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Daniel Metzger: Scheitern beim Machine Learning läßt sich verhindern

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Daniel Metzger, Regional Vice President Central & Eastern bei Cloudera, weiß, dass sich Investitionen in ML lohnen und woran viele Unternehmen scheitern. Bild:SEIDENABEL

Eine im vergangenen Jahr veröffentlichte Untersuchung namens „In zehn Schritten zum erfolgreichen Maschinellen Lernen im Unternehmen“ besagt, dass Investitionen in diese Technologien sich durchaus für alle Betriebe und Betriebsgrößen früher oder später lohnen werden. Doch woran scheitern viele? Daniel Metzger, Regional Vice President Central & Eastern bei Cloudera, gibt Antworten.

Anwendungen für Künstliche Intelligenz (KI) und Maschinelles Lernen (ML) liegen in Österreich stark im Trend. Zu dieser Einschätzung kommt eine Studie von Cloud Provider Interxion, die Ende 2020 veröffentlicht wurde. Demnach nutzen fünf Prozent der heimischen Studienteilnehmenden KI bereits in verschiedenen Anwendungsfeldern. 18 Prozent setzen die Technologie in einem ersten Anwendungsszenario ein. Weitere 34 Prozent sind gerade dabei, KI zu testen. Unmittelbar vor diesem Schritt stehen 13 Prozent, die planen, KI kurzfristig anzuwenden. Zudem wollen in den nächsten zwei Jahren 30 Prozent KI für einen ersten Anwendungsfall nutzen. Als größte Hindernisse bei der Implementierung führen die Studienautoren die Kosten (66 Prozent), den Mangel an technischer Expertise (56 Prozent) und die fehlende Einbettung in die Unternehmensstrategie (41, Prozent) an. In der Praxis gerät ein Unternehmen jedoch schnell in die Bredouille, soll es die Lücke zwischen dem Experimentieren mit ML und dem Einsetzen der Technologie in Produktionsumgebungen schließen. Stepanie Englert führte dazu mit Daniel Metzger, Regional Vice President Central & Eastern bei Cloudera, ein Gespräch.

 

In der vorliegenden Untersuchung heißt es: „In der Praxis gerät ein Unternehmen jedoch schnell in die Bredouille, soll es die Lücke zwischen dem Experimentieren mit ML und dem Einsetzen der Technologie in Produktionsumgebungen schließen.“ Wo genau liegen die Herausforderungen für Betriebe bzw. woran scheitern sie womöglich?

Daniel Metzger: Um Machine Learning in Unternehmen erfolgreich umzusetzen, muss die Grundlage für ML – vorhandene Daten, Datenströme und die Fähigkeit, diese in großen Mengen zu speichern – gewährleistet sein. Für den konkreten ML-Einsatz ist es wichtig, zuvor bestehende Datensilos, die nur für einzelne Abteilungen verfügbar sind, aufzubrechen. So stellen Unternehmen die Weichen für den ganzheitlichen Einsatz von ML-Technologien. Dabei bietet die Umsetzung in Produktionsumgebungen, beispielsweise hinsichtlich vorausschauender Wartung, vielversprechende Vorteile.

Inwiefern?

Daniel Metzger: Damit Unternehmen die angesprochenen Vorteile nutzen können, müssen sie über Fachkräfte verfügen, die nicht nur mit ML-Technologien, sondern auch mit der Produktionstechnik vertraut sind. Denn um vom Experimentieren mit ML zum konkreten Einsatz der Technologie in Produktionsumgebungen zu gelangen, gibt es bisher keine Musterverfahren. Deshalb ist es für Unternehmen besonders wichtig, ihre eigenen Modelle zu verstehen und sie auch über die Experimentierphase hinweg fortlaufend anzupassen und kontinuierlich zu optimieren.

Was bedeutet das für die Unternehmen?

