Update MM Maschinenmarkt

Das Technische Museum Wien mit Jubiläumsschau „Women at Work“

zur Übersicht
Mit der erstmaligen Errichtung eines „Frauenpavillons“, in dem Frauenarbeiten präsentiert wurden, schrieb die Wiener Weltausstellung 1873 Geschichte. Jetzt widmet das Technische Museum Wien zum 150. Jubiläum dem Thema eine Sonderschau.

Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der Wiener Weltausstellung beleuchtet das Technische Museum Wien einen bisher wenig beachteten Aspekt des historischen Großereignisses: den „Frauenpavillon“, der erstmals die weibliche Arbeitswelt thematisierte. Die Schau ist noch bis 2. Juli 2023 zu sehen und wird von einer umfangreichen Online-Ausstellung mit hochaufgelösten Digitalisaten der Originaldokumente begleitet, die dauerhaft abrufbar sein wird.

Mit der erstmaligen Errichtung eines „Frauenpavillons“, in dem Frauenarbeiten präsentiert wurden, schrieb die Wiener Weltausstellung 1873 Geschichte. Der damals völlig neue Ausstellungstyp fand fortan internationale Nachahmung und leistete Pionierarbeit im Sichtbarmachen der weiblichen Arbeitswelt. Diese Tradition hält sich bis heute — zuletzt auf der Expo 2020 in Dubai, demnächst in Osaka 2025. Den roten Faden von 1873 bis in die Gegenwart bildet der Ruf nach Gleichstellung von Mädchen und Frauen in Bildung, Arbeit und Familie.

Die Jubiläumsschau „Women at Work – 150 Jahre Frauenpavillon der Wiener Weltausstellung“ im Technischen Museum Wien wurde am 2. Mai 2023 gemeinsam mit Susanne Raab, Bundesministerin für Frauen, Integration, Familie und Jugend im Bundeskanzleramt, TMW-Generaldirektor Peter Aufreiter, Ursula Plassnik, Österreichische Regierungskommissärin für die EXPO 2025 Osaka und der Kuratorischen Leitung Martina Griesser-Stermscheg feierlich eröffnet.

Erster Frauenpavillon 1873: Frauenarbeiten vor und hinter dem Vorhang

Zur Durchführung der Ausstellung im „Pavillon für Frauen-Arbeiten“ formierte sich in Wien 1872 eine „leitende Central-Commission“. Sie setzte sich aus 20 Männern und 32 Frauen aus Adelskreisen und dem liberalen Bildungsbürgertum zusammen. Viele der beteiligten Frauen engagierten sich ehrenamtlich im Wiener Frauen-Erwerb-Verein und waren Vorkämpferinnen für das Recht auf Ausbildung und Berufsvorbildung für Frauen.
Der Ausstellungsbereich „Nationale Hausindustrie“ überraschte vielleicht weniger – zeigte er doch traditionell weiblich konnotierte (textile) Handarbeiten. Die konzeptionelle Entscheidung zum Bereich „Frauen-Arbeit in der Grossindustrie“ jedoch war aufsehenerregend, denn zum ersten Mal wurden auch weibliche Erwerbsarten in den unterbürgerlichen Schichten thematisiert. Für die Mehrheit der bürgerlichen BesucherInnen war Frauenarbeit in der Industrie damals etwas völlig Unbekanntes und so erfuhren sie erstmals mehr über den Alltag von Arbeiterinnen in unterschiedlichsten Produktionszweigen wie Landwirtschaft, Leder-, Kautschuk-, Metall-, Holz-, Stein-, Glas- und Papierindustrie, Nahrungs- und Genussmittelerzeugung, chemische Industrie, Maschinenwesen, sowie Kommunikation und Bauwesen. So diente der Frauenpavillon auch der Vermittlung und Vernetzung innerhalb der Frauenschaft und förderte das Verständnis für die Arbeitsbedingungen und Bedürfnisse von Mädchen und Frauen aller Schichten.

Feministische Bewegung oder wirtschaftliche Notwendigkeit?

Die Vorbereitungszeit zur Wiener Weltausstellung stand im Zeichen von Wirtschaftswachstum und dem Erstarken liberaler Kräfte, das Jahr 1873 jedoch war von einem Börsenkrach, wirtschaftlicher Depression und steigender Arbeitslosigkeit geprägt. Vor diesem Hintergrund waren die Zielsetzungen des Frauenpavillons weniger feministisch, sondern vielmehr wirtschaftlich motiviert. Denn die meisten Frauen hatten damals keinen Zugang zu einer Schul- oder Fachausbildung und arbeiteten daher meist als schlecht bezahlte Arbeitskräfte unter katastrophalen Bedingungen in Fabriken. Der zunehmende Einsatz von weiblichen Arbeitskräften wurde von Industriellen begrüßt, waren doch die Lohnkosten erheblich geringer.
Durch die im Frauenpavillon gebotene Aufmerksamkeit und Plattform erfuhren aber auch die damals noch jungen Frauenbewegungen einen Aufschwung, insbesondere im Kampf um Chancengleichheit bei Bildung und Entlohnung. Dennoch: Die Forderung nach gleichberechtigen Arbeits- und Erwerbsmöglichkeiten – ob nun humanistisch oder wirtschaftlich begründet – hat leider nach wie vor wenig an Aktualität eingebüßt.

Nachhaltige Perspektiven verbinden Historie und Aktualität

Die hybride Jubiläumsausstellung des Technischen Museums Wien zeigt einzigartige Dokumente, die in dieser Form nur hier erhalten sind, und untersucht damit die Bedeutung und Auswirkungen des ersten Frauenpavillons auf der Wiener Weltausstellung 1873. Mit zahlreichen Originalobjekten, Archivalien, Fotos gewährt die Ausstellung Einblicke in die damalige Arbeits- und Lebensrealität von Frauen und beleuchtet die Aktivitäten und Initiativen rund um den Frauenpavillon und deren Folgen. Anhand von 1873 ausstellenden Unternehmen wird in einer filmischen Dokumentation der Filmwerkstatt außerdem den wirtschaftlichen und sozialen Kontinuitäten von Frauenarbeit nachgegangen. Gleichzeitig eröffnet eine multimediale Online-Ausstellung, die mit rund 1.000 Digitalisaten zur weiteren Vertiefung einlädt. Sie dient gleichermaßen als Online-Ausstellung sowie als Forschungsplattform und bleibt dauerhaft zugänglich.
Außerdem werden begleitend zur Sonderausstellung innovative Vermittlungsformate angeboten, die sich speziell an Mädchen und Frauen richten. Gefördert aus den Mitteln des Bundeskanzleramtes werden dabei einerseits stereotype Geschlechterrollen in der Berufswelt reflektiert und durchbrochen, andererseits auch spezielle Workshops angeboten, die zu einem offenen und lockeren Zugang zu MINT-Themen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ermuntern.

weitere aktuelle Meldungen

Verwandte Artikel