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Cobot verleihen Oberflächen letzten Schliff

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Die Firma Paradigm stellt in der Nähe von Toronto hochwertige Lautsprecher und Subwoofer her.

Viele eintönige Produktionsschritte sind längst in die Hände kollaborierender Roboter übergegangen – mit Blick auf die Oberflächenbearbeitung war das lange schwierig. Denn um Oberflächen den letzten Schliff zu verleihen, braucht es genau den richtigen Druck.

Ob beim neuen Auto, Kleiderschrank oder Handy: Der erste Eindruck, den wir von einem Produkt gewinnen, wird stark von der Beschaffenheit seiner Oberfläche bestimmt. Sie sticht ins Auge und bietet die Berührungspunkte, die der Konsument mit einem Produkt hat. Umso
wichtiger ist es, dass Hersteller beim Schleifen, Schmirgeln oder Entgraten solcher Flächen mit größter Sorgfalt vorgehen. Zugleich erfordern diese Tätigkeiten meist repetitive Bewegungsabläufe. Die Kombination aus Monotonie und einem hohen Grad an erforderlicher Konzentration macht Prozesse in der Oberflächenbearbeitung fehleranfällig und anstrengend für die ausführenden Mitarbeiter. Dadurch steigt zugleich das Verletzungsrisiko.

Vor diesem Problem stehen Hersteller auch hinsichtlich anderer Tätigkeitsbereiche, etwa der Maschinenbeschickung. Während diese sich jedoch leicht automatisieren lässt, stellt die Oberflächenbehandlung eine deutlich größere Herausforderung für Roboter dar: Das angewandte Werkzeug muss gleichmäßigen Druck auf die zu bearbeitende Fläche ausüben, um diese nicht zu schädigen und dennoch den gewünschten Effekt zu erzielen. Wird ein Roboterarm eingesetzt, muss dieser in der Lage sein, seinen Kraftaufwand genau zu dosieren und zugleich dem Oberflächenverlauf präzise zu folgen. Kollaborierende Roboter, sogenannte Cobots, sind dank integrierter Kraft-Drehmoment-Sensorik dazu in der Lage. Die Sensoren sitzen in den Armgelenken und erlauben ihm, seinen Kraftaufwand zu regulieren.

Kurze Umrüstzeiten.

Um funktional für den Einsatz gerüstet zu sein, benötigt der Roboterarm funktionale Peripheriegeräte. Mithilfe dieser können Anwender ein und denselben Arm zum Beispiel sowohl zum Entgraten als auch zum Polieren nutzen. Dabei lassen sich Cobots meist mit wenigen Handgriffen umrüsten und schnell für neue Aufgaben umprogrammieren. Dies ermöglicht dem Anwender, flexibel zu arbeiten, und minimiert zugleich den Produktionsstillstand.

Cobot-Hersteller wie Universal Robots bieten mittlerweile ganzheitliche Anwendungs-Kits an, die neben den benötigten Werkzeugen auch die entsprechende Software beinhalten. Das Schleifkit von UR+ Partner Robotiq etwa ermöglicht, einen Roboterarm mit über zwanzig verschiedenen Schleifaufsätzen einzusetzen.

Cobot gegen den Fachkräftemangel.

Neben der Entlastung beteiligter Mitarbeiter beschleunigt eine Automatisierung der Oberflächenbehandlung auch die Prozesse. Cobots sind prinzipiell rund um die Uhr einsetzbar und brauchen keine Pausen. Diese Effizienz hat die kanadische Firma Paradigm überzeugt, einen UR-Roboter anzuschaffen.

Das Unternehmen mit Sitz in der Nähe von Toronto entwickelt und produziert
Lautsprecher und Subwoofer. Die Produkte sind für ihre hohe Qualität bekannt
und sehr beliebt. Dies zeigte sich auch beim Launch einer neuen Lautsprecherserie
mit dem besonderen Finish „Midnight Cherry“: Diese kam so gut an, dass Paradigm
die Nachfrage nicht vollständig bedienen konnte.

Um der hohen Produktnachfrage trotz Fachkräftemangel gerecht zu werden, entschied sich Paradigm, die Abschlusspolitur der Lautsprecher zu automatisieren.

„Um dieses Finish zu erzielen, müssen mehrere Schichten Lack aufgetragen werden, und nach dem Auftragen jeder Schicht muss man polieren, polieren, polieren“, erklärt Oleg Bogdanov, Technischer Leiter bei Paradigm. „Dies beinhaltet jede Menge Handarbeit.“ Dem Unternehmen fehlte es jedoch an Fachkräften, die diese eintönige, aber wichtige Aufgabe übernehmen konnten.

Paradigm kaufte daher einen vierachsigen Scara-Roboter, der jedoch strenge Sicherheitsvorkehrungen erforderte. Ein Problem, wie John Phillips, Senior Manager of
Production Services bei Paradigm, erklärt: „Es gab tatsächlich keine Möglichkeit für einen Mitarbeiter, mit dem Roboter zusammenzuarbeiten. Beim Polieren ist es notwendig, dass der Maschinenbetreiber mit der Maschine kooperiert und diese streng überwacht, weswegen uns die Durchführung dieses Vorgangs durch eine abgetrennte Zelle nicht als eine praktikable Lösung erschien.“

Mit dem Roboter.

Vor diesem Hintergrund entschied sich Paradigm schließlich für einen Cobot von Universal Robots. Die Roboter des dänischen Herstellers können nach erfolgreicher Risikobeurteilung direkt neben dem Menschen arbeiten. Kommen sie mit ihm in Kontakt, stoppen sie automatisch. Zudem lassen sie sich so programmieren, dass ihr Betriebsmodus herabgesetzt wird, wenn eine Person ihren Arbeitsbereich betritt.

Paradigm nutzt nun einen UR10-Roboterarm, der Lautsprechergehäuse poliert. Wie alle UR-Modelle bewegt er sich entlang von sechs Achsen und trägt seine maximale Nutzlast im Namen. Bei Paradigm arbeitet der Cobot einer Mitarbeiterin direkt zu, wie Philips erklärt: „Roboter und Mensch arbeiten bei uns jetzt in Form von Pendelbearbeitungen, wobei eine Interaktion im sicheren Umfeld möglich ist und der Mensch überprüfen kann, ob der Roboter die Arbeit angemessen durchgeführt hat, bevor die Abschlusspolitur vom Menschen übernommen wird.“ Auf diese Weise hat Paradigm den Prozess optimiert und seinen Durchsatz um die Hälfte erhöht.

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