Daniel Metzger: Es mag banal klingen, aber Unternehmen müssen auf die Funktionalität ihrer Modelle und ihr wirtschaftliches Potenzial vertrauen. Denn um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen KI-gestützte Erkenntnisse in die Tat umsetzen. Dabei zählt bereits der Versuch, andernfalls ist ein Scheitern des erfolgreichen Einsatzes von ML in Produktionsumgebungen vorprogrammiert.

In der Studie heißt es auch, Scheitern gehöre dazu. So stellt sich mir die Frage: um welchen Preis? Wird bei derartigen Aussagen nicht später in der Praxis „sinnlos“ Geld verspielt – Geld, das Unternehmen womöglich auch nicht „über“ haben?

Daniel Metzger: Dies ist ein Risiko, das Unternehmen eingehen müssen. Wobei es sich wie bereits bei der vorherigen Frage aufgezeigt um ein kalkulierbares Risiko handelt. Zum einen wird ML eine zunehmend wichtigere Rolle für Unternehmen einnehmen, um sich im digitalen weiterhin behaupten zu können. Zum anderen trägt datengesteuertes Lernen entscheidend dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit auch zukünftig zu sichern. Dabei ermöglicht ML Unternehmen ihre Kundenerlebnisse zu verbessern, ihre Effizienz zu optimieren und nicht zuletzt auch neue Geschäftsfelder und Einnahmequellen zu ermitteln. Wichtig ist dabei, dass die Unternehmen zu Beginn Einsatzbereiche definieren, zu denen sie die Fachkräfte haben und die Modelle genau definieren können, dann lässt sich ein mögliches Scheitern zumindest verringern.

Könnten Sie noch konkreter werden anhand eines Beispiels?

Daniel Metzger: Meine Annahmen können auch durch die IDG-Studie Machine Learning 2020 verdeutlicht werden: Rund 22 Prozent der ML-Projekte verschaffen laut dieser Unternehmen einen sofortigen Nutzen, weitere 22 Prozent nach vier bis acht Wochen. Nach drei Monaten können die meisten Betriebe, 27 Prozent, positive Effekte der ML-Lösungen verzeichnen.

Demnach machen Investitionen also Sinn?

Daniel Metzger: Investitionen in die Technologie sind daher sicher nicht umsonst. Dabei ist die Größe der Unternehmen nachrangig, schließlich besitzen alle Betriebe interne und externe Daten, die insgesamt die Basis für datengetriebene Geschäftsmodelle bilden. Unternehmen, die in eine Datenstrategie investieren, sichern sich also langfristig einen Vorsprung gegenüber ihrer Konkurrenz.

Weiters wird in der Studie das Thema „ethische KI“ angesprochen. Inwiefern spielt diese eine Rolle in Betrieben und künftigen KI-Anwendungen?

Daniel Metzger: Auf Künstlicher Intelligenz basierende, automatisierte Systeme werden zunehmend bei Entscheidungsprozessen in verschiedensten Anwendungsfeldern eingesetzt. Dass KI-gestützte Systeme verantwortungsvoll betrieben werden, muss auch für Unternehmen im Vordergrund stehen. Zwar gibt es noch keine allgemeingültigen Kriterien dafür, was ein System ethisch vertretbar macht, doch trotzdem müssen Unternehmen unbeabsichtigte Folgen im Auge behalten, nicht zuletzt, um Klagen zu vermeiden. Schließlich können sie nur so gewährleisten, mögliche Verletzungen von Werten wie Fairness, Achtung der Privatsphäre und Transparenz zu vermeiden und weder Kunden noch anderen Personen zu schaden. Handeln Unternehmen dabei nachlässig, kann das sowohl rechtliche als auch rufschädigende und regulatorische Folgen für sie haben. Neben der Vermeidung dieser Risiken bringt das Achten auf ethische KI aber auch weitere Vorteile mit sich. Die für die Umsetzung ethischer KI sorgfältig eingesetzten Technologien, wie eine gute Überwachung und Steuerung, können das Geschäft positiv beeinflussen.

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