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Erik Johnson von Epicor: Warum wird Blockchain zunehmend für Unternehmen wichtig?

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Eine Blockchain ist ein Hauptbuch mit einer Liste von Transaktionen

Die meisten Menschen assoziieren Blockchain mit Kryptowährungen. Doch Blockchain wird heute auch als eine Technologie betrachtet, die die Sichtbarkeit, Produktivität und Sicherheit für Unternehmen verbessern kann. Antwort auf die Frage, warum Blockchain wichtig für Unternehmen ist, gibt Erik Johnson, Chief Software Architect und Vize Präsident,Technology & Strategy von Epicor.

Der erste Schritt zum Verständnis von Blockchain besteht darin, alle Assoziationen mit Kryptowährungen beiseite zu legen. Zur Unterstützung von Bitcoin entwickelt ist Blockchain eine digitale Version eines „Ledger“, also eines klassischen Hauptbuches der Buchhaltung. Diese neue Art eines digitalen Hauptbuches ist jedoch in der Lage, viele verschiedene Arten von Transaktionen zu erfassen und – ganz wichtig – zu sichern. Blockchains können auch Regeln darüber enthalten, welche Arten von Transaktionen akzeptiert werden, und weitere Regeln ausführen, um mit anderen Blockchains zu interagieren und so smart contracts zu bilden. Das entscheidende Merkmal von Blockchain ist, dass es sich um ein verteiltes Hauptbuch handelt: Unterschiedliche Parteien haben eine Kopie des gesamten Hauptbuches. So können viele Arten von Geschäftsvorgängen dezentralisiert werden, es müssen keine vertrauenswürdigen Vermittler eingebundenwerden, dadurch verursachte Kosten, Komplexität und Verzögerungen entfallen.

Erik Johnson ist Chief Software architect und Vize Präsident, Technology & Strategy beim US-amerikanischen Softwarehersteller Epicor.
Erik Johnson ist Chief Software architect und Vize Präsident, Technology & Strategy beim US-amerikanischen Softwarehersteller Epicor.

Gesicherter Warenweg.

Aus smart contracts ergeben sich neue Möglichkeiten zur Automatisierung vielschichtiger, parteiübergreifender Transaktionen, der Aufwand sinkt, Geschäftsprozesse werden beschleunigt. So eignen sich Blockchains etwa ideal für die Überwachung von Warenketten wie z.B. bei Kunstwerken, um Fälschungen zu verhindern. Gleiches gilt für Waren, um die Nachhaltigkeit von Zuchtprodukten sicherzustellen oder Rohstoffe konfliktfrei zu beschaffen.Global wurde erkannt, dass Blockchain den Handel effizienter macht und die Art und Weise, wie die Welt Geschäfte tätigt und mit Regierungen interagiert, tiefgreifend verändern kann. Große IT-Anbieter wie IBM, Microsoft und Infosys arbeiten mit Banken und anderen Finanzinstituten zusammen, um kommerzielle Blockchain-Plattformen zu entwickeln. Das Aufkommen der Blockchain treibt eine große Anzahl von Startup-Unternehmen an, die sich auf bestimmte Branchen und Verbraucheranwendungen konzentrieren, und Regierungen überlegen, wie Blockchains Steuererklärungen erleichtern und gleichzeitig Betrug verringern können.

Wie arbeiten Blockchains?

Eine Blockchain ist ein Hauptbuch mit einer Liste von Transaktionen oder Ereignissen, die Personen nachverfolgen wollen. Was sie so attraktiv macht, ist, dass sie sehr sicher sind und mehrere Parteien zuverlässig synchronisierte Kopien besitzen können. Blockchains sind reine Append-Only-Datenstrukturen, d.h. Einträge können nur am Ende der Liste hinzugefügt werden. Einmal hinzugefügte Einträge sind unveränderlich, sie können nicht manipuliert oder gelöscht werden, ohne die Kette zu beschädigen. Jeder Eintrag in einer Blockkette wird von demjenigen, der den Eintrag erstellt, digital signiert, ebenfalls erhält die gesamte Blockkette eine digitale Signatur, wodurch Manipulationenleicht erkennbar sind. Blockchains sind daher eine verlässliche und verbindliche Aufzeichnung von Ereignissen, finanzieller oder sonstiger Art. Keine einzelne Person oder Firma kontrolliert den Zugriff auf die Daten. Garantiert können Transaktionen niemals verändert und ihre Herkunft verleugnet werden. Zusammen mit Finanztransaktionen können Blockchains einen Code enthalten, der automatisch ausgelöst wird, wenn neue Blöcke in die Kette eingefügt werden. Diese Praxis wird als smart
contract bezeichnet, da diese Codeblöcke typischerweise zur Durchsetzung von Regeln oder zur Ausführung von Handlungen
zum Einsatz kommen, die von gesetzlichen Verträgen diktiert werden.

