Im Gespräch MM Maschinenmarkt

André Hoffmann: Persönlich und individuell

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André Hoffmann, Regional Sales Manager für Deutschland und Österreich, Distrelec

Distrelec, Distributor für den Instandhaltungsbedarf, insbesondere elektronische Bauelemente, Automationszubehör und Messtechnik. Distrelec wurde vor 45 Jahren in der Schweiz gegründet und ist derzeit in 15 Ländern Europas vertreten. Seit 1999 ist André Hoffmann im Unternehmen und ist inzwischen Regional Sales Manager für Deutschland und Österreich. Von der Distrelec-Niederlassung in Bremen aus teilt er seine Ansichten und Gedanken über die sich verändernde Rolle der Elektronikdistribution, die Nachwirkungen von Corona und darüber, wie man die nächste Generation von Ingenieuren bei ihrem Einstieg in die Branche unterstützen kann.

 

MM: Wofür ist Distrelec auf dem deutschen und österreichischen Markt bekannt?

André Hoffmann: Distrelec ist bekannt als High-Service-Distributor, der sich an den Bedürfnissen der B2B-Kunden in einem Markt mit starkem Wettbewerb orientiert. Wir haben den Ruf, Produkte für alle Sektoren zu liefern: von der industriellen Automatisierung über MRO und Messtechnik bis hin zu aktiven und passiven Komponenten. Heute haben wir mehr als 250.000 Produkte in unserem Sortiment, und wir planen, im nächsten Jahr mehr als 10.000 pro Monat hinzuzufügen.

Ein entscheidender Vorteil aus Sicht der Kunden ist vielleicht, dass wir kleine Mengen liefern können, um den Forschungs- und Entwicklungsmitarbeitern in der Prototyping-Phase oder den Wartungsteams bei der Reparatur einer Scherenhebebühne oder Produktionsmaschine zu helfen. Natürlich werden im Laufe des Projekts dann irgendwann grössere Mengen benötigt. Deshalb haben wir ein Angebotsteam, das die Angebote auf die Bedürfnisse der Kunden abstimmt. Unser Service Plus deckt die seltenen Fälle ab, in denen ein Artikel benötigt wird, den wir nicht auf Lager haben. Auch unsere Eigenmarke RND mit ihrem Sortiment an hochwertigen Geräten und Werkzeug zu einem sehr attraktiven Preis erfreut sich immer größerer Beliebtheit.

MM: Die Deutschen scheinen das Faxgerät zu lieben, da es immer noch häufig benutzt wird. Können Sie das bestätigen oder haben sich die Bestell- und Zahlungsgewohnheiten Ihrer Kunden mit dem Webshop verändert?

André Hoffmann: Ah, das Fax. Wir wurden von unseren ausländischen Kollegen oft wegen der vielen Faxbestellungen belächelt. Aber, um ehrlich zu sein, Bestellungen per Fax gehören der Vergangenheit an. Unsere Kunden treiben die Digitalisierung voran und auch wir verfolgen den High-Tech-Ansatz des papierlosen Büros. Distrelec investiert weiter in den Webshop, um die Benutzerfreundlichkeit durch höhere Geschwindigkeit und Funktionalität zu verbessern und Hürden von der Suche über die Filterung bis zur Bezahlung zu beseitigen.

Nichtsdestotrotz unterstützen wir auch weiterhin Bestellungen per E-Mail oder über unsere E-Commerce-Lösung. Auch bei der Bezahlung unterstützen wir weiterhin die Bezahlmethode per Rechnung. Allerdings verwenden unsere Kunden zunehmend Kreditkarten und PayPal.

MM: Viele vermissen den gedruckten Katalog, aber weder Katalog noch Online-Shop können alle Fragen beantworten. Wie unterstützen Sie Ihre Kunden bei technischen Fragen?

André Hoffmann: Hier spielt die persönliche Unterstützung vor Ort eine entscheidende Rolle. Trotz der großen Anzahl von Datenblättern und Produktbeschreibungen im Internet gibt es immer wieder Fragen zu einzelnen Komponenten. Deshalb haben wir ein technisches Team in unseren Büros, das bei Fragen wie welcher Stecker passt zu welchem Gehäuse oder welcher Typ von Erfassungskarten wird für einen Datenlogger benötigt gerne weiterhilft. Unsere Kundenbetreuung zielt darauf ab möglichst persönlich und individuell zu sein. Daher werden wir bei Fragen per E-Mail oder Telefon nicht nach einer Kundennummer fragen.

MM: Als Distributor haben Sie einen besonderen Einblick in die jeweiligen Branchen. Welcher Branche geht es gerade gut und welche muss derzeit kämpfen?

