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ACE Stoßdämpfer bietet Extrameile für Lebensqualität

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Stil B.V. hat sich mit der ACE Stoßdämpfer GmbH aus Deutschland für die Entwicklung einer besonderen Anti-Tremor-Orthese zusammengetan.

Weltweit leiden über 30 Millionen Menschen unter unwillkürlichem Zittern in den Armen als Folge der Parkinson-Krankheit oder des essentiellen Tremors. Diesen Menschen zu helfen, ist die Mission der Stil B.V. Das innovative niederländische Start-up-Unternehmen hat sich mit der ACE Stoßdämpfer GmbH aus Deutschland für die Entwicklung einer besonderen Anti-Tremor-Orthese zusammengetan.

Tremor ist definiert als eine rhythmische, unwillkürliche oszillierende Bewegung eines Körperteils. Obwohl jeder Mensch von Zeit zu Zeit zittert, zum Beispiel bei Nervosität, beeinträchtigt dieses leichte Zittern alltägliche Aktivitäten nicht. Jedoch führen andere Pathologien zu einem behindernden Tremor. So ist der essentielle Tremor die häufigste neurologische Bewegungsstörung und betrifft weltweit über 5,8 % der Bevölkerung über 65 Jahre. Es wird geschätzt, dass über 10 Millionen Menschen auf der Erde an der Parkinson-Krankheit leiden. Beide Störungen können zu großen Schwierigkeiten bei der Durchführung von Aktivitäten des täglichen Lebens wie Essen und Trinken führen. Obwohl Tremor manchmal durch Pharmakotherapie oder Operation behandelt werden kann, weisen diese Behandlungen Nachteile auf. Medikamente bewirken bei ungefähr der Hälfte der Tremor-Population eine begrenzte Tremor-Reduktion. Eine Operation kann für bestimmte Personen ein gefährliches Verfahren sein, wobei die Wirksamkeit einer solchen Behandlung zudem wahrscheinlich im Laufe der Jahre abnimmt. In diesem Zusammenhang können Behandlungen, die das Zittern durch die Modifikation der Biomechanik der Gliedmaßen wirkungsvoll adressieren, eine sinnvolle Alternativlösung darstellen. Diesen Ansatz verfolgt Stil mit der neuartigen Orthese zur Zitterstabilisierung.

Ein Geistesblitz.

IJsbrand de Lange, CEO und Gründer von Stil, kam erstmals 2014 auf die Idee einer biomechanischen Hilfe, als er ein Werbevideo der Michael J. Fox Foundation über Menschen mit der Parkinson-Krankheit sah. Er erzählt: „Seinerzeit sah ich als Maschinenbau-Bachelor das Problem aus technischer Perspektive. Wenn eine Maschine unwillkürlich vibriert, lassen sich aktive oder passive Dämpfungstechniken anwenden und Probleme lösen. Warum sollte das bei einer Person nicht funktionieren, dachte ich. Die Idee blieb mir im Kopf, und während ich in Deutschland ein Praktikum im Bionic Learning Network von Festo machte, hatte ich einen Geistesblitz, den ich für mein Abschlussprojekt ausarbeiten wollte.“ So baute er für die Masterarbeit an der Technischen Universität Delft ein Proof-of-Principle-Experimentalgerät, das Erschütterungen replizieren und unterdrücken konnte. Obwohl dieses Gerät damals noch in den Kinderschuhen steckte, bewies es, dass mechanische Kräfte effektiv zur Unterdrückung von Zittern eingesetzt werden können. Auf dieser Grundlage wurde Stil im Jahr 2017 gegründet.

Kontinuierliche Weiterentwicklung.

Nach jahrelanger Forschung entwickelte das Team in Zusammenarbeit mit Patienten und Ärzten eine tragbare Lösung, die das Zittern unterdrückt, die Stil-Orthese. Dieses Medizinprodukt leitet über eine kinematische Struktur mit mehreren künstlichen Gelenken biomechanische Kräfte von der Hand auf den Oberarm um. Zuerst ermöglicht dieses patentierte Design die volle Bewegungsfreiheit des Arms. Zudem sind in jedem der Gelenke spezielle Dämpfer integriert, die der hochfrequenten Oszillationsbewegung des Tremors entgegenwirken, aber beabsichtigte Bewegungen zulassen. Diese Kombination macht die Stil-Orthese weltweit einzigartig und ermöglicht Tremorpatienten wieder selbstständiges Essen und Trinken.

