Im Gespräch IoT4 Industry & Business

Johannes Petrowisch: Es muss nicht kompliziert sein

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„Die Digitalisierung ist nichts, wovor man sich fürchten sollte. Ganz im Gegenteil: Es stellt eine Chance dar, sich weiterzuentwickeln: in wirtschaftlicher, organisatorischer und vor allem ökologischer Hinsicht.“ Johannes Petrowisch, Geschäftsführer von COPA-DATA CEE/ME

Nicht jeder Prozess muss kompliziert sein, davon ist Johannes Petrowisch, Geschäftsführer von COPA-DATA CEE/ME, überzeugt. Die Dinge so einfach wie möglich zu gestalten, ist generell das Bestreben des Softwareunternehmens, das sich über einen Umsatzrekord 2021 und ein neues energieeffizientes Gebäude in Salzburg freuen kann.

 

IoT4industry&business: Die COPA-DATA Gruppe konnte im letzten Jahr ihre Umsatzprognosen, die schon deutlich über den vergangenen Jahren lagen, mit Euro 64 Millionen nochmals übertreffen. Wie ist das gelungen?
Johannes Petrowisch: Durch gute Arbeit, verbunden mit Investitionen in das internationale Vertriebsnetz. Wir haben Niederlassungen weiter ausgebaut und unser Produkt stetig weiterentwickelt. Damit haben wir die Anforderungen des Marktes und der Kunden sehr gut getroffen. Ich denke, vor allem die Tatsache, dass die COPA-DATA ein österreichisches Familienunternehmen ist und somit völlig unabhängig agieren kann, bietet unseren Kunden die Sicherheit, die man vor allem in solch turbulenten und herausfordernden Zeiten wie diesen braucht. Aktuell dürfen wir auch den Titel „Bestes Familienunternehmen Salzburgs“ tragen. Im Mai 2022 haben wir diesen Award von der Tageszeitung Die Presse verliehen bekommen und darüber freuen wir uns sehr. Es ist aber nicht nur die Unabhängigkeit aus unternehmerischer Sicht ein wesentlicher Erfolgsfaktor, sondern auch die (Hersteller-) Unabhängigkeit unseres Produktes. zenon ist nahezu mit jeder beliebigen Hardware und anderen Softwaresystemen kompatibel. Die damit einhergehende Flexibilität und Reduktion der Investitionsrisiken in Anbetracht der aktuellen Liefersituationen wissen unsere Kunden sehr zu schätzen.

IoT: Die Digitalisierung hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren beschleunigt. Glauben Sie, dass sich viele Unternehmen zum ersten Mal so richtig mit dem Thema beschäftigt haben, weil sie vorher dachten, sie hätten noch Zeit?
Johannes Petrowisch: Es wurden mit Sicherheit verschiedenste Aktivitäten und Initiativen beschleunigt. Ich denke auch, dass die Pandemie den Unternehmen einige Schwachstellen in ihrer Produktion aufgezeigt hat. Eine leider oft unterschätzte Tatsache ist beispielsweise, die benötigte Flexibilität und Modularität in den Produktionsstätten. Vor allem der Funktion des Fernzugriffs auf Produktionsanlagen wurde in der Vergangenheit zu wenig Beachtung geschenkt. Die Pandemie war sicherlich ein Beschleuniger für die Digitalisierung von Anlagen und Infrastrukturen. In Österreich gab es zusätzlich Investitionsprämien für die Bereiche Digitalisierung und Nachhaltigkeit, von denen viele Firmen Gebrauch gemacht haben. Das haben wir bei COPA-DATA sehr positiv wahrgenommen. Natürlich ist das Thema „Digitalisierung und Automatisierung“ noch nicht bei allen Firmen angekommen. Viele haben aber die Zeit genutzt, um sich der Digitalisierung zu widmen – auch weil es durch Reduktion der Produktionskapazitäten mehr Zeit und Raum für diese Überlegungen gab.

