Im Gespräch MM Maschinenmarkt

Thomas Morscher: Der passende Roboter für jede Applikation

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Thomas Morscher ist schon lange bei Beckhoff Österreich und als Leitung Produktentwicklung Atro das Mastermind hinter dieser Entwicklung.

Thomas Morscher, MSc hat als Praktikant bei Beckhoff Österreich begonnen und ist heute als Leitung Produktentwicklung Atro das Mastermind hinter der neuesten Entwicklung. Im Interview spricht er über den Atro, aus dem sich flexibel je nach Anwendung die passende Roboterkinematik zusammenstellen lässt.

MM: Auf der automatica 2022 wurde mit Atro der erste Roboter aus dem Hause Beckhoff vorgestellt. Wie kam es dazu?
Thomas Morscher, MSc: Ursprünglich ging es darum, ein Schulungskonzept zu entwickeln, um Neukunden an das Thema Robotik heranzuführen. Wichtig war uns dabei die Modularität, und zwar mit so wenig Teilen wie möglich. Hans Beckhoff (Anm.: geschäftsführender Inhaber von Beckhoff Automation) meinte nach Vorstellung des Schulungskonzepts: „Warum macht ihr denn nicht ein Konzept für einen richtigen Roboter?“ Und damit begann die Entwicklung.

MM: Was ist und was kann Atro?
Thomas Morscher: Mit Atro wurde ein Baukastensystem für Robotik geschaffen, mit dem aus einzelnen Modulen ein eigener Roboter zusammengebaut werden kann. Der Maschinenbauer war es bisher gewohnt, aus dem Portfolio des Roboterherstellers ein fertiges Produkt auszuwählen. Wir wollten erreichen, dass es umgekehrt ist: Der Maschinenbauer kann je nach Applikation den Roboter selbst zusammenstellen. Das war der Grundgedanke. Mit dieser Flexibilität, die wir den Kunden geben, muss das System eine endlose Rotation der Achsen bieten, mit interner Medienführung für Daten, Energie und Fluide.

MM: Wie passt das in das Portfolio von Beckhoff?
Thomas Morscher Betrachtet man das Produktportfolio von Beckhoff, so finden sich darin alle Kernkomponenten eines Robotersystems, vom Motor über die Elektronik und das Bussystem bis hin zur Software. Wir haben alles außer Getriebe im eigenen Haus. Die Modularität ist dem gesamten Portfolio, aus dem wir schöpfen können, zu verdanken. Schon die Busklemmen oder die Transportsysteme XTS und XPlanar sind sehr modular und offen für alle Kunden, die mit Ethercat und Twincat arbeiten. Der Roboter – und die damit geschaffene Möglichkeit, höhere Lasten über größere Reichweiten von A nach B zu bewegen – ist nun die ideale Ergänzung zu XTS und XPlanar.

MM: Was ist der größte USP von Atro?
Thomas Morscher: Mit Atro können die Anwender aus den zur Verfügung stehenden Modulen nahezu beliebige Roboterbauformen für ihre Anwendung erstellen – angefangen bei einer simplen 1-Achs-Rundtakttisch-Applikation, über Delta-Kinematiken bis hin zu mehrachs-seriellen Robotern. Durch die einfach und schnell auswechselbaren Module lässt sich die Atro-Kinematik zudem ohne großen Aufwand an veränderte Anforderungen z.B. nach mehr Leistung oder höherer Geschwindigkeit anpassen. Entscheidend für eine einfache Inbetriebnahme und Handhabung ist dabei die ganzheitliche Perspektive von Beckhoff. Denn erst die direkte Integration des Robotersystems in PC-based Control ermöglicht eine wirklich durchgängig optimierte Komplettlösung der Maschine bzw. Anlage. Dies reduziert die Anzahl der benötigten Steuerungen, auch bei mehreren Robotern, auf einen Industrie-PC. Ein separater Roboter-Schaltschrank ist nicht mehr erforderlich, was den Maschinen-Footprint drastisch reduziert. Außerdem kann man beispielweise mit einem Linkmodul in Y-Form zwei 6-Achs-Roboter auf dem gleichen Platz unterbringen wie zuvor einen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die mit PC-based Control und dem breiten Spektrum an I/O-Klemmen problemlose Einbindung unterschiedlichster Sensorik.

MM: Die Entwicklung befindet sich in Wien. Wie kam es dazu?
Thomas Morscher: Hier in Wien haben die Idee und das Konzept ihren Anfang genommen. Der Fortschritt war rasant und auch das Team ist im Laufe der Entwicklung gewachsen. Die Entwicklung findet nicht nur in Österreich statt. Speziell die mechanische Entwicklung – Konstruktion, Prototypenbau bis hin zu den Funktionstests – werden in Wien gemacht. Aber wir bekommen u.a. Unterstützung von Beckhoff bzw. Fertig Motors in Marktheidenfeld (D), wo die Motoren gebaut werden, sowie aus der Zentrale in Verl (D), in puncto Elektronik und Software. Daher sind die Aktivitäten ist nicht nur Wien angesiedelt, aber gerade mit dem neuen Büro hat man ein Zeichen gesetzt, dass die Entwicklung in Wien Zukunft hat.

MM: Wie lange hat der Prozess gedauert von der Idee bis zum Prototypen und nun letztendlich bis zur Vorstellung?
Thomas Morscher: Angefangen hat das Projekt vor sechs Jahren und vor drei Jahren hat es so richtig Fahrt aufgenommen. Damals war klar, in welche Richtung wir entwickeln wollen bzw. wo der Fokus liegt. Der Serienstart ist für 2024 geplant.

MM: Was waren die Knackpunkte im Projekt?
Thomas Morscher: Wie in jedem Entwicklungsprozess wurde viel getüftelt, gerade bei mechanischen Herausforderungen, wie Zusammenbau und Handling. Wir haben zu 100 % an das Projekt geglaubt. Allerdings haben wir uns zwischendurch sehr wohl die Grundsatzfrage gestellt: „Ist es ist das Richtige, wenn es alle anderen anders machen?“ Es war der innovative Geist des Unternehmens und von Hans Beckhoff selbst, die die Richtung vorgegeben haben, zu sagen: „Ja, wir wollen etwas Neues machen und wir wollen das anders machen.“ Modulare Robotik ist nicht neu, aber mit dem Beckhoff-Portfolio haben wir zusätzliche Komponenten integriert und damit eine neue Richtung eingeschlagen.

MM: Brauchte es dafür Start-up-Spirit?
Thomas Morscher: Armin Pehlivan, Geschäftsführer Beckhoff Österreich, und ich waren immer der Meinung: „Das kann doch nicht so schwer sein.“ Wir haben zwar herausgefunden, dass es nicht ganz einfach ist, aber der Mix im Team macht es aus. Unser Team besteht einerseits aus Personen mit jahrelanger Erfahrung, und anderen, die recht neu sind und noch andere Fragen stellen. Start-up-Spirit trifft es am besten.

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