Maßgeschneiderte Dämpfung.

In der Folge wurden auf technischer Seite mehrere Generationen von Anti-Tremor-Orthesen entwickelt, die in Fachkreisen Aufmerksamkeit erregten und Preis absahnten. IJsbrand de Lange, Nicola Pambakian, Chief Technology Officer von Stil, und ihr Team verbesserten dabei kontinuierlich die Konstruktion ihrer Erfindung und entwickelten ihre eigenen Komponenten, teilweise mit Hilfe von CAD und 3D-Druckern, teilweise durch Beschaffung verfügbarer Standard-Maschinenelemente. Letzteres war der Fall bei der Identifizierung der richtigen Komponente, die in die Orthese integriert werden musste, um bei der Dämpfung und Steuerung von Hand- und Handgelenksbewegungen zu helfen. Stil versuchte zunächst, handelsübliche Rotationsbremsen zu verwenden, stellte jedoch schnell fest, dass diese Komponenten für ihren Anwendungsfall nicht geeignet waren.

Die Extrameile gehen.

Während ihrer Online-Recherche identifizierte Stil die ACE Stoßdämpfer GmbH als möglichen Kooperationskandidaten. Das zu Stabilus, einem der weltweit führenden Anbieter von Motion-Control-Lösungen, gehörende Unternehmen aus Langenfeld in Deutschland bietet neben einer Vielzahl von Standardprodukten zur Dämpfung und zur Kontrolle von Stößen und Schwingungen auch kundenspezifisches Engineering an. ACE-Experte Han Titulaer wurde vor Ort eine immer wichtigere erste Anlaufstelle für professionelle Beratung und Produktmuster. „Als wir die Anforderungen von Stil in Bezug auf Dämpfungseigenschaften, Dimensionierung, aber auch Lebensdauer sahen, gab es auf dem Markt noch keine passenden Dämpfungslösungen“, erklärt Han Titulaer, „und es wurde noch schwieriger, wenn man bedenkt, dass diese in ein Gerät integriert werden, das Patienten jeden Tag tragen.“ Stil hatte die Bedürfnisse der Patienten und die entsprechende Leistung der Dämpfer genau vor Augen, aber nicht die Ressourcen, um das optimal passende physische Produkt zu erzeugen. Daher fragten die Ingenieure von Stil bei Han Titulaer und dem wachsenden Projektteam von ACE Stoßdämfer unter der Leitung von Geschäftsführer Dr. Peter Kremer und Produktmanager Heiner Tapken nach, ob es möglich wäre, gemeinsam einen revolutionären neuen Dämpfer für ihr Medizinprodukt zu entwickeln. ACE Stoßdämpfer erklärte sich bereit, diese Herausforderung anzunehmen.

Man begann damit die Benutzer- und technischen Anforderungen, wie etwa das gewünschte Frequenzverhalten und die axialen Belastungskräfte zu definieren. Darüber hinaus ist für diese spezielle Anwendung Spielfreiheit zulässig. Andernfalls würde die zitternde Bewegung vom Dämpfer nicht richtig aufgenommen und stattdessen im Spiel verloren gehen. Ein solches Merkmal wird bei handelsüblichen Komponenten fast nie erreicht. Und nicht zuletzt muss das Produkt eine signifikant höhere Lebensdauer als eine herkömmliche Rotationsbremse haben.

Nach der Entwicklung der neuen Rotationsbremsen erfolgten zunächst technische Überprüfungen von ACE Stoßdämpfer, bevor die Validierung von Stil mit Patienten durchgeführt werden konnte. Alles in allem wurden im Zuge der iterativen Zusammenarbeit drei Generationen von Rotationsbremsen entwickelt, bis das Team die Ideallösung erreichte. „Es war sehr aufregend für ACE, Teil dieses fantastischen Projekts zu sein. Das junge Team um IJsbrand und Nicola hat ein sehr innovatives Produkt entwickelt, das vielen Menschen im Alltag helfen wird. Wir sind sehr glücklich und stolz, dass wir Stil die gesuchte Dämpfungslösung liefern konnten und wünschen dem Unternehmen weltweit viel Erfolg“, so Dr. Peter Kremer und Heiner Tapken.

Autor: Robert Timmerberg M. A., Fachjournalist, plus2 GmbH

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