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Die „ganzheitlich vernetzte Welt“ ist Zeitgeist

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Bernd Groß zählt sicher zu den Pionieren der Digitalisierung, doch wie immer muss man mit Ideen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Mit seinem Unternehmen Cumulocity wusste er, welches Potenzial IoT mit sich bringt, doch erst mit der Übernahme seines ehemaligen Startups durch die Software AG startete er so richtig durch.

Bernd GROSS startete mit seinem Start-up Cumulocity bei der Software AG richtig durch. Seit Jahresbeginn ist Bernd Groß, CTO bei der Software AG.
Bernd GROSS startete mit seinem Start-up Cumulocity bei der Software AG richtig durch. Seit Jahresbeginn ist Bernd Groß, CTO bei der Software AG.

Schlussendlich führte sein Engagement dazu, dass er mit Jahresbeginn zum CTO ernannt wurde und nun für die Software AG den lang ersehnten IoT-Erfolgsweg weiter vorantreiben soll. Auf der Hannover Messe sprach er mit IoT4 Industry & Business persönlich über seine Ziele.

IoT4 Industry & Business: Herr Groß, seit Jahresbeginn verantworten Sie als CTO einen nicht unwesentlichen Bereich der Software AG. Wie kam es zu dieser neuen Aufgabe?

Bernd Groß: Ich kam 2017 als CEO und Mitbegründer der IoT-Plattform Cumulocity aufgrund einer Akquisition zur Software AG und bin seitdem für die Entwicklung des IoT- und Cloud-Geschäfts verantwortlich gewesen. Dieser eigenständige Bereich der Software AG hat sich sehr gut weiterentwickelt – mit mehr als 100 % Wachstum in 2018. So kam es schlussendlich dazu, dass ich Anfang des Jahres die Position des CTO übernehmen durfte.

IoT: Welches Ziel verfolgen Sie?

Groß: Der Wachstumsbereich IoT und Cloud hat eine ausgeprägte Dynamik, und diese möchten wir auch in unsere anderen Bereiche mit einbringen. Darüber hinaus möchten wir unser Portfolio um neue Lösungen erweitern. Das Ziel ist es der führende Softwareanbieter im Bereich „ganzheitlich vernetzte Welt“ zu werden.

IoT: Was können Kunden erwarten?

Groß: Die Marktstrategie unseres Unternehmens basiert auf der Annahme einer „truly connected world“, also einer ganzheitlich vernetzten Welt, in der alles miteinander verbunden ist oder werden kann. Dieser Zustand ist bereits seit einiger Zeit allgegenwärtig. Für Unternehmen bedeutet dies ein ganzheitliches Denken, teilweise auch Umdenken, und hierfür bieten wir entsprechende Lösungen – oder nennen Sie es auch Hilfestellungen – an. Wir kombinieren die führenden Produkte unseres Hauses mit der Zielsetzung, dass unsere Kunden und Partner die neuen Herausforderungen der „ganzheitlich vernetzen Welt“ meistern können.

Ein Beispiel: IT-Leistungen im Einzelhandel waren früher im Allgemeinen vom Filialgeschäft getrennt. Die IT-Abteilung hat sich auf ERP und Co fokussiert. Heute ist dies anders: Die IT Abteilung muss Applikationen wie ‚„Cash Management“ oder „Energie Management“ für die Filialen anbieten. Das ist genau die vernetzte Welt die wir als Marktvision vor Augen haben, in diesem Beispiel werden die IT-Systeme und Prozesse mit den Filialen (Kassen, Stromverbraucher wie zum Beispiel Kühltruhen) verbunden um dadurch Mehrwerte zu schaffen.

IoT: Hängt diese Unternehmensausrichtung nun auch mit der Teilnahme der Software AG auf der Hannover Messe zusammen?

Groß: Tatsächlich ist es so, dass viele unserer Kunden und auch potenziellen Neukunden auf der HMI sind, und von daher ist diese Messe hochinteressant und ein absolutes Muss für die Software AG.

IoT: Schränken Sie sich bei der Auswahl Ihrer Kunden auch ein, etwa bei der Unternehmensgröße, oder spielt das keine Rolle?

Groß: Wir haben für die unterschiedlichsten Unternehmensgrößen die verschiedensten Angebote im Portfolio; es kommt darauf an, was Sie als Unternehmen benötigen. Die Software AG setzt seit ihrer Gründung vor 50 Jahren auf die Entwicklung von weltweit führenden Softwarelösungen für Unternehmen – mögliche Beschränkungen bezüglich Firmengröße oder Branche werden durch Cloud basierte SaaS-Anwendungen mit „Subscription“ bzw. „Pay-as-you-grow“ basierten Preismodelen immer geringer.

IoT: Und was genau bieten Sie in Bezug auf IoT an?

Groß: Mit Cumulocity IoT Edge ist es möglich, die gemeinsame Industrial-Internet-of-Things-Lösung der Software AG und Dell Technologies am Markt verfügbar zu machen. Unser Ziel ist es, hiermit einen schnellen und dennoch leistungsfähigen Einstieg in IIoT-Projekte zu ermöglichen. Die Lösung kombiniert Server und Edge-Gateways von Dell mit Cumulocity IoT Edge von uns. Dabei handelt es sich um eine Single-Server-Version von Cumulocity IoT.

