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Hans-Peter Ziegler: “Das Richtige richtig machen”

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Welche Auswirkungen New Work auf das Engineering haben und welche Potenziale Automatisierung entfalten kann, erklärt Hans-Peter Ziegler.

Unsere Arbeitswelt ist im Umbruch. Tätigkeiten, die früher klassisch in der Arbeitsumgebung des Unternehmens erfolgt sind, werden zunehmend ortsunabhängig. Die Technologie ist auf diese Veränderungen längst vorbereitet. Welche Auswirkungen neue Arbeitsweisen auf den Engineering-Prozess haben und welche Potenzüiale Automatisierung entfalten kann, erklärt Hans-Peter Ziegler, seit Februar 2022 im Business Development bei Eplan, im Interview.

Wie interpretieren Sie diese neu geschaffene Position im Business Development?
Hans-Peter Ziegler: Ich finde die deutsche Übersetzung als Geschäftsfeldentwicklung beschreibt es sehr gut. Bei Eplan werden vorhandene Technologien am Markt zu einer Geschichte und dann platziert. Nehmen wir das Beispiel Automated Engineering auf der Eplan-Plattform. Über die Jahre hat man versucht, Produkte und Marken zu schaffen, die dann am Markt platziert wurden. Eplan will künftig noch mehr die Kundensprache sprechen, um auf die Bedürfnisse und Kommunikation der Kunden einzugehen – Lösungen zu schaffen für die Herausforderungen des Kunden.

MM: Welche Herausforderungen sind das aktuell vermehrt?
Hans-Peter Ziegler: Es gibt sehr prägnante Themen, die die Unternehmen beschäftigen. Wir kommen aus einer Zeit, in der wir gelernt haben, von unterschiedlichen Arbeitsplätzen aus zu arbeiten – auch im Engineering-Prozess. Gerade das Engineering ist ein Bereich, in dem man diesen Umstand nicht gewohnt war, in dem man bis zu diesem Zeitpunkt eine fixe Arbeitsumgebung hatte. Somit ist auch die gesamte IT-Infrastruktur, Daten, Mitarbeiter, Softwarelösung On-Premise gelaufen. Dieser Umbruch zu flexiblen Arbeitsplätzen änderte für Unternehmen nicht nur technisch sehr viel – sie mussten Daten zur Verfügung stellen – auch kulturell ist nun mehr Offenheit und intensiverer Austausch gefordert.

MM: Hat sich durch die Home-Office-Tendenzen die Technologie in dieser Hinsicht weiterentwickelt?
Hans-Peter Ziegler: Unser Vorteil war, dass die Technologie schon so weit war. Sonst hätten wir es nie geschafft – nicht nur Eplan, sondern der gesamte Markt – in so kurzer Zeit so viele Tausend Mitarbeiter mehr oder weniger von einem Tag auf den anderen vom Büro ins Home-Office umzusiedeln. Allerdings wurde ein Umdenken eingeleitet. Unternehmen, die Bedenken hatten, waren gezwungen umzudenken. Häufig ist es vielmehr ein kulturelles Thema als ein technologisches. Eplan war mit Cloud-Technologien und einer Unterstützung von virtualisierten Umgebungen bereits länger am Markt, genau wie die großen Hyperscaler, was bis dahin fehlte war oftmals die Akzeptanz.

MM: Im Vorfeld war von New Work bzw. New Engineering die Rede. Ist damit genau das gemeint?Hans-Peter Ziegler: New Work ist ein Begriff, wo häufig so viel reingepackt wird – eine Worthülse, wie Digitalisierung oder Industrie 4.0. Im Engineering-Bereich müssen wir uns überlegen, was wir einerseits technologisch unterstützen müssen. Auf kulturelle Themen haben wir keinen Einfluss, aber wir können unsere Kunden beraten; schließlich sind wir nicht nur Hersteller, sondern auch Berater. Dann ist man an einem Punkt angelangt, an dem es um viel mehr ging als um ein Produkt. Im Fokus steht die Unternehmensphilosophie und die Frage nach dem Zweck und der Sinnhaftigkeit des Schaffens. Bei Eplan bedeutet das, mobile Systeme zu liefern, die die Menschen unterstützen. Dabei muss man es auch beherrschen, dass die Menschen unterschiedlicher Sprachen, Kulturen und Standorte zusammenarbeiten. Ich bin davon überzeugt, dass Firmen zukünftig stärker zusammenarbeiten werden müssen um weiterzukommen und in dieser schnelllebigen Zeit Bestand zu haben.

MM: Wenn wir von Sinn und Sinnhaftigkeit sprechen: Nachhaltigkeit und energieeffizientes Arbeiten sind auch für Eplan und Rittal Kernthemen. Wo setzt man hier an?
Hans-Peter Ziegler: Das sind leider zwei Themen, die aufgrund zahlreicher anderer Probleme aktuell vernachlässigt werden. Österreich liegt in Sachen Ressourcenschonung sogar hinter Deutschland. Das macht mich wenig stolz, zeigt aber das Potenzial auf. Rittal ist ein sehr gutes Beispiel, weil sie aufgrund ihrer Produkte – Schaltschränke, Housing – in einer Sparte sind, die extrem viel Energie verbraucht. Die Rede ist von normalen Rechenzentren, nicht einmal von Bitcoin-Minern, und unsere datengetriebene Welt, mit dem Nebeneffekt, dass wir viel Energie für die Datenverarbeitung benötigen. In der Kühlung und in der Weiterverwendung gibt es doch einiges zurückzuholen. Eplan setzt hier in der Planungswelt und damit schon viel früher an, denn wird Energieeffizienz nicht eingeplant, wird sie nie realisiert. Energieeffizienz ist das eine, entscheidend ist auch die Effektivität – mit den vorhandenen Ressourcen das Richtige zu tun.

