News MM Maschinenmarkt

Netstal schafft Stabilität

zur Übersicht
Stromunterbrechungen können teuer und zeitraubend sein. Netstal hat eine Lösung gefunden, um mit solchen Unterbrechungen umzugehen. Manuel Hausammann (li.), Control Systems Engineer und Stefan Kleinfeld, Product Manager, beide Netstal, waren von der unkomplizierten Zusammenarbeit mit Keba begeistert.

Netstal entwickelt, produziert und vertreibt Maschinen und Gesamtsysteme für die Spritzgussindustrie mit Schwerpunkten in den Bereichen Medizintechnik, Dünnwandverpackung sowie Verschlüsse und PET-Preforms für die Getränkeindustrie. Die Maschinen stehen auch in Regionen, in denen die Stabilität der Stromnetze nicht immer gegeben ist. Stromunterbrechungen können teuer und zeitraubend sein – daher fand Netstal eine Lösung, um in der PET-Herstellung kosten- und materialschonend mit solchen Unterbrechungen umzugehen.

 

Die Geschichte der PET-Flasche startete in den späten 1960er Jahren. Die internationale „Karriere“ der PET-Flasche begann, als Coca-Cola 1978 in den USA eine Zwei-Liter-Flasche einführte – damals noch ausgestattet mit einer Bodenschale die aus einem anderen Material hergestellt wurde.

Heutzutage werden jährlich etwa 1,5 Billionen Getränkebehälter unterschiedlicher Größen und aus unterschiedlichen Materialien hergestellt – ein Drittel davon (500 Milliarden Stück) sind Getränkebehälter aus PET. 80% davon werden für Wasser und Süßgetränke mit Kohlensäure hergestellt. Für genau diesen Markt hat Netstal eine neue Baureihe konzipiert und 2020 auf den Markt gebracht: die PET-Line – eine Anlage die übrigens besonders darauf ausgelegt wurde, uneingeschränkt recyceltes PET(rPET) verarbeiten zu können. PET-Behälter können zu 100% aus recyceltem PET gemacht werden (kein Neumaterial notwendig). Daher ist die Nachfrage nach recyceltem PET extrem groß – größer als das Angebot.

„Nach einem Rückgang während der Corona-Pandemie zieht der Markt jetzt wieder an – und es wird auch wieder in neue Anlagen investiert, die Auftragslage ist sehr gut“, erklärt Stefan Kleinfeld, Product Manager bei Netstal.

Die Netstal-Spritzgussmaschinen der neuesten Generation brauchen etwa 10-15% weniger Energie als Anlagen der Konkurrenz bei vergleichbaren Prozessen und Bedingungen. Nach nur wenigen Schulungstagen können die Netsal-Anlagen in Betrieb genommen werden. Der Grund dafür ist der Smart Operation-Ansatz: jede Anlage kann mit nur vier Bedienknöpfen gesteuert werden.

1981 brachte Schweizer Unternehmen sein erstes PET-System auf den Markt. vertreibt seine Spritzgussmaschinen für die PET-Industrie auch in Märkte und Regionen in denen die Stabilität des Stromnetzes nicht immer gegeben ist bzw. es zu Stromschwankungen kommen kann. Und das sind durchaus lukrative Märkte, wie Länder in Süd-Amerika, Süd-Ost Asien etc. – Tendenz steigend. Um auch in solchen Regionen bei z.B. einem Stromausfall kontrolliert produzieren zu können, machte sich Netstal auf die Suche nach einer Lösung. Das theoretische Modell entwickelten die Netstal-Ingenieure selbst, um die Umsetzung in die Praxis kümmerte sich Keba Industrial Automation GmbH.

Immer mehr Leistung vs. instabile Stromnetze.

Die neue PET-Line hat einen hohen Elektrifizierungsgrad. Manuel Hausammann, Control Systems Engineer bei Netstal erläutert: „Wir arbeiten mit einer Nennleistung von bis zu 240 kW – die Leistung und der Ausstoß haben über die Jahre im Spritzguss immer mehr zugenommen. Es gibt jedoch nach wie vor viele Regionen mit instabilen Stromnetzen. Diese Kombination ist besonders heikel. Stromausfälle bzw. Unterbrechungen kommen immer wieder vor, darauf muss man sich einstellen. Als Maschinenbauer kann man jedoch dafür sorgen, dass der Ausschuss und der Aufwand für das Wiederanfahren der Anlage minimal sind.“ Wenn eine Spritzgussanlage abrupt stehen bleibt, bedeutet das, dass der Zyklus nicht zu Ende gefahren werden kann. Der worst case: wenn die Unterbrechung während des Einspritzvorgangs auftritt, die Kavität aber noch nicht ganz mit Kunststoff gefüllt ist. Dann entstehen sogenannte „Short Shots“ – halb fertig gespritzte PET-Preforms. Diese müssen von Hand entfernt werden und dabei kann das Werkzeug kaputtgehen bzw. die Beschichtung beschädigt werden. Bis zu 144 Short Shots kann es bei einer Zyklusunterbrechung geben – der Produktionsausfall aufgrund von Reinigung und Wiederanfahren beträgt in diesem Fall zwischen zwei und drei Stunden.

