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Das große Interview zur SCHWEISSEN 2019

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Wer schon einmal auf einer Fachmesse für Schweißen war weiß, es ist alles andere als „schmutzig“, auch ist die Branche fernab von Vorstellungen des legendären Flashdance-Intros. Schweißen ist Technik pur und durch die zunehmende Bedeutung des Metal Additive Manufacturing (MAM) neuerdings auch ein Markt, der weitaus mehr Potenzial mit sich bringt als zunächst gedacht.

Vom 10. bis 12. September 2019 findet in Linz die zweite Auflage der Fachmesse Schweissen statt. Ein Highlight heuer ist die Sonderveranstaltung MAM als echte Premiere. Die Österreichische Gesellschaft für Schweißtechnik (ÖGS) präsentiert dabei dem Fachpublikum den metallischen 3D-Druck. Im Interview mit ÖGS-Workshop-Leiter Guido Reuter, Reed Exhibitions Managing Director B2B Dietmar Eiden und Marcus Witt von der Firma Metrom Mechatronische Maschinen GmbH aus dem deutschen Hartmannsdorf im Bundesland Sachsen wurde klar, welches Potenzial die Fachmesse, kombiniert mit dem wohl wichtigsten Thema der Branche – MAM – hat.

MM: Herr Eiden, in wenigen Wochen beginnt die zweite Auflage der österreichischen Version einer Fachmesse zum Thema Schweißen. Sind Sie nervös?

Dietmar Eiden, Reed Exhibitions Managing Director B2B-Messen | Foto: Kolarik Andreas

Dietmar Eiden: Im Gegenteil – wir sind voller Erwartungen und Vorfreude. Denn die Erstversion der Messe 2015 war erfolgreich für alle Beteiligten, das ist eine gute Ausgangsbasis. Die Schweissen, als eigenständige Plattform wie sie heuer zum zweiten Mal stattfinden wird, nachdem sie aus der Intertool bzw. vienna-tec damals ausgekoppelt wurde, hat nicht nur ihre Daseinsberechtigung, sie ist auch für den heimischen Markt immens wichtig. Dass sie in das Linzer Design Center verlagert wurde, ist ebenfalls für alle Beteiligten und Besucher ein Zugewinn.

MM: Weshalb?

Eiden: Nach intensiven Gesprächen mit den Ausstellern und auch Besuchern 2014 sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass die Branche der Schweißtechnik sehr stark ihren Schwerpunkt in Oberösterreich hat und auch das Design Center bietet für die Anzahl an ausstellenden Unternehmen und erwarteten Besuchern ausreichend Platz.  Zusammengefasst kann man sagen: Wir sind dem Markt gefolgt.

MM: Das bedeutet aber auch, dass die damalige Kombination mit der Intertool in Wien keine gute Ausgangsbasis gebildet hat. Diese Schweissen-Veranstaltung 2014 war – verzeihen Sie – eher eine kleine Katastrophe.

Eiden: Aller Anfang ist schwer. Wir haben klein angefangen und mit 34 Unternehmen eine Premiere gestartet. Es waren etwa 1.000 Besucher vor Ort, die teilweise auch von der parallel stattfindenden Messe Intertool gekommen sind. Sehr positiv wurde dann doch ein Jahr später, also in einem relativ kurzen Abstand, registriert, dass der Zuspruch der Branche für eine eigene Fachmesse in Österreich sehr groß ist. Alleine von Ausstellerseite hatten wir einen Zuwachs auf 100 Unternehmen bei der neuen Version 2015, was sehr wohl ein PRO Messe bedeutete. Und auch auf Besucherseite konnten wir 2015 um die 3.000 Besucher zählen. Das hat uns in unserer Entscheidung durchaus gestärkt.

MM: Bleibt der 4-Jahres-Messerhythmus auch künftig bestehen?

Eiden: Ja, wir werden diesen Branchen-üblichen Messezyklus von vier Jahren, so wie es auch die Leitmesse Schweissen & Schneiden in Essen vorlebt, beibehalten. Das hat sich bewährt und ist auch üblich.

MM: Wie viele Unternehmen sind nun Stand jetzt für die Messe im September registriert?

Eiden: Derzeit kommen etwas mehr als 100 Unternehmen nach Linz, womit wir auch einen repräsentativen Anbietermarkt für den Besucher gewährleisten können. Zudem können wir behaupten, dass die Key Player der Branche alle zugesagt haben und somit hinter der Veranstaltung geschlossen stehen.