Weiters ist sie auf die Anforderungen der Industrie zugeschnitten und ermöglicht zum Beispiel kontinuierliche Maschinenüberwachung in der Fertigung, die Optimierung von Produktionsprozessen oder den Einsatz von Predictive Maintenance. Um einen reibungslosen Start sicherzustellen, wird Cumulocity IoT Edge auf einem Server vorinstalliert und vorkonfiguriert. Nach der Installation am Einsatzort einer Fertigungsumgebung erfolgt über Edge Gateways von Dell die Verbindung mit den lokalen IoT-Geräten. Das Plug & Play-System bereitet Daten auf, filtert und aggregiert sie, ehe die Weiterleitung zu Unternehmensanwendungen erfolgt.

IoT: Weiters wurde vor Kurzem der Start des Projekts „Zero Defects Manufacturing Platform“ (ZDMP = fehlerfreie Fertigungsplattform) bekannt gegeben. Um was genau handelt es sich hierbei?

Groß: Das ZDMP-Projekt läuft über insgesamt 48 Monate und wird mit einer Gesamtsumme von 19 Mio. Euro von 30 Partnerunternehmen und der Europäischen Kommission unterstützt. Das Ziel des Projekts ist es, eine digitale Plattform mit zugehörigen Apps zu entwickeln und zu etablieren, um  Spitzenleistungen in der Fertigung durch fehlerfreie Prozesse und Produkte zu erreichen. Die Software AG wird dabei ihre webMethods Hybrid Integration Platform und Cumulocity IoT einbringen, um ZDMP mit Datenerfassung, Integration, Interoperabilität und IIoT-Fähigkeiten zu unterstützen. Darüber hinaus leitet die Software AG das Ambassador- Programm des gesamten ZDMP-Projekts.

IoT: Was waren die Hintergründe für dieses Projekt?

Groß: Die Fertigungsindustrie befi ndet sich heute in einem tiefgreifenden Wandel der Industrie 4.0. Dies verändert die Fertigungsindustrie grundlegend durch die Verbreitung neuer digitaler Lösungen entlang der Produktionsprozesskette. ZDMP wird die Fähigkeiten des Industriellen Internets der Dinge und der Künstlichen Intelligenz nutzen, um eine offene, erweiterbare, interoperable und flexible Plattform zu schaffen, die es jedem europäischen Produktionsunternehmen jeder Größe ermöglicht, seine Produktion zu optimieren und damit seine Position auf dem Weltmarkt zu stärken.

IoT: Nun sagen einige Experten, dass wenn man den Sprung in die Digitalisierung als Unternehmen inzwischen noch nicht geschafft hat, hätte man den Anschluss an die neue Ära, also dem Industrie 4.0-Zeitalter, allmählich verpasst. Sehen Sie das auch so streng?

Groß: Das würde ich so pauschal nicht unterschreiben. Es liegt zwar der Fall vor, dass es sicherlich einzelne Betriebe gibt, die etwas langsamer mit dem Thema Digitalisierung umgehen, aber es mussten ja erst einmal Lösungen am Markt vorliegen, die weniger Theorie und mehr Praxiseinsatz ermöglichten. Nun sind erste kommerzielle Projekte im Einsatz, und das sehr weitreichend und variantenreich. Aber nicht jeder investiert jetzt, viele werden auch sicher erst in ein bis zwei Jahren aktiv werden.

IoT: Weshalb?

Groß: Nehmen Sie etwa ein Beispiel aus dem Bereich Druckluft. Hier gibt es Firmen, die seit Jahrzehnten Kompressoren im Angebot hatten und mit dem digitalen Wandel und dem so genannten Condition Monitoring ist es nun möglich, bestimmte Verbräuche zu analysieren und hieraus auch neue Geschäftsmodelle zu kreieren. Es gibt plötzlich Kunden der Kompressor-Hersteller, die gar nicht mehr am Kompressor selber, aber an der Druckluft
interessiert sind. Das bedeutet, hier findet eine komplette Umwälzung von Geschäftsmodellen statt und Produktanbieter werden plötzlich zu Serviceanbietern, so etwas dauert seine Zeit. Ich würde es auch teilweise als komplett „neue Reise“ bezeichnen, die die Unternehmen durchlaufen. Diese Umstellungen betreffen teilweise ganze Unternehmensabläufe und nehmen vom ersten Anstoß bis zur erfolgreichen Transformation einige Zeit in Anspruch.

IoT: Das bedeutet, dass das Zauberwort „Zeit“ lautet?

Groß: Sicherlich ist es richtig, dass ich als Lösungsanbieter gerne so schnell wie möglich so viel wie möglich den Firmen anbieten und verkaufen möchte. Doch man muss ihnen eben auch die Zeit dieser „Reise“ in eine neue Ära geben. Wichtig ist, dass sie den Wandel akzeptieren. Das ist entscheidend.

IoT: Wie schaut es mit Partnerschaften aus?

Groß: Partnerschaften sind für uns entscheidend. Wir sind bei zahlreichen namhaften Firmen mit an Bord und bauen diese strategischen Kooperationen kontinuierlich aus wie zum Beispiel Dell bei Edge Computing, Siemens Mindsphere, Adamos, Deutsche Telekom, NTT und vielen mehr.

IoT: Das bedeutet auch, Sie „leben“ von Ihren Referenzen.

Groß: Ohne unsere zahlreichen namhaften Referenzen würden wir sicherlich einen schwereren Stand am Markt haben. Vergessen Sie nicht, dass Unternehmen immer auf Sicherheit setzen. Vor allem in diesen bewegenden Zeiten der Digitalisierung ist Verlässlichkeit entscheidend für strategische Entscheidungen. (se)

Das ist ein Artikel aus Ausgabe 02/2019 von IoT4 Industry & Business, erschienen am 11. September 2019. Die komplette Ausgabe können Sie hier als ePaper abrufen.


Quelle: Software AG

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