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TU Wien zeigt wie Treibhausgas zum Mehrwertprodukt wird

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Wie die Umwandlung von CO2 in Synthesegas sogar bei Raumtemperatur und Umgebungsdruck funktioniert, zeigen Forschende der TU Wien. Bild: Dogukan Apaydin / TU Wien

Wandelt man CO2 in Synthesegas um, erhält man einen wertvollen Ausgangsstoff für die chemische Industrie. Wie dies sogar bei Raumtemperatur und Umgebungsdruck funktioniert, zeigen Forschende der TU Wien.

Wer an CO2 denkt, dem kommen vermutlich schnell Begriffe wie klimaschädlich oder Abfallprodukt in den Sinn. Während CO2 das lange war – ein reines Abfallprodukt – werden immer mehr Verfahren entwickelt, mit denen sich das Treibhausgas in wertvolle Rohstoffe umwandeln lässt. Die Chemie spricht dann von „value-added chemicals“. Ein neues Material, mit dem dies möglich ist, wurde an der TU Wien entwickelt und kürzlich in der Fachzeitschrift „Communications Chemistry“ vorgestellt.

Die Forschungsgruppe um Dominik Eder entwickelte ein neues Material mit dem die Umwandlung von CO2 erleichtert wird. Dabei handelt es sich MOCHAs – das sind metallorganische Chalkogenolat-Verbindungen, die als Katalysatoren dienen. Das Ergebnis der elektrochemischen Umwandlung ist Synthesegas, kurz Syngas, das einen wichtigen Rohstoff für die chemische Industrie darstellt.

CO2 wird zu Synthesegas

Syngas ist ein Gemisch aus Kohlenmonoxid (CO), Wasserstoff (H2) sowie weiteren Gasen und wird als Grundstoff für andere Stoffe verwendet. Eines der wichtigsten Anwendungsfelder ist die Düngemittelproduktion, bei der aus Synthesegas Ammoniak hergestellt wird. Es kann aber auch für die Produktion von Kraftstoffen wie Diesel oder für die Herstellung von Methanol verwendet werden, welches Einsatz in Brennstoffzellen findet. Da die Gewinnung von CO2 aus der Atmosphäre recht energieaufwändig ist, bietet es sich an, CO2 aus Industrieanlagen zu entnehmen. Von dort kann es folglich als Ausgangsmaterial für diverse Chemikalien dienen.

Bisherige Methoden erfordern jedoch hohe Temperaturen und Druck sowie teure Katalysatoren. Daher suchten die Wiener Forscher_innen nach Katalysatoren, mit denen sich auch bei niedrigen Temperaturen und Umgebungsdruck Syngas herstellen lässt. „MOCHAs funktionieren anders als die bislang verwendeten Katalysatoren: Anstelle von Wärme wird Strom zugeführt, um den Katalysator zu aktivieren und die Umwandlung von CO2 in Synthesegas anzustoßen“, erklärt Junior Group Leader Dogukan Apaydin, der in der Forschungsgruppe federführend an Methoden der CO2-Umwandlung forscht.

MOCHAs als Problemlöser

MOCHAs bilden eine Materialklasse die vor knapp 20 Jahren entwickelt wurden, bislang jedoch keine Anwendung gefunden haben. An Bekanntheit gewannen die organisch-anorganischen Hybridmaterialien daher erst in den letzten Jahren. Die TU-Forschenden erkannten das Potenzial von MOCHAs als Katalysatoren und führten damit erstmals Experimente durch. Sie standen jedoch vor einigen Problemen: Denn bisherige Synthese-Methoden ergaben nur geringe Produktmengen und benötigten viel Zeit. „Mithilfe unserer Synthesemethode gelang es uns, die Produktmenge deutlich zu erhöhen und die Dauer von 72 auf fünf Stunden zu verkürzen“, erklärt Apaydin das neuartige Herstellungsverfahren für MOCHAs.

Erste Tests zeigten, dass die katalytische Leistung von MOCHAs bei der Herstellung von Synthesegas aus CO2 vergleichbar ist mit den bisher etablierten Katalysatoren. Darüber hinaus benötigen sie viel weniger Energie, da die gesamte Reaktion bei Raumtemperatur durchgeführt werden kann. Außerdem erweisen sich MOCHAs als äußerst stabil. Sie lassen sich in verschiedenen Lösungsmitteln, bei verschiedenen Temperaturen oder unter verschiedenen pH-Bedingungen einsetzen und behalten ihre Form auch nach der Katalyse bei.

Dennoch gibt es einige Parameter, an denen das Team rund um Dogukan Apaydin und der Doktorandin Hannah Rabl weiterhin forscht. Verwendet man die gleichen Elektroden mehrmals, um Energie in Form von Strom zuzuführen, zeigt sich ein leichter Rückgang der Leistung. Wie die Verbindung zwischen MOCHAs und Elektroden weiter verbessert werden kann, um diesem Leistungsrückgang vorzubeugen, wird nun in Langzeitexperimenten erforscht. „Noch befinden wir uns in einem frühen Stadium der Anwendung“, gibt Dogukan Apaydin zu bedenken. „Ich vergleiche dies gerne mit Solaranlagen, die vor 30 Jahren deutlich aufwändiger und teurer in der Herstellung waren als heute. Mit der passenden Infrastruktur und politischem Willen können aber auch MOCHAs künftig einen breiten Einsatz bei der Umwandlung von CO2 in Synthesegas finden und so ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten“, ist sich Apaydin sicher.

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