MM: Findet die Sonderveranstaltung des ÖGS im Rahmen der Schweissen erstmals statt?

Eiden: Nein, diese gab es auch bereits bei der damaligen Premiere der Messe vor vier Jahren, doch da würde ich gerne das Wort an den ÖGS-Workshop-Leiter Herrn Reuter weitergeben.

Guido Reuter, ÖGS-Workshop-Leiter

Guido Reuter: Vielen Dank. Wir als ÖGS-Organisation (Österreichische Gesellschaft für Schweißtechnik) haben mit der Reed Messe einen sehr guten Kooperationspartner gefunden und werden während der Messe auf der Empore des Design Centers Linz dann insgesamt sechs Workshops anbieten. Diese sollen vorwiegend für Praktiker und weniger hochwissenschaftlich orientiert sein. Wir möchten dabei sowohl den Ausstellern als auch den Besuchern eine gleiche Chance bieten, ihre Interessen vertreten zu sehen. Für tiefgreifende Fachfragen stehen ja dann die Aussteller auch zur Verfügung.

MM: Was sind die Inhalte?

Reuter: Wir haben sechs Themen, wobei vier wirkliche schweißtechnische Themen sind. Hierzu gehören die Blöcke „Mechanisierung, Automatisierung, Roboter“ sowie auch „Schweißnaht und Qualität“ zum Angebot und darüber hinaus auch das Thema der verschiedensten „Normänderungen in der Schweißtechnik“. Schlussendlich bieten wir natürlich auch einen Part zu „Innovationen, Produktivität und Qualitätsdokumentation“ an.

Zwei weitere Workshops widmen sich den Schwerpunkten „Ausbildung, Weiterbildung und Arbeitssicherheit in der Schweißtechnik“ – wie ich auch betonen möchte ist das ein sehr wichtiger Part der Branche, der zunehmend angefragt wurde und wird – und wir widmen uns dem sehr aktuellen Thema „Metal Additive Manufacturing“.

MM: Vor allem Letzteres erfährt derzeit einen regelrechten Boom. Stimmen Sie dem zu?

Reuter: Ja, Metal Additive Manufacturing wird immer mehr nachgefragt, das stimmt. Aber – ich wage zu behaupten, dass wir über den so genannten Hype bereits hinweg sind. Wir befinden uns bereits in der Phase wo gezielt gefragt wird, wo der Einsatz von MAM Sinn macht und inwiefern technische Möglichkeiten vorhanden sind und ganz entscheidend: Wo ist dabei der wirtschaftliche Vorteil für die Unternehmen? Denn nur dieser weckt schlussendlich das Interesse.

MM: Somit stellt sich dann auch die Frage, nach geeignetem Nachwuchs und Fachkräften, die zu diesen Schwerpunkten ausgebildet sind bzw. werden.

Reuter: Das ist vollkommen richtig und daher haben wir eben hier auch einen Schwerpunkt in einem der sechs Workshops gelegt – Ausbildung und Weiterbildung.

MM: Herr Witt, die Firma Metrom Mechatronische Maschinen GmbH aus Hartmannsdorf in Deutschland, in der Sie als Senior Sales Manager und CTO tätig sind, fertigt multioptionale Bearbeitungsmaschinen. Sie sind im September Aussteller in Linz. Inwiefern sind Sie mit dem Thema MAM vertraut?

Marcus Witt, Metrom Mechatronische Maschinen GmbH

Marcus Witt: Wir als Firma Metrom decken diesen Bereich bereits seit einiger Zeit ab. Entstanden ist das Ganze aus einer Zusammenarbeit mit der Firma Gefertec aus Berlin, die bereits mehrere Jahre vor uns dieses Thema im Visier hatte. Gefertec entwickelt unabhängig von konventionellen Fertigungsmethoden neue Verfahren für die Herstellung von metallischen Bauteilen, die Designern, Ingenieuren und Unternehmen einzigartige Möglichkeiten bieten – und Gefertec ist weltweit das erste und auch einzige Unternehmen, das dem Markt die 3DMP-Technologie auf Basis moderner Lichtbogentechnik in Form von Produktionsmaschinen sofort verfügbar macht. Der Ausgangswerkstoff beim 3DMP-Verfahren ist feiner Draht, der per Lichtbogen Lage für Lage zu einem kompletten Bauteil verschweißt wird.

