Von Industriemaschinen bis hin zu Alltagsgeräten sorgen diese Dichtungen für einen reibungslosen Betrieb.

O-Ringe sind Präzisionsdichtungen mit einem kreisförmigen Querschnitt. Sie werden in endlosen Formen hergestellt und finden hauptsächlich als statische Dichtung in der Hydraulik und Pneumatik Verwendung. Die Dimensionen dieser Ringe werden durch die Angabe des „Innendurchmesser x Schnurstärke“ festgelegt. Sie zeichnen sich durch eine kostengünstige Herstellung aus und ermöglichen eine einfache, platzsparende Konstruktion. Durch ihren symmetrischen Querschnitt eignen sie sich sowohl für einseitig als auch beidseitig druckbeaufschlagte Dichtungsanwendungen.

Verformung für eine effektive Abdichtung.

O-Ringe agieren als eigenständige Dichtungen, die ihre Dichtwirkung durch die Verformung ihres kreisförmigen Profils erreichen. Dieser Verformungsgrad wird maßgeblich von der Nuttiefe „S“ bestimmt, also der Tiefe der Nut, in die der O-Ring eingesetzt wird. Die resultierenden Anpresskräfte, die wir auch als „Verpressung“ oder „Vorspannung“ bezeichnen, erfahren eine zusätzliche Überlagerung durch den Systemdruck. Mit steigendem Betriebsdruck erhöht sich somit die auf den O-Ring ausgeübte Gesamt-Dichtpressung. Es ist zu beachten, dass O-Ringe einer bleibenden Verformung unterliegen. Diese Verformung wird auch als Druckrückverformungsrest oder Compression Set bezeichnet. Sie ist von verschiedenen Faktoren abhängig, darunter die Größe des O-Rings, Dauer der Kompression, der Betriebsdruck, die Temperatur sowie die Härte des O-Ring-Compounds. Generell gilt, dass bei O-Ringen mit einer höheren Härte eine größere bleibende Verformung auftreten kann.

Funktionsweise und Verpressung von O-Ringen
Funktionsweise und Verpressung von O-Ringen

Vermeidung von Spaltextrusion.

Durch Druck wird der O-Ring an die druckabgewandte Nutflanke gepresst. Um zu vermeiden, dass der O-Ring dabei in den Dichtspalt (F) gedrückt wird, soll dieser möglichst klein gehalten werden. Besonders bei erhöhten und pulsierenden Systemdrücken besteht die potenzielle Gefahr der „Spaltextrusion“. Diese Extrusion kann dazu führen, dass die Dichtung rasch beschädigt wird. Daher spielt die Einhaltung des maximalen Dichtspalts eine entscheidende Rolle bei der Vorbeugung möglicher Probleme. Um die Gefahr der Spaltextrusion weiter zu minimieren, kann auf ein härteres O-Ring-Material zurückgegriffen werden. Noch wirkungsvoller ist jedoch die Anwendung von O-Ringen mit einer Härte von circa 70 Shore A, kombiniert mit Stützringen.

Dichtspalt/Spaltextrusion von O-Ringen
Dichtspalt/Spaltextrusion von O-Ringen

Detailkonstruktion der Aufnahmenuten.

Die Aufnahmenuten für O-Ringe sollen mit rechtwinkelig eingestochenen Nutflanken ausgeführt werden. Es ist jedoch gestattet, eine schräge Flanke von bis zu 5 Grad zuzulassen. Eine wesentliche Anforderung besteht darin, sicherzustellen, dass der Mediumdruck ungehindert über das gesamte Profil „S“ wirken kann. Daher ist es von großer Wichtigkeit, die Nutlängen „L1“ und den druckseitigen Spalt groß genug zu wählen. Das Nutvolumen soll aufgrund der größeren Wärmedehnung des O-Ring-Werkstoffes gegenüber Metall, sowie eventuell möglicher Quellung um ca. 25 % größer als das Volumen des O-Rings sein.

Darstellung einer Nut-Detailkonstruktion
Darstellung einer Nut-Detailkonstruktion

 

Um eine reibungslose Montage der Metallteile sicherzustellen und ein Einklemmen der O-Ringe zu vermeiden, sollten die Werte für die Einbauschrägen keinesfalls unterschritten werden. Dies gewährleistet die richtige Positionierung und Funktion der O-Ringe in der Nut.

Trapezförmige O-Ring-Nuten.

O-Ring-Nuten werden dann trapezförmig gestaltet, wenn Dichtstellen, wie bei Wechselschiebern, häufig funktionsbedingt geöffnet werden müssen und der O-Ring sicher in der Nut gehalten werden soll. Die O-Ring-Größe ist so zu wählen, dass der O-Ring-Innendurchmesser „di“ in etwa dem mittleren Nutdurchmesser „dm“ minus der Schnurstärke „ds“ entspricht.

Ausführung Sonderform „Trapeznut“ an Beispiel einer Deckeldichtung
Ausführung Sonderform „Trapeznut“ an Beispiel einer Deckeldichtung

Die Wahl des richtigen O-Rings.

Bei der Auswahl der passenden O-Ring-Abmessung ist es ratsam, stets die Variante mit der größtmöglichen Schnurstärke zu wählen. Dies bietet eine Reihe von Vorteilen im Vergleich zu dünneren Schnurstärken:

  • Verbesserte Dichtheit durch längere Anlageflächen.
  • Geringere Verformung
  • Höhere Lebensdauer
  • Besserer Ausgleich der Herstellungstoleranzen der metallenen Bauteile.

Die Auswahl des Werkstoffs und seiner Härte hängt im Wesentlichen von folgenden Faktoren ab:  Das zu fördernde Medium und seine chemischen Anforderungen sind ebenso zu berücksichtigen wie die maximale und minimale Betriebstemperatur. Darüber hinaus spielen der Druck, dem das Dichtungssystem ausgesetzt ist und die Größe des Dichtspalts eine Rolle. Es stehen eine Vielzahl von Werkstoffen zur Verfügung, darunter NBR, H-NBR, FPM, EPDM, Silikon sowie spezielle Sonderwerkstoffe wie Fluor-Silikon, Polyurethan, FFKM-Perfluor-Elastomere. Nahtlos FEP-ummantelte Varianten können für spezielle Problemstellungen genutzt werden.

Letztendlich kann man die Verwendung von O-Ringen als Dichtungselement mit der Musik vergleichen, da es darum geht, die richtigen Elemente harmonisch zusammenzufügen. Die passenden O-Ring-Komponenten geschickt zu kombinieren ist wie die richtige Anordnung von Noten, welche entscheidend für den Klang sind. In der Dichtungstechnik hängt die effiziente Funktion des O-Ring-Dichtsystems von der präzisen Auswahl und Abstimmung der verschiedenen Komponenten ab.

www.hennlich.at

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