MM: Im Rahmen der Virtual Fair ist eines der großen Themen Automated Engineering. Wie vielfältig ist das Thema?
Hans-Peter Ziegler: Automated Engineering setzt genau dort an, mit den vorhandenen Kapazitäten bewusst umzugehen. Bei all den Bestrebungen effizient zu sein, so ist es wie gesagt vor allem wichtig auch effektiv zu sein, denn nur, wenn man das Richtige richtig macht, hat man die Arbeitszeit optimal genutzt. Das ist aus zwei Gründen ganz besonders wichtig: Einerseits sind nicht ausreichend Mitarbeiter am Markt verfügbar, andererseits sind wir gerade im Hinblick auf die Lohnkosten in Österreich weit über dem Durchschnitt. Damit ist es wichtig mit dieser Ressource bewusst umzugehen und dafür bietet Automated Engineering die entsprechenden Möglichkeiten. Die Idee basiert letztlich darauf immer wiederkehrende Tätigkeiten auf sehr einfache Art und Weise zu automatisieren und von einer Software automatisch erledigen zu lassen.

MM: Engineering ist doch etwas sehr Individuelles – wo liegt hier das Automatisierungspotenzial
Hans-Peter Ziegler: Je näher man sich dem Thema annähert umso eher erkennt man Gemeinsamkeiten. Bei der Automatisierung geht es um die Granularisierung. Was ist das kleinste Granulat, das immer wiederkehrend ist? Ganz wesentlich dabei ist, sich die Arbeitsschritte genau anzusehen. Das kann einerseits bedeuten, dass ein Umdenken erfolgt und eine Optimierung eingeleitet wird, d.h. die Arbeitsschritte angepasst werden müssen. Letztlich dient es allerdings dem Zweck mit den vorhandenen Kapazitäten Auslangen zu finden und sich weiter zu entwickeln.

MM: Gibt es Branchen oder Produkte, wo das besser funktioniert als bei anderen?
Hans-Peter Ziegler: Prädestiniert ist alles was sich konfigurieren lässt. Das plakativste Beispiel dafür sind Lego-Bausteine, denn aus den Standard-Baugruppen kann ganz individuell Neues geschaffen werden. Die Bausteine basieren zwar auf den Standard-Bausteinen, können aber ganz individuell zusammengesetzt werden. Somit sind die Lego-Bausteine ein gutes Bild für das Thema Modularität und Standardisierung und gleichzeitig den Freiheitsgrad, den man dennoch gewinnen kann.

MM: Was kann solche Projekte gefährden? Ausgangspunkt ist eine gute Datenbasis – scheitern hier bereits viele Projekte?
Hans-Peter Ziegler: In unserer Welt haben wir nicht das Problem, zu wenige Informationen zur Verfügung zu haben. Dieser Weg von den strukturierten und unstrukturierten Daten führt uns zum Thema Datenhandling hin, das auch ein wesentlicher Punkt ist, bei dem Automated Engineering Abhilfe schaffen soll. Das meiste Wissen steckt nicht in den strukturierten, sondern in den unstrukturierten Daten. Wissen, das sich teilweise nur in den Köpfen von Mitarbeitern befindet und das insgesamt aus vielen verschiedenen Datenquellen stammt für die es keine Standards gibt. Eine Lösung bietet Eplan beispielsweise mit dem Data Portal an, wo bereits im Engineering-Prozess eine gute Datenbasis zu den technischen Daten bereitgestellt werden kann. Der nächste logische Schritt wären weiterführende Informationen wie Verfügbarkeiten, Lieferzeiten und auch, wann diese Bauteile aus dem Servicezyklus ausscheiden, damit die Entscheidung getroffen werden kann, ob es sinnvoll ist, sie noch zu verbauen oder besser einen Alternativartikel zu verwenden. Warum sollte man nicht bereits hier Künstliche Intelligenz einsetzen? Relevant ist das auch für Einkaufsabteilungen, um zu prüfen, ob Rahmenverträge vorhanden sind, die zu erfüllen sind. Im Zusammenspiel von Unternehmen ergeben sich daraus Automatismen, die Teile der Schaltpläne anlegen auf Basis der in der Datenbank vorgeschlagenen Artikel.

MM: Wie vermitteln Sie den Mehrwert, sich auf ein Automatisierungsprojekt einzulassen?
Hans-Peter Ziegler: Man trifft häufig auf Menschen, die nicht den Wunsch nach Veränderung verspüren, sondern viel mehr die Bedenken sehen. Ein Ansatz ist es, den Widerstand als Energie zu sehen, die man nutzen kann. Damit meine ich, dass dort der beste Ansatzpunkt ist, wo die sogenannten Bewahrer erkennen, wo das Potenzial liegt, ihr Leben zu erleichtern und angenehmer zu gestalten. Diese Tätigkeiten hat jeder und im Projektgeschäft sprechen neben der Zeitersparnis auch die Reduzierung der Fehleranfälligkeit bei manuellen Tätigkeiten und die Qualitätssteigerung für sich. Wenn etwas starr ist und verharrt, hat es wenig Bestand in einer Umgebung, die sehr dynamisch und beweglich ist. Es braucht Optimierungen und das braucht es auch in den Prozessen. In den vergangenen Jahren hat man im Produktionsbereich viele Prozesse hinsichtlich Effizienz optimiert. Dasselbe hat man in verschiedensten Bereichen gemacht – von HR-Prozessen bis zur Auftragsabwicklung. Warum nicht auch im Engineering? Wertschöpfung findet im ganzen Unternehmen statt. Im Engineering gibt es noch viel Potenzial.

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