Typen von Blockchain.

Die Bestätigung der Richtigkeit einer Blockchain ohne eine zentrale Behörde, die die Verantwortung trägt (und in der Regel auch das einzelne System der Aufzeichnung kontrolliert), erfordert, dass alle Repliken in der Blockchain einen Konsens darüber formulieren, welche Einträge gültig oder ungültig sind. Dies ist bei weit verbreiteten Repliken schwierig zu bewerkstelligen und der Konsensprozess kann lange dauern. Dies ist ein Grund, warum es zwei Arten von Blockchains gibt – „unpermissioned“ und „permissioned“. Unpermissioned Blockchains (auch bekannt als permissionless) haben keinen Eigentümer an sich, und Einträge können von jedermann erstellt werden. Bitcoin verwendete eine Unpermissioned Blockchain, da alle Teilnehmer identische Kopien haben und jeder Benutzer auf die gesamte Transaktionshistorie zugreifen kann. Alle Repliken in einer Unpermissioned Blockchain nehmen am Konsensprozess teil. Unpermissioned Blockchains vermeiden Zensur, wo jemand (als Autorität) entscheidet, welche Transaktionen akzeptiert werden. Permissioned Blockchains haben typischerweise einen oder mehrere Eigentümer und der Konsensprozess kann (optional) von einer kleineren Gruppe vertrauenswürdiger Agenten wie Regierungen oder Banken durchgeführt werden. Außerdem können nur autorisierte
Parteien Transaktionen validieren und der Zugang zu Transaktionen
kann auf bestimmte Teilnehmer beschränkt werden.

Wie bereit sind Unternehmen?

Unternehmen sind heutzutage zunehmend voneinander abhängig, nicht nur für geschäftskritische Aufgaben, sondern auch im Hinblick auf Dienstleistungen oder Produkte, die mit gesetzlicher Haftung verbunden sind. Ein Beispiel sind Lebensmittelhersteller, die den Nachweis benötigen, dass ihre Lieferanten Zutaten korrekt verarbeiten. Oder wenn es um die Wartung und Reparatur von kritischen Maschinen wie Flugzeugen und chirurgischen Geräten geht, das zertifiziertes Personal erfordert. Ein anderer Anwendungsfall sind Immobilienhypotheken, in die viele juristische Personen involviert sind, die noch heute einen Großteil der Vorgänge auf Papierformularen dokumentieren. Treten Probleme auf, wie ein Ausbruch von E. coli oder die Fehlfunktion eines Düsentriebwerks, kann es Wochen dauern, bis alle Beteiligten ihre Aufzeichnungen sortiert haben, um die Ursache zu ermitteln. Mit Blockchain Ledgers gibt es einen einzigen gemeinsamen Ort, an dem alle Parteien einer Geschäftskette ihre Aktionen aufzeichnen. Dieser Datensatz kann kontinuierlich von Computern überprüft werden, die auf der Suche nach Problemen sind. Blockchain ist ein großer Fortschritt für eine
Branche wie die globale Schifffahrt, bei der ein zuverlässiges, gemeinsames Hauptbuch die Buchführung vereinfacht. Eine Blockchain zur Überwachung von Versandabläufen verbessert die Effizienz für alle Beteiligten und die Sicherheit einer ordnungsgemäß
verwalteten Blockchain verhindert Einträge durch nicht autorisierte Benutzer oder sogar durch autorisierte Benutzer, die heimlich Daten verändern oder eine Transaktion ablehnen.

Ist Ihr Unternehmen bereit für Blockchain?

