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Interview: „Genau überlegen, statt auf die prononcierten Hypes hereinzufallen“

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Bild: Peter Kraft

Der Weg von Unternehmen in Zeiten der Digitalen Transformation kann steinig sein. Konferenz- und Seminaranbieter IMH hat Dr. Peter Kraft, Autor und langjähriger IT-Berater eingeladen, um das Thema mit der Teilnehmergruppe zu beleuchten. Was ist die Digitale Transformation? Und: Wie wird man „Erfolgreich durch die Digitale Transformation“? Und das ist auch der Titel der zweitägigen Veranstaltung in Wien.

IoT: Was sind für Unternehmen die ersten Schritte zur digitalen Transformation?

Dr. Peter Kraft: Der erste Schritt wird eine grobe Bestandsaufnahme sein mit den Leitfragen: Wie stehe ich da am Markt? Nutze ich die Marktchancen besser oder schlechter als der Mitbewerb? Welchen Raum nimmt die Informations- und Kommunikations-Technologie in meinem Unternehmen ein? Trägt sie mehr oder weniger entscheidend zum Erfolg der angebotenen Produkte und Services bei oder eher nicht? Habe ich einen größeren Investionsspielraum? Wo genau liegen – aus Sicht des Unternehmens -meine derzeitigen Nicht-Stärken. Habe ich qualifiziertes IT-Personal oder muss ich meinen Bedarf hauptsächlich bei externen BeraterInnen decken? Das damit angestoßene Self Assessment erlaubt es, aus den erkannten Digitalisierungsdefiziten eine angemessene Umsetzungsstrategie abzuleiten.

IoT: Und wo liegen Ihrer Ansicht nach die kritischen Erfolgsfaktoren für kleine und mittlere Unternehmen?

Dr. Peter Kraft: Aus unserer Sicht ist der wichtigste Erfolgsfaktor einer digitalen Transformation die proaktive Unterstützung der Geschäftsführung – verbunden mit der Einsicht, dass ohne leistungsfähige und nachhaltige IT-Strukturen angepeilte Digitalisierungseffekte schnell verpuffen können. Gerade um die Nachhaltigkeit der in Angriff genommenen digitalen Transformation sicherzustellen, bedarf es einer Kontinuität in den Leitungsprozessen, einer „digital Leadership“. Nur so kann garantiert werden, dass es zu einer nachhaltigen Weichenstellung (mental change) auch auf den operativen Ebenen kommt. Wichtig ist auch Kosten und Nutzen realistisch abzuwägen statt kritikloser Iamtoo-Strategien.

IoT: Müssen sich Unternehmen neu erfinden?

Tatsächlich ist das größte Hemmnis auf dem Weg zur digitalen Transformation der eigene wirtschaftliche Unternehmenserfolg, der Kontinuität und nicht Disruption signalisiert. Statt sich also selbst neu zu erfinden, macht man weiter wie bisher – bis man dann selbst von innovativen Mitbewerben „disruptiert“ wird. Es ist also eine große Herausforderung gerade für KMUs, die mentale Weichenstellung für den digitalen Wandel vorzubereiten und in den Köpfen von Führungskräften und Mitarbeitern zu verankern.

IoT: Die Digitale Transformation bietet eine Plattform für viele Hypes. Welchem sogenannten Hype geben Sie die besten Chancen unser Geschäftsleben nachhaltig zu verändern?

Eine der wichtigsten Erkenntnisse zu diesem Thema verdanken wir der Gartner-Beraterin Jackie Fenn, die 1995 den Begriff des Hype-Zyklus prägte. Hypes wie 3D-Druck, Big Data, virtuelle Realität, Maschinenlernen, Plattformökonomie, Internet der Dinge etc. unterliegen einer Entwicklung: am Anfang von unterschiedlichen Kräften stark promotet, lösen sie einen gigantischen Erwartungsdruck aus, nur um dann später als illusionär beerdigt zu werden. Die wenigsten Hypes erreichen dann später das „Plateau der Produktivität“, wozu ich Anwendungsfelder wie Virtualität, Blockchain und IoT (Internet of Things) für 2018 zählen möchte. Gerade für kleinere und mittelständische Unternehmen empfiehlt es sich, nicht auf die prononcierten Hypes hereinzufallen, sondern genau zu überlegen, auf welches Pferd sie Rennen setzen. Ein guter Ansatzpunkt ist der für jedes Jahr neu bewertete Hype-Zyklus.

IoT: Sie halten in Wien das Seminar zum Thema „Erfolgreich durch Digitale Transformation“. Wer profitiert von den Seminarinhalten?

In erster Linie profitieren Führungskräfte mit einer (zugedachten) aktiven Führungsrolle für den Digitalisierungsprozess in ihren Unternehmen. Denn sie erhalten die Möglichkeit, sich über best pracitices zu informieren und vor allem die Werkzeuge zu ihrer erfolgreichen Implementierung praktisch, d.h. im konkreten Hinblick auf ihre eigenen Herausforderungen anwenden zu lernen.

IoT: Befassen Sie sich in Ihrem nächsten Buch ebenfalls mit der digitalen Transformation“?

Mein 2018 zur Veröffentlichung anstehendes Buch trägt den Titel „Janus 4.0 – Chancen und Risiken der digitalen Transformation“. Janus ist der römische Gott des Anfangs und des Endes, auch der Gott der Über- und Durchgänge. Genauso zeigt die Digitalisierung respektive die vielzitierte „digitale Disruption“ diese beiden Gesichter. Auf der einen Seite ein unerhörtes Niveau von Unterhaltung, Kreativität und ein in der Breite verfügbares Wissen für alle. Auf der anderen Seite verlagert sich unser soziales Leben ins Virtuelle und wird durchsichtig, ganze Branchen verschwinden und mit ihnen Millionen von Arbeitsplätzen. Der Verfasser zeigt separat für die drei Themenkreise Individuum – Unternehmen – Gesellschaft, welche Veränderungen die letzten zwanzig Jahre gebracht haben und mit welchen Chancen bzw. Risiken wir in der Zukunft rechnen dürfen.

Bild: Peter Kraft

Dr. Peter Kraft ist seit Anfang der achtziger Jahre in der IT-Branche als Berater mit Schwerpunkt Daten- und Projektmanagement tätig. 1998 gündete er synTeam & Partner mit dem Schwerpunkt Organisationsentwicklung. Weiters war Dr. Kraft mehrere Jahre im Bereich Datenanalyse, Datenmigration und Statistik für die Berufsgenossenschaft Rohstoffe & Chemie tätig. Seit 2016 arbeitet Dr. Peter Kraft an diversen Buchprojekten und leitet Seminare.


Quelle: Dr. Peter Kraft

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