Den Zyklus kontrolliert beenden.

Daher wurde eine Funktion entwickelt, um die Zeit zwischen Stromunterbrechung und dem Zyklusende zu überbrücken. Hausammann: „Das Ziel war, den jeweils aktuellen Zyklus ohne externe Energie kontrolliert zu beenden – in etwa wie, wenn man die Anlage bei Produktionsende herunterfährt.“

Reaktion innerhalb einer Millisekunde.

Die Lösung, die den Produktnamen Cycle Guard bekam, besteht im Wesentlichen aus zwei Komponenten: einem sehr schnellen elektrischen Energiespeicher für die kurze Zeit direkt nach dem Stromausfall und einem Hydraulikspeicher für die größere Energiemenge zum Entformen der Kunststoffteile und zum Stillsetzen der Anlage. Wenn die Netzversorgung ausfällt, wird die Energie, die in den Hydraulikspeichern gespeichert ist, abgerufen, um die Anlage weiter fahren zu können. Um diese Energie nutzbar zu machen, muss die Förderrichtung der Hydraulikpumpe umgestellt werden. Das dauert etwa 100 Millisekunden. Um diese Zeit zu überbrücken und die fehlende Energie bereitzustellen, wird das Energy Storage System des KeDrive D3 von Keba eingesetzt.

Der Netzausfall wird erkannt und innerhalb nur einer Millisekunde reagiert das elektrische Energiespeichersystem und ersetzt für 10 bis 20 msec die Einspeisung aus dem Netz mit einer Leistung von bis zu 300 kW. Gleichzeitig führen alle elektrischen Achsen einen Schnellhalt aus, dabei wird der Einspritzprozess nicht unterbrochen. Die Bremsenergie der Motoren wird durch den Energiespeicher aufgenommen und anschließend stabilisiert dieser den Zwischenkreis des Antriebssystems, bis die Hydraulikpumpe generatorisch arbeitet und Energie zur Verfügung stellt. Diese ersten 20 Millisekunden sind essentiell für die Funktion des Cycle Guards.

Die Herausforderung besteht darin, diese zwei Speichersysteme so aufeinander abzustimmen, dass der Netzausfall in jedem Störungsfall überbrückt und der Zyklus kontrolliert zu Ende gefahren wird. Diese Aufgabe übernimmt aXos 9, die Steuerung der Spritzgießmaschine. „Das System überwacht permanent die Stromversorgung und stellt im Notfall ausreichend Energie zur Verfügung um die Produktion kontrolliert zu beenden. Cycle Guard benötigt keine Batterien oder Akkus und ist daher besonders wartungsarm und kostengünstig im Betrieb“, weiß Wolfgang Kapp, Sales Manager Schweiz bei Keba. Cycle Guard ist eine Option bei Netstal und eine Investition die sich je nach Produkt bereits nach weniger als zehn überbrückten Stromausfällen rentiert. Momentan liefert Netstal etwa 40% der PET-Anlagen mit dieser Option aus.

Eine langjährige Partnerschaft auf Augenhöhe.

Netstal und Keba arbeiten seit über 14 Jahren zusammen. Hausammann: „Die Zusammenarbeit ist unkompliziert und effizient. Zu beinahe jeder Frage oder Anforderung gibt es eine Lösung. Aufgrund der sehr guten Zusammenarbeit mit KEBA bei der Einführung der neuen Achsregler-Generation und ihren umfassenden Vorkenntnissen im Bereich Energiespeicher setzten wir auch bei der Energiespeicher-Entwicklung auf Keba.“

Netstal plant mit Keba aktuell die Umstellung der Produktreihen Elion und Elios auf Keba-Antriebsmodule KeDrive D3. „Auch für zukünftige Projekte haben wir bereits Gespräche aufgenommen,“ so Hausammann.

weitere aktuelle Meldungen

 

Verwandte Artikel