Im Gespräch MM Maschinenmarkt

Interview | „Schluss mit ‚No Action, Talk Only‘“

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Dr. Eberhard Veit hat als Vorstand über Jahre die Digitalisierung beim Automatisierungstechnik-Unternehmen Festo vorangetrieben und ist nun Aufsichtsrat in führenden Unternehmen in Deutschland. Als Keynote-Speaker beim Deutsch-Österreichischen Technologieforum 2019 referiert er am 27. November in Linz zum Thema „Agiler Sprint zum Erfolg ist mehr als Digitalisierung!“

In einem Interview haben Sie kürzlich gesagt, „Deutschland muss um das besser sein, was es teurer ist“. Ist das aktuell der Fall?

Dr. Eberhard Veit: Wir sind in Europa noch gut, was das digitale Geschäft im Business to Business-Bereich betrifft, aber der Abstand zu den Aufholenden wird geringer.

Zu wem zum Beispiel?

Es sind vor allem die asiatischen Länder wie China oder Korea. Dort sind die Pro-Kopf-Investitionen in die Entwicklung von Technologie höher als in Deutschland oder Österreich. Die sind verdammt gut, was Digitalisierung und Umsetzung von Lösungen für Probleme betrifft und sie sind schneller als die Industrienationen. Außerdem wählen Sie den ‚Grünen Wiese‘-Ansatz.

Das heißt, wir geben zu wenig Geld für Technologie aus?

Deutschland und Österreich geben viel Geld dafür aus, Technologien zu erforschen, aber wir müssten mindestens genau so viel für Aus- und Weiterbildung ausgeben, denn Modernisierung findet nur zu 50 Prozent durch neue Technologien statt – 50 Prozent machen die Menschen aus.

Was läuft in der Aus- und Weiterbildung bei uns schief?

Es werden zum Teil Inhalte vermittelt, die keiner mehr braucht, während andere fehlen. Es gibt zwar ein Umdenken, allerdings in Form einer NATO-Politik.

Was heißt das?

„No Action, Talk Only“. Letztes Jahr wurden in Deutschland 12,4 Milliarden Euro für die Erforschung neuer Technologien ausgegeben, aber nur 1,2 Milliarden Euro in Training und Ausbildung investiert, um die Menschen auf das Digitale vorzubereiten. Das muss sich ändern. Da stimmt man mir oft zu, aber man tut zu wenig um die Situation zu verbessern. Ich weise darauf hin, dass wir hier alle keine besonderen Bodenschätze haben. Wenn wir unseren einzigen „Schatz“ – Lernen und Wissen – nicht fördern, wird dieser Schatz versiegen.

Wo haben die Industrienationen noch die Nase vorne?

Wir profitieren von unseren Erfolgen der Vergangenheit und sind dadurch nahe an Märkten und Applikationen – wir haben die Kundennähe. Das braucht man, um das anschließend zu digitalisieren. Digitalisierung nutzt nichts, wenn man nicht weiß, was der Kunde braucht. Der Maschinenbau ist nach wie vor stark aus Deutschland, beziehungsweise Europa getrieben. Damit haben wir Zugang zu den Kunden und deren Problemen und Anwendungen. Dieses Wissen ist noch ein Riesenvorsprung.

Mehr Info: www.dhk.at/technologieforum


Quelle: Deutsch-Österreichisches Technologieforum | Sissi Eigruber

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