IoT: Daten werden als das Öl der Zukunft bezeichnet. Wie sehen Sie das? Wie geht man vernünftig mit dieser Datenflut um?
Johannes Petrowisch: Man gewinnt teilweise den Eindruck, dass viele Firmen Daten allein um des Datensammeln willens sammeln. Im Grunde wissen viele Organisationen am Ende des Tages nicht, was sie damit machen wollen. Das Ganze steht und fällt für mich mit der Frage: Welche Daten benötige ich wirklich und was möchte ich mit diesen Daten machen? Wer benötigt welche Informationen in welcher Form zu welcher Zeit? Es ist wichtig, sich diese Frage vorab zu stellen, noch bevor man Daten in sehr hoher Frequenz auf einen Server schiebt und sie dann dort „verstauben“ lässt. Das ist für mich der falsche Zugang. Rohöl alleine ist nur ein Rohstoff – dieser muss in weiterer Folge zu Treibstoff aufbereitet werden bevor ein Auto damit bewegt werden kann. Das trifft auch auf Daten zu. Datennormalisierung, -harmonisierung und -kontextualisierung sind nur ein paar wenige Aspekte die dabei wichtig sind um Mehrwerte aus den gesammelten Daten zu generieren.

IoT: Ist es für Unternehmen noch möglich durch die immer komplexer werdenden Prozesse ohne externe Hilfe zu kommen?
Johannes Petrowisch: Das hängt davon ab, wie gut die Firma ihre eigenen Prozesse kennt und wie sich das interne Kompetenzniveau gestaltet. Grundsätzlich gilt: nur weil man über Prozesse spricht, müssen diese nicht unbedingt kompliziert sein. Ich glaube, man sollte generell die Komplexität aus der Automatisierungs- und Digitalisierungswelt herausnehmen und versuchen die Dinge so einfach wie möglich zu halten. Das ist im Endeffekt auch unser Ansporn für unsere Arbeit: Wir wollen das Leben unserer Kunden einfacher gestalten. Der Anwender soll dazu befähigt werden, seine Prozesse selber zu managen. Oft wird dem Thema der „Automatisierung und Digitalisierung“ mit großer Skepsis begegnet. Die Berührungsängste sind auf jeden Fall da. Diese Angst ist aber oftmals unbegründet, da man die Digitalisierung der eigenen Anlage bereits mit kleinen Schritten starten kann. Die Digitalisierung ist nichts, wovor man sich fürchten sollte. Ganz im Gegenteil: Es stellt eine Chance dar, sich weiterzuentwickeln: in wirtschaftlicher, organisatorischer und vor allem ökologischer Hinsicht. Dasselbe trifft auch auf die Umsetzung von Automatisierungsprojekten zu. Unser Produkt zenon bietet dafür den perfekten Einstieg.

IoT: Die modulare Produktion hat in den letzten Jahren kleinere Chargen und schnellere Lieferzeiten ermöglicht. Das ist im Moment gerade schwierig. Sehen Sie eine Lösung?
Johannes Petrowisch: Das stimmt. Es gibt Lieferengpässe, die Supplychains funktionieren nicht wie gewohnt, Just-in-time ist im Moment kaum möglich. Ein möglicher Lösungsansatz ist die Verwendung der neuen MTP-Technologie (= Module Type Package). Damit ist der Anwender in der Lage sich flexibel und modular in der Produktion zu bewegen und seine Prozesse variabel zu gestalten. Natürlich sehen wir aktuell noch, dass das Thema modulare Produktion für viele Betriebe Neuland und folglich noch nicht zur Gänze angekommen ist. Aber wir erkennen auch das große Interesse. Besondere Treiber sind im Moment die Prozessindustrie, Life Sciences und der Pharmabereich. Aber auch die diskrete Fertigung interessiert sich dafür, weil hier die Themen Flexibilität und Lösgröße 1 ebenfalls von hoher Bedeutung sind.

IoT: Ein Teil von Ihrer Softwareplattform ist zenon Service Grid. Was ist das genau?
Johannes Petrowisch: zenon Service Grid ist unsere Antwort auf das Thema Industrial Internet of Things (IIoT). Flexibilität und Skalierbarkeit sind die Grundvoraussetzungen, um die Digitalisierung agil zu meistern. Mit Service Grid haben wir zenon umfassend funktional erweitert und eine Lösung geschaffen, die den Anforderungen von Industrie-4.0-Projekten auch in Zukunft gerecht wird. Es ermöglicht die Überwachung und Optimierung über mehrere Produktionslinien oder Standorte hinweg. Diese können somit von einer zentralen Stelle überwacht und gesteuert werden – besonders bei geografisch verteilten oder schwer zugänglichen Anlagen, wie Photovoltaik- oder Windparks ist diese Möglichkeit sehr effizient. Nehmen wir folgendes Beispiel: Ein Investor hat verschiedene Photovoltaikanlagen errichtet und möchte über sämtliche Anlagen hinweg wissen, wie viel Strom an einem Tag produziert wurde. Mit der Verwendung von zenon Service Grid ist es möglich, dass man all diese Informationen an einer zentralen Stelle sammelt und diese in einem zentralen Dashboard visualisiert – das bedeutet, dass sich der Anwender nicht separat in zahlreiche Dashboard einloggen muss. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist, dass man auch jederzeit Zugriff auf die Echtzeit-Daten hat und somit vorzeitig und schnell auf negative Entwicklungen reagieren kann.