MM: Und in Kombination mit Ihrem Angebot wird was angeboten?

Witt: Wir selber haben bei Metrom in der Vergangenheit hauptsächlich Fräsmaschinen hergestellt. Die von uns angebotenen und sich im Einsatz befindlichen Maschinen arbeiten seit 2001 auf verschiedenen Anwendungsgebieten wie dem Formen- und Werkzeugbau, der CFK-Bearbeitung, dem Sandform-Direkt-Fräsen, der HSC- und Hartfräsbearbeitung, der allgemeinen Präzisions-Teilebearbeitung oder speziellen Umform- bzw. Fügeverfahren wie dem Rührreibschweißen.

Jedoch existiert hierbei eine Besonderheit: Unsere Maschinensysteme basieren auf einer 5-Achs-Bewegung der Spindel ohne Bauteilbewegung und somit können zusätzliche Prozesse wie Lichtbogenauftragschweißen mittels 3DMP-Verfahren, Laser-Pulver-Auftragschweißen, Laserhärten, Reibrührschweißen und Oberflächenkaltverfestigen nahtlos integriert werden. Eine Komplettbearbeitung insbesondere großer Bauteile ist mobil und stationär äußerst wirtschaftlich möglich. Zusätzliche interpolierende Achsen erhöhen die Dynamik und Zugänglichkeit des Bearbeitungssystems. Der erwähnte Lichtbogenschweißprozess wurde 2018 erstmals auf der RapidTech in Erfurt gezeigt, zum konkreten Thema „Reparatur von einem Presswerkzeug der Firma Audi“.

Der damals präsentierte Vorführprozess ist beim Messepublikum sehr gut angekommen. Wir haben dafür bereits den Intec Preis 2019 und IQ Innovationspreis Mitteldeutschland im Cluster Chemie 2019 gemeinsam mit dem Fraunhofer IWU erhalten.

MM: Werden Sie hierzu die Besucher in Linz informieren?

Witt: Ja und nicht nur am Messestand.

Reuter: Herr Witt wird im Rahmen der Workshops im MAMTeil einen Vortrag zu seiner Technologie halten, das Vortragsprogramm ist auf der Messe-Internetseite und bei uns abzurufen.

MM: Das Problem des Facharbeitermangels wurde bereits erwähnt. Wie schaut es konkret bei Metrom aus? Können Sie alle Bereiche mit Personal abdecken?

Witt: Derzeit befinden wir uns in einer herausfordernden Situation, denn die geforderte Kombination, die das Fachpersonal mitbringen muss, ist schwer zu finden. Die Mitarbeiter müssen einerseits eine NC-Maschine bedienen können und andererseits müssen sie in der Lage sein Fräsprozesse und auch Schweißprozesse zu verstehen. Weiters muss die Person auch Entwicklungsschritte an der Maschine nachvollziehen können.

MM: Wo werden denn diese speziellen Ausbildungen für künftiges Personal angeboten?

Reuter: Wenn wir in Österreich bleiben so bietet etwa die FH Wels diese Ausbildung an. Dort werden eine Vielzahl an Prozessvarianten gelehrt und die theoretischen Anforderungen wie die Werkstofftechnik selber im Ausbildungsverfahren können darüber hinaus auf der FH abgedeckt werden.

MM: Inwiefern möchten Sie mit dem Workshop auf der Messe zum Bereich „Bildung und Ausbildung“ hierzu beitragen?

Reuter: Wir möchten vor allem auch jüngere Besucher an das Thema Ausbildung heranführen und sie darüber hinaus über weitere sozusagen Life-Long-Learning-Themen informieren.

MM: Das heißt, alle Altersgruppen sind auf der Messe willkommen?

Eiden: Ganz genau. Auf der einen Seite haben wir die klassischen Fachbesucher – sowohl auf der Entscheider- als auch auf der Anwenderebene – und auf der anderen Seite sprechen wir eben aber auch ganz gezielt die jungen Nachwuchstalente an. Hier sind nicht nur HTL-Schüler gemeint, sondern auch Absolventen von naturwissenschaftlich/technischen Gymnasien.

MM: Soll ausschließlich der heimische Nachwuchs angesprochen werden?

Eiden: Primär ja, aber im Grunde genommen sind wir natürlich sehr offen und fokussieren uns nicht begrenzt auf einen Markt, sondern gehen auch weiter, etwa in den (Süd-) deutschen Raum. Das macht Sinn.

