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Im Gespräch | Es darf gedruckt werden

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igus-AF-Experte Tom Krause: „Technologisch ausgereifte Hochleistungskunststoffe spielen im 3D-Druck ihre Vorteile aus.“

Ein Interview mit Tom Krause, Leiter Geschäftsbereich Additive Fertigung bei der igus GmbH in Köln, gibt Aufschluss darüber, was der 3D-Druck in Zukunft noch bringen wird und jetzt schon kann – etwa mehrere Komponenten.

MM: Das Thema „Zwei-Komponenten(2K)-Bauteile“ im 3D-Druck scheint zunehmend von Interesse. Für wen genau?

Tom Krause: 2K-Bauteile vereinen die Vorteile von zwei unterschiedlichen Materialien. Wenn ich also bei einem Bauteil verschiedene Anforderungen habe –beispielsweise an der einen Stelle muss das Material besonders belastbar an der anderen aber eher verschleißfrei sein – dann bietet der 2K-Druck hier ganz neue Möglichkeiten. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Bei einem Umlenkhebel sind die Lagersitze und der äußere Gleitbereich aus iglidur i150, was in der Verschleißfestigkeit bis zu 50 Mal besser ist als bei Standardmaterialien. Die restlichen Bereiche des Bauteils sind aus dem neuen igus-Tribofilament igumid P150, was eine X-Mal höhere Steifigkeit und X-Mal höhere Festigkeit als iglidur I150 besitzt, aber eben nicht auf
Reibung und Verschleiß optimiert ist. Dementsprechend sind Bauteile im 2K-Verfahren für alle Konstrukteure und Entwickler geeignet, denen die Eigenschaften von einem Kunststoff nicht reichen, die die Performance und Belastbarkeit noch weiter erhöhen oder die Metall- durch Kunststoffbauteile ersetzen wollen.

MM: Zudem müssen aber die unterschiedlichen Materialbeschaffenheiten berücksichtigt werden. Gibt es hier Ausnahmen von Materialien, bei denen dies nicht möglich ist?

Krause: Bei dem Verfahren handelt sich um FDM/FFFDruck, daher müssen die Materialien zuerst einmal als Filament verfügbar sein. Zudem ist es wichtig, dass die Materialien in ähnlichen Verarbeitungstemperaturen liegen. Man kann beispielsweise kein Hochtemperaturmaterial mit einem regulären Filament kombinieren.

MM: Wie lange wurde „geforscht/gearbeitet“, bis diese Technologie schlussendlich marktreif geworden ist?

Krause: 2K-Bauteile haben wir auf Anfrage schon seit 2015 für Kunden gefertigt. Dabei sind spezielle 2K-3D-Drucker notwendig, um unter Zuhilfenahme von auflösbarem Stützmaterial komplizierte Teile im Filamentdruck herzustellen. Um den 2K-3D-Druckservice weiter voranzubringen hat igus jetzt über ein Jahr hinweg verstärkt Versuche und Tests im hauseigenen Testlabor durchgeführt, um einen regulären Service anbieten zu können. Und auch die kommenden Entwicklungen sind schon in Planung. Als nächsten Schritt gehen wir den 3D-Druck mit vier verschiedenen Materialien an.

MM: Durch den Wegfall der Hannover Messe 2020 und weiterer Veranstaltungen wie der formnext wurden nun auch die Präsentationsflächen für den 3D-Druckservice gestrichen. Wie konnten Sie heuer dennoch Ihre Zielgruppe erreichen?

Krause: Wir haben in Köln einen 400 m2 großen igus-Messestand aufgebaut, der virtuell allein oder gemeinsam mit einem Kundenberater begehbar ist. Auch ist es möglich, eine geführte Online-Live-Tour zu machen. Dabei ist der igus-Berater mit einem Tablet auf dem realen Stand unterwegs und kann dem Kunden die Neuheiten zeigen, die für ihn interessant sind oder konkrete Lösungen für seine bewegte Anwendung besprechen. Dieses Angebot haben bereits über 50.000 Besucher wahrgenommen.

MM: Eine Studie des IT-Branchenverbands Bitkom zeigt den Angaben zufolge, dass 2019 bereits 32 Prozent der Industrieunternehmen den 3D-Druck nutzen. Welchen Trend denken Sie wird der 3D-Druck in den kommenden Jahren weiter erfahren?

Krause: Wenn man sich die Geschwindigkeit ansieht, mit dem sich der 3D-Druck in den letzten Jahren weiterentwickelt hat, dann kann man davon ausgehen, dass dieses auch in der
kommenden Zeit weiter anhält. So wird einerseits die Geschwindigkeit im 3D-Druck steigen, gleichzeitig werden auch immer mehr Materialien mit den unterschiedlichsten Eigenschaften
druckbar sein. Das betrifft bei uns einerseits die Werkstoffvielfalt, andererseits auch ganz neue Konzepte. Ein aktuelles Beispiel ist die Verbindung aus Industrie 4.0 und Additiver Fertigung. So sind wir jetzt in der Lage Komponenten zu drucken, die rechtzeitig davor warnen, wenn ihre Verschleißgrenze erreicht ist. So ist vorausschauende Wartung möglich und ein Ausfall der Anwendung wird vermieden.

MM: Und abschließend: Gibt es Grenzen beim Thema AM?

Krause: Durch die hohe Designfreiheit gibt es bezüglich des Designs schon jetzt kaum Grenzen. Beschränkungen gibt es aber hinsichtlich der Materialauswahl, hier ist die Auswahl noch
nicht so hoch wie im Spritzguss. hier arbeiten wir jeden Tag daran, weitere Materialien zu entwickeln und auch die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Verfahren weiter zu verbessern.

Hier geht’s zum Artikel „3D-Druck in einer neuen Dimension“ – erschienen in MM 11/2020 im Sonderteil „Additive Fertigung“ 

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