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Im Gespräch | E-Logistik: Geheimwaffe Standardisierung

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„Digitale Beschaffungsprozesse laufen nicht mehr ausschließlich über den Einkauf ab, sondern finden immer mehr über die Bedarfsträger statt“, erklärt Ing. Thomas Lutz.

Ing. Thomas Lutz beschäftigt sich als Leiter E-Business & Logistik-Lösungen beim technischen Händler Haberkorn mit digitalen Beschaffungsprozessen für seine Kunden. Für ihn gehört Standardisierung zu den Geheimwaffen des Einkaufs. Der kann sich dadurch wieder auf seine eigentlichen Aufgaben konzentrieren.

„Digitale Beschaffungsprozesse laufen nicht mehr ausschließlich über den Einkauf ab, sondern finden immer mehr über die Bedarfsträger statt“, erklärt Ing. Thomas Lutz.
„Digitale Beschaffungsprozesse laufen nicht mehr ausschließlich über den Einkauf ab, sondern finden immer mehr über die Bedarfsträger statt“, erklärt Ing. Thomas Lutz.

IoT4 Industry & Business: Einkaufen ist nicht mehr so einfach wie früher. Digitale Beschaffungsprozesse haben den Einkauf verändert. Wie sieht Haberkorn diese Entwicklung?

Thomas Lutz: Digitale Beschaffungsprozesse laufen typischerweise nicht mehr ausschließlich über den Einkauf ab, sondern finden immer mehr dort statt, wo der Bedarf entsteht – also beim Bedarfsträger selbst. Etwa über unsere Angebote, wie einem unserer Ausgabeautomaten, aus dem der Bedarfsträger von Arbeitshandschuhen bis Zangen direkt entnimmt und das System dann entsprechend meldet, was herausgenommen und verbraucht wurde. Damit wird dann auch die Nachbeschaffung angestoßen und wir werden automatisch informiert. Die zweite Möglichkeit funktioniert bei Waren, die nicht sofort, sondern eventuell erst am nächsten Tag verfügbar sein müssen. Hier hat der Bedarfsträger die Möglichkeit selbstständig zu bestellen, indem er einen Barcode einscannt. Diese Produkte sind standardisiert und werden über einen Barcode-Katalog ausgewählt. Dieses konkrete Produkt ist bereits vom Einkauf freigegeben und der Preis ist verhandelt.

Und dann gibt es auch noch, abweichend von diesen Standardprodukten, den sogenannten offenen Bedarf, also Dinge, die man vorher nicht planen kann. Hier nutzt man die Funktionen unseres Online-Shops. In welcher Weise unsere Systeme den Kunden in seinen Prozessen am besten unterstützen können, ist Ergebnis von Beratungsgesprächen, die wir mit unserem Kunden gerne führen.

IoT: Damit bekommt die klassische Einkaufsabteilung neue Aufgaben?

Lutz: Die Aufgabenstellung an den Einkauf wird sich dahingehend verändern, dass man versucht die Entscheidungsprozesse und die Preisverhandlungen nur einmal zu machen, alles zu regeln und dann an die Bedarfsträger weiterzugeben. Es geht auch um die Standardisierung. Wenn man bei seiner Analyse draufkommt, dass ein Produkt in verschiedenen Varianten von mehreren Lieferanten bezogen wird, kann man sich auf einen Standard einigen und die Vielfalt reduzieren. Darüber hinaus macht es Sinn zu wissen, welche Produkte häufig und welche weniger oft benötigt werden. Und es geht auch darum, dass der Einkauf seiner Rolle als Einkäufer wieder mehr gerecht werden kann.

IoT: Stehen Ihre E-Business-Lösungen nur für Ihre Produkte zur Verfügung oder lässt sich das auch auf anderer Lieferanten ausweiten?

Lutz: Wir haben für unser Sortiment natürlich am meisten Kompetenz und können das am besten steuern. Deswegen ist unser System auch für unser Sortiment optimiert. Wir werden aber zunehmend von unseren Kunden darauf angesprochen, dass wir zum Beispiel auch Büroartikel oder ähnliches mitdenken. Da sehe ich auch ein Themenfeld, mit dem wir uns auseinandersetzen und versuchen diesen Bedarf in unsere Lösungen zu integrieren.

IoT: Wie helfen Ihre E-Lösungen Komplexität zu reduzieren?

