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Quantencomputing-Forschungsplattform | „Game Changer“ auf der Hannover Messe

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An einem IBM Quantum System One können Industrie und Forschung jetzt unter deutschem Recht anwendungsbezogene Quantensoftware entwickeln, sie testen und ihre Kompetenzen ausbauen. | Bild: IBM Research

Der erste IBM Quantum System One in Europa steht ab sofort Unternehmen und Forschungsorganisationen zu Verfügung, um anwendungsbezogen Quantenalgorithmen zu entwickeln und zu testen sowie Know-how aufzubauen. In einem Gemeinschaftsprojekt mit IBM betreibt die Fraunhofer-Gesellschaft den nahe Stuttgart installierten Quantencomputer unter hiesigem Datenschutzrecht. Auf der digitalen HANNOVER MESSE stellte das Fraunhofer-Kompetenznetzwerk Quantencomputing am 13. und 14. April sein Angebot der Öffentlichkeit vor.

Quantencomputing gilt als »Game Changer«, der schon in einigen Jahren neues Wissen und neue Möglichkeiten in vielen Bereichen schaffen kann: bei Optimierung und Simulation, in Logistik und Verkehr, Energiewirtschaft, Chemie, Medizin oder den Materialwissenschaften. In Deutschland herrscht Konsens über das große Potenzial der Zukunftstechnologie, und sowohl Politik als auch Wirtschaft und Wissenschaft arbeiten daran, Quantencomputing voranzutreiben, um praktische Probleme bald effizienter lösen zu können. Was bisher fehlte, war eine sichere Forschungsplattform, auf der Unternehmen und Institutionen quantenbasierte Rechenstrategien ausprobieren, auf ihre Anwendungsbereiche hin optimieren und die nötigen Kompetenzen beim »Training on the system« aufbauen können. Das bietet nun der Quantencomputer im baden-würtembergischen Ehningen.

Meilenstein für technologische Souveränität Deutschlands

„Wenn wir die rasante Entwicklung im Quantencomputing aktiv mitgestalten wollen, müssen wir in Deutschland jetzt die nötige anwendungsbezogene Expertise aufbauen, passende Algorithmen und vor allem neue Geschäftsmodelle entwickeln“
– Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft.

Er erklärt weiter: „Wir bieten mit unserer Plattform rund um den IBM-Quantenrechner und unserem Kompetenznetzwerk Quantencomputing allen Unternehmen und Forschungseinrichtungen die Möglichkeit, diese Zukunftstechnologie aktiv voranzutreiben, sich umfassend für das Quanten-Zeitalter zu qualifizieren und die gewonnenen Fähigkeiten nutzbringend einzusetzen.“ Bei IBM sei man davon überzeugt, dass offene Technologien, eine aktive und globale Gemeinschaft von Entwicklern, Wissenschaftlern und Experten aus Industrie, Regierung und Hochschulen der Schlüssel zum Erfolg des Quantencomputers sind, ergänzt Gregor Pillen, General Manager IBM Deutschland, Österreich und Schweiz.

„Die erste Installation eines IBM Quantum System One in Europa wird den Fortschritt auf diesem Gebiet beschleunigen und den Zugriff auf die Technologie für Unternehmen jeder Größe ermöglichen, während sie sich auf die Ära der Quantencomputer vorbereiten.“
– Gregor Pillen, General Manager IBM Deutschland, Österreich und Schweiz.

Die Lösung wissenschaftlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Problemstellungen

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek erklärt: »Die Quantentechnologien werden unsere Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig und grundlegend verändern. Quantensensorik, Quantenkommunikation oder auch das Quantencomputing – all diese Zukunftstechnologien werden Lösungen für wissenschaftliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Problemstellungen ermöglichen, die lange unlösbar erschienen.

So wird die Quantenkommunikation beispielsweise eine absolut sichere Datenübermittlung Wirklichkeit werden lassen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert die Quantentechnologien durch eigene Initiativen und Förderbekanntmachungen, wie beispielsweise durch das Projekt QuNET für absolut sichere Kommunikation, um den Transfer in alltägliche Anwendungen in Wirtschaft und Gesellschaft zu ermöglichen und um technologische Souveränität für Deutschland und Europa zu sichern. Ich tue alles dafür, dass das so wichtige Feld der Quantentechnologien in Deutschland entschieden und schnell vorangebracht und zur anwendungsbereiten Technologiereife geführt wird. Die Fraunhofer-Gesellschaft und ihre Institute sind für das Bundesforschungsministerium hierbei ein wichtiger Partner in der deutschen Forschungslandschaft.«

Potential in vielen Bereichen

Als Meilenstein für die technologische Souveränität Deutschlands und Europas bezeichnet es der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

„Wir wollen die Chancen des Quantencomputings so früh wie möglich für Anwendungen in Wirtschaft und Wissenschaft nutzen. Denn Quantencomputer bergen ein riesiges Forschungs- und Experimentierfeld.“

Sie können zum Beispiel Verkehrsabläufe und logistische Prozesse optimieren, komplexe Finanzströme noch besser analysieren, neue chemische Modelle simulieren oder Innovationen in der Medizin- und Energiebranche beschleunigen. Die Wirtschaftsministerin des Landes, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, betont: »Baden-Württemberg verfügt über ein etabliertes Netzwerk aus exzellenter Quantenwissenschaft an Universitäten und anwendungsorientierten Forschungseinrichtungen sowie einer international führenden Hightech-Industrie. Wir leisten mit unserem Wissen einen entscheidenden Beitrag zum Fortschritt und zur Anwendung von Quantencomputing. Quantenalgorithmen eröffnen gänzlich neue Möglichkeiten und wesentlich effizientere Lösungswege – beispielsweise in den Ingenieurs-, Material- und Datenwissenschaften. Um diese Felder möglichst frühzeitig für wirtschaftliche Anwendungen im Land zu erschließen, schaffen wir gemeinsam mit Fraunhofer und IBM einen Zugang zu dem derzeit europaweit leistungsfähigsten Quantencomputer in Ehningen.«

Premiere auf der HANNOVER MESSE

Zentrale Anlaufstelle für die Nutzung des Quantencomputers ist das Fraunhofer-Kompetenznetzwerk Quantencomputing, bestehend aus mehreren regionalen Kompetenzzentren mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Auf der digitalen HANNOVER MESSE am 13. und 14. April stellt das Netzwerk die Möglichkeiten für Industrie und Forschung vor, die sich mit dem Quantencomputer bieten. Voraussetzung für den Zugang zu dem Rechner ist ein Nutzungsvertrag mit Fraunhofer, das Preismodell basiert auf einem monatlichen Ticket. Alle verarbeiteten Daten bleiben lokal in Ehningen gespeichert und unterliegen deutschen Datenschutzbestimmungen.

Die offizielle Einweihung des Quantencomputers vor Ort in Ehningen musste wegen der Corona-bedingten Einschränkungen verschoben werden. Wenn Sie aber die Auftritte des Netzwerks im Stream der HANNOVER MESSE ansehen wollen, so können Sie das ab 19. April bis 30. Mai 2021 hier tun.

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