IoT: Bei Datenübertragungen stellt sich auch immer die Frage nach der Sicherheit.
Johannes Petrowisch: Wir widmen uns sehr stark und seit längerer Zeit dem Thema Sicherheit. Unsere Softwareplattform ist in vielerlei Hinsicht abgesichert. Nehmen wir zenon Service Grid – hier haben wir ein abgestimmtes Zusammenspiel eines Identity- und Policy-Services, welches das ganze Thema Authentifizierung bzw. Autorisierung behandelt.
Zusätzlich beauftragen wir Firmen Belastungsproben unserer Systeme zu machen und Schlupflöcher zu finden, damit wir diese dann schließen können. Aber eine Sache muss man sich bewusst machen: Einen hundertprozentigen Schutz gibt es nicht. Man kann es den Angreifern nur so schwer, so aufwendig und somit auch so unattraktiv wie möglich machen. Ich denke, dass wir in diesem Bereich sehr viel bereits im Produkt integriert haben, um dies sicher zu stellen. Meistens findet das Eindringen in das System auf anderen Ebenen, in anderen Bereichen, statt. COPA-DATA selbst ist da sehr gut aufgestellt.

IoT: Der Klimawandel ist evident, das Thema Nachhaltigkeit ist sehr breit in der Gesellschaft und den Unternehmen angekommen. Wie geht COPA-DATA damit um?
Johannes Petrowisch: Der Klimawandel ist definitiv da. Als COPA-DATA widmen wir uns diesem Thema schon länger und nicht erst jetzt, da es populär geworden ist. Wir als COPA-DATA nehmen unsere soziale Verantwortung sehr ernst und tragen auch unseren Teil dazu bei. Aktuell bauen wir unseren Standort in Salzburg weiter aus und schaffen für 120 Mitarbeiter:innen Platz. Dabei haben wir bei der Konzipierung des Gebäudes auch den Nachhaltigkeitsaspekt beachtet. Das neue Gebäude ist hochenergieeffizient und verfügt über smarte Elemente. Die vorgelagerte Außenfassade lässt möglichst wenig Energie verpuffen. Mittels Betonkernaktivierung bleibt das Gebäude im Sommer angenehm kühl und im Winter warm. Wir setzen für die Hausvisualisierung selbst zenon ein, nutzen Erdwärme, E-Ladestationen im Kellergeschoß und haben PV-Installationen am Dach. Den zusätzlich benötigten Strom beziehen wir ebenfalls aus 100 % erneuerbaren Energieträgern, wie zum Beispiel aus Kleinwasserkraftwerken. Wir achten auch darauf, dass unsere Büromöbel für das neue Gebäude nachhaltig produziert wurden.
Mit unserem Produkt leisten wir außerdem einen sehr wichtigen Beitrag, dass auch unsere Kunden effizienter und nachhaltiger produzieren können – etwa im Bereich erneuerbare Energien. Hier bieten wir schon seit vielen Jahren Lösungen für Wasser-, Wind- und Solaranlagen an. Im Industrie- und im produzierenden Bereich steht vor allem das Thema Energiedatenmanagement oder kurz EDMS im Fokus. Mit Hilfe eines Energiedatenmanagementsystems wie zenon, erkennt man an welchen Stellen unnötig wertvolle Ressourcen (Wasser, Druckluft, Strom,..) verbraucht werden und kann diese Schwachstellen schnell beheben und unnötige Kosten vermeiden. Somit können Unternehmen nicht nur signifikant Kosten einsparen, sondern auch gleichzeitig ihren Beitrag zum Schutz der Umwelt leisten. Dies ist ein schönes Beispiel dafür, dass man als Unternehmen sehr wohl nachhaltig und erfolgreich wirtschaften kann.

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