Im Gespräch IoT4 Industry & Business

Christian Lutz: Auf dem Weg zur Wertschöpfung

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„Es ist wichtig, dass jedem bewusst ist, welch zentrale Ressource hier im Unternehmen liegt und wie wichtig es ist eine Datenstrategie, insbesondere für die ganzen Produktions- und IoT-Daten, zu entwickeln.“ Christian Lutz, Founder und President von Crate.io

In Unternehmen entstehen immer mehr Daten, die sinnvoll genutzt werden müssen. Welche Herausforderungen zu meistern sind und welche Chancen und Risiken es auf diesem Weg gibt, darüber haben wir mit Christian Lutz, Founder und President von Crate.io gesprochen.

 

IoT4industry&business: Für Crate.io ist der Umgang mit Daten daily business. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen im Umgang mit Daten?
Christian Lutz: Erstens sind wir mit einer schnell anwachsenden Datenexplosion konfrontiert. Eine weitere Challenge ist es, Daten langfristig und kosteneffizient zu speichern, aber eben nicht nur in einem „Datenfriedhof“ abzulegen. Sehr wichtig ist es auch den historischen Aspekt zu beachten, also große historische Datenmengen, zusammen mit aktuellen Datenstreams. Und es geht um das interaktive Arbeiten mit den Daten. Das heißt: schnelle Antwortzeiten im Millisekunden-Bereich auch auf riesigen Datenmengen. Das ist wichtig, um zu erkennen, ob sich ein bestimmtes Data Pattern aufbaut. Ganz nach dem Motto: Wenn sich ein Sturm bildet, dann kommt auch der Blitzschlag.
Eine weitere Challenge heißt komplexe Datenformate. Es gibt strukturierte, relationale Daten, wie Buchhaltungsdaten, ERP-, Qualitätssicherungs- oder andere Managementinformationssysteme. Die Sensoren aus der Produktion liefern komplexe Daten wie Zeitreihen, Logfiles – also sog. JSON-Daten (JavaScript Object Notation). Das sind richtig große Datenbäume, die man interpretieren, speichern und analysieren muss. Unternehmen haben dafür meistens zwei bis drei verschiedene Datenbanken. Unser Ansatz bei Crate.io ist: ein System, das das Beste beider Welten kombiniert. Also ein spaltenbasierter SQL-Server mit den Funktionen einer NoSQL Dokumentendatenbank, in die man einfach relationale Daten als auch Sensor-, Sicherheits-, Mess- oder Bewegungsdaten speichern kann.

IoT: Wie kommt man vom Datensammeln zu einer Wertschöpfung fürs Unternehmen?
Christian Lutz: Unsere Multi-Model-Datenbank ermöglicht es Unternehmen, verwertbare Erkenntnisse aus riesigen Datenmengen schnell zu gewinnen. Unser Ziel war es, ein Tool zu entwickeln, mit dem es leicht und kostengünstig möglich ist z.B. einen globalen IoT-Data-Hub zu bauen. Hier kann man alle Daten zusammenführen und über eine SQL-Schnittstelle darauf zugreifen, ohne die sonst üblichen Limitierungen von SQL. Die Möglichkeit große Datenbestände aus verschiedenen Quellen zu verwenden, bietet Firmen das Potenzial, Daten in Unternehmensnutzen zu verwandeln.

IoT: Crate.io bietet seinen Kunden auch ein Cloud-Service an. Wie sieht das aus?
Christian Lutz:Wir bieten betreiben unsere Datenbanken für den Kunden auch in der Cloud. Dafür nutzen wir die bestehenden kommerziellen Clouds wie Amazon, Google, Microsoft etc. Wir kümmern uns 24×7 um die Datenbank, wir stellen sicher, dass die Daten in Echtzeit bereit stehen und nie verloren gehen. Was uns aber ganz wichtig ist, wir können die gleiche Funktionalität direkt „on the Edge“ bieten. Diese hybride Deployment-Möglichkeit gibt unseren Kunden eine sehr große Flexibilität. Seit heuer haben wir ein weiteres richtig cooles Feature: Man kann Daten auf der Edge vollautomatisch mit den Cloud-Daten synchronisieren.