Lutz: Komplexität kann als Folge hoher Produktvielfalt und einer großen Anzahl an Beschaffungsquellen entstehen. Es gibt oft ähnliche Produkte von vielen unterschiedlichen Marken, die bei verschiedenen Lieferanten gekauft wurden. Da kann man ganz stark reduzieren, indem für diesen Bedarf ein Standard festgelegt wird. Etwa, dass sich der Kunde für eine Marke entscheidet und die Waren ausschließlich bei einem Händler bezieht. Oft wächst die Lieferantenanzahl im Laufe der Zeit einfach an. Aber die Einkäufer müssen jeden einzelnen, egal mit welchem Umsatz, verwalten. Das bindet Ressourcen. Mittels der Standardisierung können auch die Abnahmemengen gebündelt und gleichzeitig die Verfügbarkeit verbessert werden. Die Produkte, die beispielsweise im Automat oder im Kanban-Regal verfügbar sind, entsprechen einem Standard und sind damit einfach überschaubar.

IoT: Wie können Sie die Versorgung sicherstellen?

Lutz: Auf der einen Seite geht es darum, dass die Produkte, die der Kunde vor Ort lagernd braucht, jederzeit bei ihm verfügbar sind, bzw. dass die Produkte, die er bei Bedarf nachbestellt, am nächsten Tag verlässlich da sind. Von unserer Seite laufen hier im Hintergrund verschiedene Prozesse, damit die jeweiligen Vorräte bei uns im System immer verfügbar sind, um auch zum vereinbarten Zeitpunkt liefern zu können. Ergänzend bieten wir unseren Kunden auch das aktive Bestandsmanagement an. Das bedeutet: Ausgehend von einer mit dem Kunden vereinbarten Abnahmemenge wird der laufende Bedarf beobachtet. Sobald sich die benötigten Mengen wesentlich erhöhen oder reduzieren empfehlen wir die entsprechenden Anpassungen in den Automaten oder Behältern.

Auf diese Weise berücksichtigen wir Bedarfsschwankungen und stellen sicher, dass immer genug Ware beim Kunden verfügbar ist.

IoT: Wie kann man den Verwaltungsaufwand beim Einkauf reduzieren?

Lutz: Ein Zeichen für Verwaltungsaufwand ist die Zahl der Hände, die im Spiel sind, um einen Einkaufsvorgang zu bearbeiten. Hier sehen wir gerade mit der digitalen Abwicklung dieser Abläufe beispielsweise mit EDI (elektronischer Datenaustausch) einen großen Hebel zur Reduktion von Verwaltungsaufwand. Das beginnt beim Übermitteln der Bestellungen als EDI-Nachricht und geht über das Empfangen von Auftragsbestätigungen bis hin zu elektronischen Rechnungen.

Ein Ausgabeautomat bietet eine Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit von Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Ersatzteilen. Durch die dezentrale Platzierung reduzieren sich zudem die Wegzeiten, was oft ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor ist.
Ein Ausgabeautomat bietet eine Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit von Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Ersatzteilen. Durch die dezentrale Platzierung reduzieren sich zudem die Wegzeiten, was oft ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor ist.

Darüber hinaus bieten wir hier den Vorteil, dass wir nicht nur Automaten aufstellen und mit Waren versorgen, sondern zudem, dass sämtliche Vorgänge auch im Kunden-ERP-System abgebildet werden können. Wenn der Bedarfsträger zum Beispiel über den Barcode ein Produkt einscannt, löst das automatisch einen Auftrag aus, der umgehend bei uns kommissioniert wird. Der Kunde erhält eine elektronische Bestellbestätigung, die elektronisch im Kundensystem hinterlegt wird. Wenn die Ware physisch ankommt, wird nur mehr der Lieferschein kontrolliert. Wenn hier alles passt, dann ist auch bereits die Lieferung richtig verbucht. Das passiert alles vollautomatisch mit wenig Aufwand und völlig transparent – vom Scan-Vorgang bis zur Rechnungsprüfung. In ähnlicher Weise kann dieser Prozess bei Automaten und den anderen Systemen eingerichtet werden und der Kunde spart sich viel operativen Aufwand.

IoT: Bei den ganzen elektronischen und digitalen Prozessen – kann man mit Haberkorn auch noch persönlich zusammenarbeiten? Es gibt ja auch digitale Verweigerer.

Lutz: Unser Credo ist, dass wir der verlässlichste Partner für den Kunden sind – digital und auch persönlich. So gibt es natürlich Kunden, die nur übers Telefon bestellen. Als Verweigerer würde ich sie aber nicht bezeichnen. Es ist eine Frage von unterschiedlichen Branchen und der aktuellen Situation, in der der Kunde ist, ob ein Geschäft über Telefon abgewickelt wird. Ein typisches Beispiel hierfür ist, wenn ein Bedarfsträger auf einer Baustelle zu einem speziellen Thema von unserem Innendienst beraten und die gewünschte Lieferung in die Wege geleitet wird. Wir haben eine Spannbreite von 0 bis 100 % digital.


Quelle: Haberkorn

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