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Hannover Messe: Integrated Energy | 5G für sichere Energienetze

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Quelle: Hannover Messe, Pressedatenbank

Wer dachte, 5G braucht es „nur“ für autonomes Fahren oder gute Vernetzung von Maschinen, der irrt. In Finnland arbeitet ABB zusammen mit Nokia, dem Hafenautomatisierer Kalmar und einigen weiteren Forschungseinrichtungen an der Zukunft der Mittelspannung mit 5G. Erstmals testeten die Industriepartner ein 5G-Netz für die Energiewirtschaft. Die Ergebnisse des Projekts WIVE stimmen die Verantwortlichen optimistisch.

In den Tests bedienten sich die Ingenieure der geringen Latenzzeiten von 5G. Mit dem Ziel zeitkritische Anwendungen zu ermöglichen und den Schutz und die Effizienz in einem intelligenten Stromnetz zu verbessern. Die im Rahmen des Forschungsprojekts Wireless for Verticals (WIVE) durchgeführten Versuche stellen eine der ersten realen Anwendungen von zeitkritischen 5G-Anwendungen zur Stromnetz- und Hafenautomatisierung dar, heißt es bei den Projektpartnern. Die Grundlage für die Testszenarien bildet: URLLC (ultrazuverlässige Kommunikation mit niedriger Latenzzeit). Sie ist in der Lage, Daten innerhalb weniger Millisekunden mit hoher Zuverlässigkeit zu übertragen.

Schwere Störungen beheben

Die Herausforderung an die Netze der nahen Zukunft: Die Anzahl der zu steuernden Anlagen im Netz auf Kunden- oder Erzeugerseite steigt durch die Umsetzung der Energiewende beispielsweise in Deutschland laufend an, berichtet der VDE. Die Herausforderung besteht darin, mit den massenhaft im System vorhandenen Anlagen einen sicheren und zuverlässigen Systembetrieb zu organisieren. Gleichzeitig steigt das Datenaufkommen insbesondere durch Verbrauchs- und Einspeiseüberwachungen und die Kommunikation zwischen zahlreichen Marktakteuren stark an. Ähnlich sieht es in Finnland aus. Das Management von Stromverteilungsnetzen mit einer zunehmenden Menge an verteilten Energieressourcen und einem zunehmenden Flexibilitätsbedarf erfordert fortschrittliche Technologien für Schutz, Steuerung und Überwachung. Die 5G-URLLC-Technologie bietet eine kostengünstige Kommunikationsplattform für den Einsatz dieser fortschrittlichen Technologien. Petri Hovila, Programmmanager bei ABB erklärt:

„Die Ergebnisse des Projekts sind ermutigend für die zukünftige Einführung von 5G im Versorgungsbereich.“

Vor allem bei Schutzanwendungen in Mittelspannungs-Verteilnetzen soll 5G in dem finnischen Projekt eingesetzt werden. Für die Versorgungssicherheit ist es von großer Bedeutung, dass schwere Störungen unverzüglich behoben werden, um das Verteilernetz am Laufen zu halten, die Sicherheit des Personals zu gewährleisten und Schäden an den Geräten zu vermeiden. Die Studie der Unternehmen bestätigte, dass 5G/URLLC die Latenzanforderungen der Schutzanwendungen erfüllt.

Und die Zukunftsperspektive?

In einem Smart Grid wird in Echtzeit dank 5G über Angebot und Bedarf informiert und dann entschieden. Daran arbeiten unter anderem die TU Dresden, die RWTH Aachen, Ericsson, Techem, E.ON und die Deutsche Telekom in dem Projekt „National 5G Energy Hub“. Im ersten Schritt des Forschungsvorhabens werden Software und Hardware entwickelt, welche die Kommunikation von energetischen Anwendungen hin zu übergeordneten Systemkomponenten ermöglichen. Mit dieser neuen Toolbox sollen zukünftig alle Anwender dieser Technik einen gesicherten Kommunikationszugang zu energetischen Anlagen und Anwendungen erhalten. Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen werden so in die Lage versetzt, ­direkt nach der geplanten Einführung des 5G-Standards im Jahr 2020 neue Produkte und Services im Energiebereich anzubieten.

Hohe Stabilität

Die 5G-Technik wird dazu beitragen, dass mithilfe skalierbarer Cloud-Anwendungen lokale elektrische Einspeisungen oder thermische Bedarfe regional für einen Lastausgleich koordiniert werden können. Dadurch wird die Nutzung volatiler regenerativer Energie unterstützt und die Zuordnung der Erzeugungs- und Speichersysteme kann dynamisch erfolgen, schreiben die Forscher. Weiterhin kann die Auslastung der Betriebsmittel erhöht und die Stabilität des Energieversorgungssystems verbessert werden. Auch eine automatisierte Überwachung dieser technischen Systeme, die für eine vorbeugende Instandhaltung verwendet werden kann, ist eine der möglichen Anwendungen dieser neuen Kommunikationsplattform.

Die Phasen des Projekts

Das Projekt ist in drei Phasen aufgeteilt. Die erste Projektphase beginnt in diesem Jahr und läuft bis Anfang 2020. In dieser Zeit werden die grundlegenden Techniken und Softwarebausteine für den Einsatz der 5G-Technik im Energiebereich entwickelt. Im zweiten Projektabschnitt steht der Transfer zu Produkten und Serviceleistungen im Mittelpunkt (2020–2024), wobei insbesondere mittelständische Unternehmen bei ihren Anstrengun­gen in der Digitalisierung von Produkten und Dienstleistungen unterstützt werden. In der anschließenden Feldtestphase (2025–2028) werden weiterführende Anwendungen bearbeitet, mit denen die Aufgaben der Energiewende gelöst werden können.

5G-Forschung in Finnland

Auch die Aalto University in Finnland untersuchte die Möglichkeiten von 5G-Technologien in intelligenten Netzen. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf Schutz- und Fehlerortungsanwendungen sowie auf der sogenannten packet core performance. Dort zeigt man sich begeistert von dem wirtschaftlichen Potenzial, das die 5G-Technologien dem industriellen Internet bietet.

„An diesem Punkt sind geringe Latenzzeiten und zuverlässige Kommunikation entscheidend für Sicherheit und Automatisierung, Fernsteuerung beweglicher Maschinen, dezentrale Ökostromerzeugung und -speicherung“, berichtet Raimo Kantola, Professor am Aalto University Department of Communications and Networking.


Quelle: Hannover Messe

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