Witt: Das kann ich bestätigen, denn auch wir haben einen konkreten Fachkräftemangel zu beklagen. Aktuell haben wir offene Stellen zu besetzen und es ist sehr schwer, hier qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Ich spreche dabei sowohl von Technikern als auch von Ingenieuren.

Reuter: Hier müssen die Unternehmen auch flexibler werden. Denn gerade das Thema Weiterbildung ist immens wichtig und die Möglichkeit, auch für Ein- oder Zweitagesseminare, die vielleicht zunächst nur am Rande thematisch interessant sind, meine Mitarbeiter zur Abwechslung einmal nach „draußen“ zu schicken sollten die Firmen in Betracht ziehen.

MM: Das bedeutet, das Thema MAM wäre ein Thema, in dem ich meine Mitarbeiter schulen könnte?

Reuter: Das ist richtig und dieser Bereich ist ja noch lange nicht zu Ende gedacht bzw. entwickelt. Das Entwicklungspotenzial ist enorm.

MM: Zahlreiche Studien und Untersuchungen gehen davon aus, dass MAM ein Markt ist, der in Zukunft Milliarden Wert sein wird. Bestätigen Sie das?

Reuter: Ich denke, wenn wir in die Zukunft schauen und prognostizieren, was etwa in 15 Jahren sein könnte, dann liegt es nahe, dass MAM ein Milliardenmarkt sein könnte. Aber, dieses Thema beginnt schon bei einer ganz anderen Dimension. Professor Pichler von der TU Graz hat es einmal auf den Punkt gebracht: Think additive!

Das bedeutet, wir müssen mit dem Konzept der Additiven Fertigung aus dem Schatten heraustreten und zeigen, was möglich ist und die zahlreichen Anwendungen dann auch durchführen. So hat dann auch MAM ein großes Potenzial. Der Raum für Entwicklungen ist hier sehr groß, wir wissen eigentlich noch gar nicht wo es eigentlich überall hingehen wird. Ähnlich verlief es ja auch beim Laser.

Witt: Richtig. Hier hat es bis zur breiten Masse ja auch eine Weile gedauert, bis durch die Automobilproduktion dann der Laser und seine Technik gängig wurden. Ähnlich erwarten wir es auch beim MAM. Erst wenn die Technik kostengünstig wird und die Qualität passt ist sie letztendlich angekommen. Im Moment sind wir ja beim Material und den Kosten für den 3D-Druck noch bei einer Herausforderung. Auch im Kunststoffbereich entwickelt sich hier noch viel. Vieles findet derzeit ja eher noch im Prototypenbereich statt bis es zur Industrialisierung kommen wird.

Reuter: Aber diese Garantie gibt es auch beim Gießen nicht, aber alle geben sich größte Mühe dies zu erreichen. Denn bei allen technischen Prozessen sind wir immer danach bestrebt, die Qualität an dem Prozess und während des Entstehens zu beobachten und zu gewährleisten und schlussendlich auch zu garantieren. So wird es auch beim MAM sein und wir sehen ja in der Anwendung bei Metrom, dass es machbar ist. MAM hat Potenzial und wird sich entwickeln und auch durchsetzen.

Witt: Das sehe ich auch so und Studien geben letztendlich erst einmal Trends vor. Ob die Zahlen alle so stimmen wie prognostiziert sei dahingestellt.

MM: Welche Erwartungen haben Sie an die Schweissen?

Witt: Wir möchten mit unserer Technik Impulse geben und zeigen, wohin sich die Technik schlussendlich auch entwickeln kann. Durch konkrete Anwendungen könnte man dies wie auch schon erwähnt noch einmal bekräftigen, hier sind wir derzeit noch in der Ausarbeitung an einem neuen Partnerbeispiel, das wir zeigen könnten. Und mit österreichischen Unternehmen möchten wir eben auch eine so genannte Austauschbasis schaffen und beste Lösungen gemeinsam mit den Anwendern und Kunden generieren.

Reuter: Und auch wir erwarten uns von der Messe einen regen Austausch und möchten eben auch Impulse für weiteren Diskussionsbedarf geben. ✱

 

>> Dieses Interview ist Teil des Specials „SCHWEISSTECHNIK“ von Ausgabe 08/2019 des MM Maschinenmarkt Österreich.

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Quelle: SCHWEISSEN

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