André Hoffmann: Wir sind gut über alle Märkte verteilt, so dass wir Abschwünge in einigen Bereichen durch Aufschwünge in anderen ausgleichen können. In der Automobilindustrie ist ein positiver Trend zu verzeichnen, sowohl bei den Erstausrüstern als auch bei ihren Zulieferern. Hinzu kommt die Zunahme von Elektrofahrzeugen, die das Interesse an unserem Sortiment von Charge Amps E-Ladegeräten für Logistikeinrichtungen und Büroparkplätze steigert. Auch der medizinische Bereich kann derzeit einen positiven Trend verzeichnen, vor allem was Schutzmasken und Beatmungsgeräte betrifft. Daher erfreut sich unser Sortiment an Lüftern (z.B. von EBM-Papst, aber auch unserer Eigenmarke RND) in letzter Zeit immer größerer Beliebtheit.

Trotz der globalen Herausforderungen sehen wir keine Märkte, die sich besonders schlecht entwickeln, obwohl Märkte wie die erneuerbaren Energien sich besser entwickeln könnten. Außerhalb unseres Geschäftsbereichs höre ich, dass die Bauindustrie unter dem Materialmangel leidet. Ich denke, Distrelec hat dies mit seinen massiven Investitionen in die Lagerhaltung vorbildlich gemeistert. Und wir wissen, dass das einen Unterschied gemacht hat, dank der anerkennenden Rückmeldungen von Bestandskunden und Neukunden, die davon profitiert haben.

MM: Die Lagerhaltung ist natürlich nur ein Teil der Geschichte. Der andere ist der Standort und die Geschwindigkeit der Auftragsabwicklung.

André Hoffmann: In der Vergangenheit hatten wir aufgrund unseres Wachstums durch Übernahmen viele Logistikzentren. Diese sind jedoch im Laufe der Jahre alle konsolidiert worden. Natürlich haben wir als Schweizer Unternehmen dort noch ein Lager, ansonsten nutzen wir vor allem unseren Standort in den Niederlanden. Von dort aus liefern wir deutschlandweit und in Österreich innerhalb von 24 Stunden, was unsere MRO-Kunden für die Ersatzteilbeschaffung und schnelle Maschinenreparaturen sehr zu schätzen wissen. Wenn das nicht schnell genug ist, finden wir eine Alternative − wir haben sogar schon Teile mit dem Taxi geliefert.

MM: Für Distributoren ist der Webshop der Schlüssel zum Erfolg. Was hat Distrelec im kommenden Jahr für seine Internetpräsenz geplant?

André Hoffmann: Ein wichtiger Aspekt, den wir kontinuierlich verbessern wollen, ist die Reaktionsfähigkeit unseres Webshops. Denn Kunden möchten, wenn sie auf der Suche nach Komponenten sind möglichst schnell Ergebnisse bekommen. Auch die Filter sind wichtig. Kunden können so mithilfe von Parametern die Ergebnisliste von generischen Produkten wie zum Beispiel der Batterie reduzieren.

Und auch Konfiguratoren werden in den kommenden Jahren definitiv ein Schwerpunkt sein. Mit denen können Kunden dann zum Beispiel bei Steckverbindern aus der grossen Auswahl an Gehäusen, verschiedenen Stiftabständen, Oberflächen, Zugentlastungsoptionen und Schutzarten ihr passendes Produkt zusammenstellen und dann ein dazu passendes Kabel finden. Die Kunden werden also eine fortschreitende Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit im Webshop erleben, verbunden mit Innovationen bei den Tools, die ihnen bei der Konfiguration von Produkten helfen, die ein gewisses Hintergrundwissen erfordern.

MM: Distrelecs Eigenmarke RND expandiert weiter und trägt zum Erfolg des Unternehmens bei. Wie kommt das Sortiment bei ihren deutschen und österreichischen Kunden an?

André Hoffmann: Zugegeben, die erste Herausforderung besteht darin, zu beweisen, dass es sich bei RND um hochwertige Produkte handelt und nicht um minderwertige Produkte aus billigem Material, die nur für wenige Anwendungen gut sind und dann weggeworfen werden. Ich benutze zum Beispiel einen unserer RND-Werkzeugsätze, um Dinge im Haus zu reparieren! Und unser Werkzeugsortiment ist dank des niedrigen Preises und des hohen Qualitätsniveaus im MRO-Bereich sehr beliebt.

Bei RND sind wir immer bestrebt, das Angebot von Handwerkzeug und Löttechnik bis hin zu Komponenten und Stromversorgungen zu erweitern. Dies ist ein Kernelement unserer Strategie. Auf dem deutschen und österreichischen Markt gibt es besonders anspruchsvolle Ingenieure, die wir erst von der Qualität von RND überzeugen müssen. Bei Handwerkzeug, zum Beispiel, testen die meisten Kunden erst ein oder zwei Artikel einer Marke, bevor sie sie zu ihrer bevorzugten Marke machen.

MM: Als Vertriebspartner geht es in erster Linie darum, ein großartiges Web-Erlebnis zu bieten. Haben Sie noch Außendienstmitarbeiter?