Obwohl über Blockchain seit einigen Jahren als Technologie berichtet wird, die Bitcoin antreibt, ist das Thema für den kommerziellen Einsatz noch sehr neu. Vier Schlüsselbereiche sind bei der Entscheidung zu berücksichtigen, ob ein Unternehmen für Blockchain schon in diesem Jahr bereit ist.

1. Sind die Standards gut genug für Ihre Branche? Blockchain
arbeitet als Application Programming Interface (API). Dies bedeutet,
dass Standards entwickelt werden müssen, bevor eine breite Akzeptanz erreicht wird. Es gibt mehrere Gruppen, die an Standards arbeiten, darunter Hyperledger und das Etherium Alliance Framework. Gartner geht jedoch davon aus, dass sich die Branche 2018 mit 75 kommerziellen Blockchain-Plattformen stabilisieren wird, bevor 2019 eine Konsolidierung auf etwa fünf Plattformen erfolgt (Quelle: „The Evolving Landscape of Blockchain Technology Platforms“).

2. Ist die Technologie bereits robust genug? Während Blockchain konzeptionell einfach ist, umfasst die zugrundeliegende
Technologie einige schwierige technologische Herausforderungen. Dies gilt insbesondere für die verteilten Fähigkeiten der Blockchain, die es jeder Partei ermöglichen, ihre eigene beschreibbare Kopie des gleichen historischen Datensatzeszu haben. Ein Eintrag, der zu einer Replik geschrieben wurde, wird schließlich zu den anderen Repliken hinzugefügt, die dann zusammenarbeiten und entscheiden müssen, ob der neue Eintrag gültig ist.

3. Ist die Blockchain sicher genug? Während Blockchain im
Allgemeinen als ein Schritt nach vorn für die Sicherung von Transaktionen angesehen wird, ist Sicherheit nicht inhärent. Blockchain verwendet Public-Key-Verschlüsselung, Hashing, digitale Signaturen und andere Mechanismen, die zwar bekannt sind, aber nicht immer korrekt verwaltet werden. Fehlschritte bei der Sicherung einer Blockchain oder einfache Fehler in den Plattformen können zu ernsthaften Störungen führen.

4. Ist Compliance gewährleistet? Wie es bei neuen Technologien häufig der Fall ist, müssen auch hier Richtlinien geklärt werden. Wenn zum Beispiel eine Blockchain unveränderlich ist, wie kann dann das Recht auf Vergessen als zwingende Anforderung der Allgemeinen Datenschutzverordnung (GDPR) der EU angewendet werden?

Bahnbrechende Technologie ist mit dem Potenzial

Es gibt auch Bedenken, dass Einzelpersonen, die Eigentumsübertragungen vornehmen oder Testamente auf einer Unpermissioned Blockchain erklären, Konflikte verursachen mit der Art und Weise, wie bestehende Institutionen öffentliche Aufzeichnungen verwalten. Diese Anomalien müssen noch bereinigt werden. Für viele wird daher die Antwort „noch nicht“ lauten. Letztendlich besteht kein Zweifel daran, dass Blockchain eine bahnbrechende Technologie ist mit dem Potenzial, die Industrie zu transformieren. Doch trotz der jüngsten Dynamik ist es eine Technologie, die für viele Unternehmen (noch) nicht besonders einfach zu bedienen ist. Die Plattformen befinden sich noch im Reifeprozess und unterliegen, wie viele andere Softwareplattformen, Programmier- und Bedienungsfehlern. Die potenziellen Risiken, ein Blockchain-Pionier zu sein, sind höher als bei anderen Technologien,
da Blockchains typischerweise sowohl für Geldgeschäfte als auch
für Transaktionen mit treuhänderischer Verantwortung gelten. Allerdings wird die Blockchain-Technologie in den nächsten Jahren
wahrscheinlich fest in Geschäftsprozesse eingebettet sein.

Über den Autor:

Erik Johnson ist Chief Software Architect und Vize Präsident,
Technology & Strategy beim US-amerikanischen Softwarehersteller Epicor. Der Fachmann ist seit mehr als 25 Jahren in seinem
Fachgebiet unterwegs und hält unter anderem auch Vorträge zu unterschiedlichenThemen, wie Blockchain. Auf Twitter
folgen Sie Erik unter @ejtweet.


Quelle: Epicor

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