IoT: Woher kommt die Diskrepanz, dass man im Privaten mit seinen Daten und den Cloud-Angeboten viel lockerer umgeht, als im industriellen Umfeld.
Christian Lutz: Das hat aus meiner Sicht zwei Gründe. Zum einen ist die Nutzerfreundlichkeit bei der Consumer-IoT extrem hoch ist. Im Gegensatz dazu ist es für Unternehmen komplexer. Da gibt es Investments, nicht nur in Bezug auf Geld. Es ist auch ein Investment in das Denken der Leute. Und den zweiten Aspekt sehe ich im Nutzen-Bewusstsein. Privat kostet es nicht viel oder ist gratis, und ich habe schnell Nutzen davon. Bei Unternehmen ist genau das die Frage: Was bringt das wirklich im Vergleich zu den laufenden Kosten und dem Aufwand?

IoT: In den nächsten Jahren werden rund 70 Mrd. Geräte weltweit mit dem Internet verbunden sein. Ist das Fluch oder Segen oder einfach unsere Zukunft?
Christian Lutz: Ich glaube, es ist unsere Zukunft, die Dinge werden sich schnell weiter vernetzen. Und es wirft in der Tat große, durchaus gesellschaftliche, Fragen auf. Vor allem Privacy wird eine ungeahnte Wichtigkeit bekommen. In den letzten zehn Jahren war dieses Thema im Consumer-Bereich vielen völlig egal. Und in einem Punkt stimme ich Elon Musk zu: Es braucht Regulierung, weil die AI-Technologie das Potenzial hat, Menschen massiv zu manipulieren. Es gibt Unternehmen, allen voran Apple, die nur ihre Produkte und Services verkaufen, aber niemals die Daten ihrer Kunden. Während andere wie Google, Facebook, Instagram und Co. genau darauf aufbauen diese privaten Daten der User zu verkaufen und als Geschäftsquelle zu nutzen. Das ist sozusagen der Fluch an dem Ganzen: Man schafft unbeabsichtigt massive Transparenz. Das Positive ist aber auch, dass die Sensibilität der Leute steigt. In jedem Fall stehen wir erst am Anfang. Man macht sich gar keine Vorstellung, was da noch alles auf uns zukommt mit der Datenexplosion, sowohl an Chancen als auch an Risiken.

IoT: Gibt es Unterschiede zwischen Europa, Amerika und Asien in Sachen IoT?
Christian Lutz: IoT-Technologien ermöglichen es, Prozesse noch stärker zu automatisieren. So kommen mittlerweile wieder verschiedene Industrien und Produktionsbereiche aus Billiglohnländern zurück nach Europa und die USA, nicht zuletzt wegen der Automatisierung und wie IIoT die Produktivität positiv beeinflusst. Um weiter wettbewerbsfähig zu sein, müssen wir allerdings aufpassen. China hat in den letzten Jahren sehr stark auf AI gesetzt und massivst investiert, auch ohne sich groß um Privacy Gedanken zu machen. Da gibt es ein paar erschreckende Zahlen dazu. Die Europäische Investitionsbank und die Europäische Kommission haben letztes Jahr in der Studie „Künstliche Intelligenz, Blockchain und die Zukunft Europas: Wie disruptive Technologien eine grüne, digitale Wirtschaft vorantreiben“ festgestellt, dass in den USA und in China 25 Mrd. Euro in Künstliche Intelligenz und Blockchain-Technologien fließen. Die EU investiert hingegen nur rund 1,75 Mrd. Euro pro Jahr. Wenn ich jetzt ein bisschen philosophisch werde: Wir müssen unbedingt schauen, dass wir unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten. AI wird die Welt so verändern wie dies einst die Erfindung des Buchdrucks gemacht hat, das ist die Dimension.

IoT: Haben Sie abschließend einen Rat für die Unternehmen?
Christian Lutz: Wir sehen sehr oft, dass IoT-Projekte nur punktuell gestartet werden und es keine durchdachte Datenstrategie gibt. Es ist aber wichtig, dass jedem bewusst ist, welch zentrale Ressource hier im Unternehmen liegt und wie wichtig es ist, eine Datenstrategie, insbesondere für die ganzen Produktions- und IoT-Daten, zu entwickeln. Es ist enorm wichtig, möglichst schnell und möglichst früh mit einer guten Datenstrategie zu beginnen Daten zu sammeln und zu nutzen. Mit CrateDB geben wir den Developern und Unternehmen sehr gut passende Werkzeuge dafür in die Hand.

 

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