André Hoffmann: Wir haben immer noch unsere Business Development Manager (BDMs), die unsere größten Kunden besuchen. In den letzten zwei Jahren hat sich jedoch durch Corona viel verändert. Eine Zeit lang konnten wir wegen Corona gar keine Besuche machen, und auch jetzt gibt es noch Kunden, die keine Besuche vor Ort zulassen. Ein Grossteil wurde ins Internet verlagert, was uns hilft, den persönlichen Austausch von Angesicht zu Angesicht beizubehalten, wenn auch über Videoanrufe. Wir wollen dieses Serviceniveau beibehalten, aber die Zeiten ändern sich. Nach dem, was wir auf dem Markt hören, werden solche Außendienstaufgaben wahrscheinlich reduziert, wenn Besuche vor Ort nicht möglich sind.

MM: Studenten sind die Ingenieure von morgen. Gibt es bei Distrelec Programme, die sie unterstützen?

André Hoffmann: Ja, und genau so sehen wir sie auch. Deshalb haben wir ein Bildungskonzept mit Rabatten für den Bildungsbereich. Des Weiteren bieten wir Bildungseinrichtungen für die Ausstattung ihrer Labore eine technische Beratung an, damit sie die richtigen Produkte finden. Unsere Eigenmarke RND richtet sich vor allem an Bildungseinrichtungen, da sie ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis bietet und den Studierenden die Gelegenheit gibt, den richtigen Umgang mit den Geräten zu lernen.

Wir unterstützen auch verschiedene Schülerprojekte, wie Rennteams und Gruppen, die Raketen bauen. Auch bei der Entwicklung des Webshops werden die Studierenden berücksichtigt, indem wir uns fragen wie sie die Produkte leichter finden können und welche zusätzlichen Informationen sie brauchen, da sie ja noch nicht die Erfahrung eines Profis haben. All dies führt zu einem besseren Online-Erlebnis für alle.

MM: Nach zwei Jahren Pandemie hat sich die Lage allmählich beruhigt. Allerdings gibt es derzeit andere Ereignisse auf der Welt die einige Probleme verursachen. Wie hat Distrelec diese Herausforderungen gemeistert?

André Hoffmann: Die vielleicht bedeutendste Veränderung war die in unseren Büros. Wir sind ISO-zertifiziert und haben dies genutzt, um einen Prozess für eine hybride Arbeitsweise zu entwickeln, als die Pandemie ausbrach. Da die meisten Mitarbeiter bereits einen Laptop hatten, konnte fast jeder im Homeoffice arbeiten. Dank unserer Digitalisierungsbemühungen und der IP-Telefonie verlief der Übergang nahtlos. Auch jetzt, zwei Jahre später, können unsere Mitarbeiter 50 % der Zeit von zu Hause aus arbeiten. Dies passt gut zu unserer Kultur, in der der persönliche Austausch eine wichtige Rolle spielt, so dass sich neue Mitarbeiter integrieren und die Teams aus Problemen und Herausforderungen lernen können.

Wir müssen uns damit abfinden, dass Corona für immer bleiben wird und müssen daher angemessen reagieren. Dazu gehörte auch der Aufbau unseres Lagerbestands, der es uns ermöglicht, die Auswirkungen von Zwischenfällen auf die Lieferkette zu minimieren. Dann gibt es noch die Messen. Wir sind der festen Überzeugung, dass der persönliche Austausch bei solchen Veranstaltungen unerlässlich ist, und dies wurde durch die schlechten Erfahrungen mit den von uns getesteten digitalen Alternativen unterstrichen. Wenn möglich, werden wir in den nächsten Jahren auf den wichtigsten Messen vertreten sein. Auch das allgemeine Weltgeschehen treibt die Preise in die Höhe, was unsere Kunden und wir zu verkraften haben. Niemand will, dass seine Kosten steigen, aber wenn wir dieses Thema ansprechen, haben die Kunden in der Regel mehr Verständnis als in der Vergangenheit.

MM: Die Aussichten für Distrelec für die kommenden Jahre sind sehr gut. Gibt es derzeit offene Stellen?

André Hoffmann: Wir suchen in Deutschland und Österreich vor allem im Vertrieb neue Kolleginnen und Kollegen, die sich engagieren und tolle Kundenbeziehungen aufbauen wollen. Wir haben viele Mitarbeiter, die schon sehr lange dabei sind und viel Erfahrung mitbringen. Gleichzeitig ist es uns wichtig neue Perspektiven und Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie die nächste Generation von Kunden bedient werden möchte. Deshalb würden wir uns über jüngere Bewerber freuen. Wir erwarten von den Bewerbern nicht, dass sie bereits über die erforderlichen technischen Kenntnisse verfügen − diese können wir vermitteln. Unsere Lieferanten versorgen uns zum Beispiel mit Updates durch eine Mischung aus Online- und Präsenzschulungen, und Ihre Distrelec-Kollegen stehen Ihnen immer mit Rat und Tat zur Seite. Im Rahmen unseres ISO-Qualitätsmanagements konzentrieren wir uns auch auf Umweltthemen, reduzieren unsere Umweltbelastung und tragen zur Nachhaltigkeit bei. Es wäre schön, Bewerber zu finden, die sich in diesem wichtigen Bereich engagieren wollen, um unsere Geschäftspraktiken zu verbessern.

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